Nati-Direktor Tami: «Shaqiri hat sich schon verbessert – auch sein physisches Niveau»
14.11.2024
Vor dem Showdown in der Nations League spricht Nati-Direktor Pierluigi Tami im Interview mit blue Sport über den drohenden Abstieg und die zurückgetretenen Leistungsträger Xherdan Shaqiri und Yann Sommer.
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- Vor den abschliessenden beiden Gruppenspielen in der Nations League gegen Serbien und Spanien spricht Nati-Direktor Pierluigi Tami über die bisherigen Leistungen, den drohenden Abstieg und das Schlüsselspiel gegen die Serben.
- Für den aus der Nati zurückgetretenen Xherdan Shaqiri hat Tami nur lobende Worte. «Er hat immer alles gegeben, aber er hatte in der Vorbereitung der EM nicht sein bestes Niveau», so der 63-Jährige.
- Zudem spricht der Nati-Direktor über die Rochade im Tor von Yann Sommer zu Gregor Kobel und glaubt, dass das Team von Murat Yakin nach der Umstellung noch Zeit braucht: «Kobel hat seine Stärken und Yann hat andere. Du musst deine Mitspieler kennenlernen.»
Pierluigi Tami, warum ist die Nati so schlecht in die Nations League gestartet?
Pierluigi Tami: Die Resultate sind schlecht, ja, aber die Leistungen waren es nicht. Ich möchte nicht über Pech mit den Schiedsrichtern reden, aber verschiedene Entscheidungen fielen schon gegen uns. Klar ist aber auch: Wir haben das Niveau der EM noch nicht bestätigt. Nun wollen wir uns als erstes Ziel in der Liga A halten. Das zweite Ziel ist dann das Erreichen der WM 2026. Für Murat Yakin hat erste Priorität, eine Mannschaft für die WM-Qualifikation im neuen Jahr zusammenzustellen.
Hat sich die Mannschaft nach der EM überschätzt? Oder anders gefragt: Hat sie das Gefühl gehabt, sie sei besser als sie ist?
Nein, überhaupt nicht. An der EM sah ich ein sehr starkes Team auf und neben dem Platz. Wir waren wirklich gut und ich hatte Spass zu sehen, mit welcher Leidenschaft und mit welcher Qualität wir gespielt haben. Die Nations League im September und Oktober war dann etwas anderes. Wir waren auch in einer schwierigen Situation. Viele der Nominierten waren körperlich nicht auf dem besten Niveau oder länger verletzt nach der EM. Wir müssen sicherlich unser Niveau steigern. Jetzt kommt Serbien, dann Spanien – sicher schwierig, aber wir wollen Fortschritte sehen und bessere Resultate präsentieren.
Tami: «Die Resultate sind schlecht – nicht die Leistungen»
14.11.2024
Was erwarten Sie für ein Spiel gegen Serbien?
Wenn wir gewinnen, können wir Serbien überholen. Das ist sicher das Ziel. Wir brauchen mindestens ein 2:0 und dann spielen wir einen Final in Spanien. Und dort haben wir schon mal gewonnen, auch unter Murat, damals 2:1 in Saragossa. Warum also nicht ein zweites Mal? Aber sicher ist jetzt der Fokus auf das erste Spiel gegen Serbien.
Was hätte ein Abstieg für Konsequenzen für den Verband finanziell?
Es gibt keine grossen Konsequenzen. Klar, es ist immer besser, wenn wir uns mit den besten Mannschaften in Europa messen können, wie es in den letzten sechs Jahren der Fall war. Aber ich möchte nicht über etwas reden, was noch nicht passiert ist. Ich bin überzeugt, dass wir noch unsere Karten spielen können.
Xherdan Shaqiri ist aus der Nati zurückgetreten. Vermissen Sie ihn, wenn Sie ihn jetzt bei Basel spielen sehen, wo er langsam wieder körperlich in Form kommt?
