Der Wind lässt am Sonntag in Yanqing kein Abfahrtsrennen zu. Was macht das mit den Fahrern? blue News hat bei Bruno Kernen, dem Abfahrts-Weltmeister von 1997, nachgefragt.
Manch einer stellt sich die Frage, hat man sich beim Austragungsort verpokert? Darauf angesprochen hält sich Kernen mit lauter Kritik zurück: «Man hatte in der Vergangenheit an Olympischen Spielen immer wieder Orte, wo es schwierig war. Sei es, weil das Gelände komplett anders war als im Weltcup oder weil es vom Wetter her schwierig war.» 1998 in Nagano etwa habe es geheissen, dass es ein Zeitfenster von einer Stunde gebe und genau dort hätten sie dann bereit sein müssen.
Der Ex-Profi, der sich wie unsereins mitten in der Nacht den Wecker gestellt hat, versprüht aber nicht nur Zuversicht: «Ich denke, das wird nicht die letzte Verschiebung sein.» Denn er glaube nicht, dass der Wind einfach von einem auf den anderen Tag verschwinden werde. Besser wäre es, denn die Abfahrt ist neu für Montag angesetzt.
Ist das Mentale wichtiger denn je?
Das für 11 Uhr Ortszeit angesetzte Rennen am Sonntag wurde erst um eine Stunde, dann nochmal eine und nochmal eine nach hinten geschoben. Erst dann folgte die definitive Absage. Wie hält man in einer solchen Situation als Fahrer die Spannung hoch? «Ja, man steht am Morgen auf und denkt: Wow, heute ist Olympia-Abfahrt, darauf hat man vier Jahre hintrainiert. Und dann war eigentlich schon relativ früh klar, dass das Rennen um eine Stunde verschoben wird. Aber das sind Profis, die kennen das Szenario und wissen, wie sie damit umgehen müssen. Man muss aber auch sagen, dass es Fahrer gibt, die mit Verschiebungen besser umgehen können als andere.»
Neben dem Wind sollen auch die Schneeverhältnisse anders sein als gewohnt. Zudem haben die Spiele eine politische Dimension und auch Corona ist noch nicht Schnee von gestern. Wird in diesem Jahr mehr denn je der Fahrer zum Favorit, der mit all dem mental am besten zurecht kommt?
Was die Schneeverhältnisse angeht, da beschwichtigt Kernen. Aber: «Die mentale Herausforderung ist definitiv da. Aber man lernt eigentlich relativ rasch, dass man Sportler und nicht Politiker ist, also sollte man sich gar nicht zu viel mit solchen Sachen auseinandersetzen. Ich glaube, es wird derjenige Olympiasieger, der all die Sachen ausblenden kann und sich aufs Wesentliche konzentriert. Und das ist ganz klar das Skifahren.»