Das war eine Entscheidung von ihm. Wir respektieren dies, wie auch von Yann Sommer und Fabian Schär. Klar, du kannst nicht eins-eins einen neuen Shaqiri finden. Aber das ist der Job von Murat und vom ganzen Staff, neuen jungen Spielern eine Chance zu geben.
Bei Xherdan Shaqiri sagt man, dass er auch neben dem Platz sehr wichtig für die Gruppe war. Weil er oft gute Laune hatte und nach Niederlagen Mitspieler wieder aufrichtete.
Bei der EM, wo Xherdan nicht immer gespielt hat, haben wir gesehen, wie wichtig er war. Er hat die Entscheidung von Murat akzeptiert und war ein Vorbild für alle anderen. Er konnte ja nicht zufrieden sein mit seiner Situation auf der Bank und war trotzdem immer bereit, wenn Murat ihm Vertrauen schenkte. Er gab immer starke Antworten auf dem Feld. Und diese positiven Antworten waren möglich, weil sein Verhalten sehr gut war.
Wie sehen Sie ihn jetzt beim FC Basel?
Ich bin froh für ihn, dass er wieder in der Schweiz ist und es wird ein Vorteil für die jungen Spieler sein bei Basel. Die gute Leistung kommt auch, wenn du positiv im Training bist, wenn du alles ins Training investierst. Und was ich gesehen habe, hat er sich schon verbessert, auch sein physisches Niveau.
Er scheint fitter als bei der EM.
Er hat immer alles gegeben, aber ein Spieler hat nicht immer sein bestes Niveau. Er hatte in der Vorbereitung der EM nicht sein bestes Niveau – er hat sich dann aber verbessert und erreicht, was möglich war in dieser Periode. Und ich denke, er hat an der Euro dann immer etwas Positives gezeigt, wenn er spielte.
Zu Yann Sommer: Wann fiel der Entscheid, dass man auf Gregor Kobel setzt?
Für Yann Sommer war klar, dass er nach der EM eine Analyse über seine Zukunft macht. Er hat einen Job bei Mailand, er ist Stammspieler in der Serie A, spielt Champions League. Wir haben Verständnis für seine Entscheidung.
Gut, ihr habt ihm aber auch mitgeteilt, dass Kobel die Nummer 1 sein wird.
Das entscheidet der Trainer. Klar, die Konkurrenz für Yann ist mit Greg immer grösser geworden. Greg machte auch grosse Fortschritte und brachte grosse Leistungen bei Dortmund. Ich weiss nicht, welche Rolle das für Yanns Entscheidung spielte.
Tami: «Ich weiss nicht, welche Rolle Kobels Entwicklung für Sommer gespielt hat»
14.11.2024
Kobel konnte bisher noch nie zu Null spielen. Es wäre gut für ihn, würde es mal gelingen.
Es wäre gut für die Schweiz, nicht nur für Greg Kobel. Wenn du willst, dass du gute Resultate lieferst, musst du zuerst hinten beginnen. Du musst solide sein. Es ist kein Problem von Gregor Kobel. In der Entwicklung der neuen Mannschaft haben wir gesehen, dass wir defensiv die Kompaktheit verloren haben und zu viele Chancen zuliessen. Wir müssen die Automatismen finden. Murat hat neue Spieler gebracht, wie Wüthrich, Fernandes oder Garcia. Oder Elvedi, der an der EM nicht spielte und nun wieder eine wichtige Rolle hat, nach dem Rücktritt von Fabian Schär.
Aber wie hat sich das Spiel verändert mit Kobel im Vergleich zum Sommer?
Es ist anders. Kobel hat seine Stärken und Yann hat andere. Du musst deine Mitspieler kennenlernen. Yann Sommer war zehn Jahre oder mehr Stammspieler im Tor. Greg hat ein anderes Verhalten im Strafraum. Es ist in der Nati nicht wie im Klub, wo Du eine Vorbereitung von eineinhalb Monaten mit Testspielen hast. Die Nations League ist unsere Vorbereitung für die WM-Qualifikation. Und für Murat ist es wichtig, neue Lösungen zu finden.
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