Die Fussball-Ikone Diego Armando Maradona feiert am Freitag seinen 60. Geburtstag. Aus diesem Anlass schrieb er einen offenen Brief an seine Anhänger.
Eine Woche nach Pelés 80. Geburtstag – mit dem Brasilianer lieferte Maradona sich eine Dauerfehde darüber, wer der bessere Fussballer war – feiert auch der zweite Weltfussballer des 20. Jahrhunderts ein rundes Jubiläum.
Eine grosse Party gibt es für Maradona leider nicht – wegen eines Covid-19-Falls in seinem Umfeld befindet sich der gesundheitlich angeschlagene Nationalheilige in seiner Heimat in Selbstisolation. So hatte «El Pibe de Oro (dt: Goldjunge) einerseits Zeit, mit «France Football» über seine Träume zu scherzen («Ich träume davon, nochmals gegen England zu treffen – dieses Mal mit der rechten Hand»), andererseits auch ernsthaft über sein bisheriges Leben nachzudenken. In der italienischen Zeitung «Corriere dello Sport» veröffentlichte das Geburtstagskind einen offenen Brief.
«Gracias, amigos. Ich danke allen. Danke für die Glückwünsche und die Zuneigung, die ihr mir immer wieder entgegenbringt. Sie geben mir Kraft und positive Gefühle – Dinge, die in Zeiten grosser Angst um die Gesundheit aller und grossen wirtschaftlichen Leids für viele sehr kostbar sind.»
«Sechzig Jahre: Sind es wenige oder sind es viele? Muss ich anfangen, mich selbst ein wenig alt zu fühlen oder nicht? Nun ich gebe zu, ich habe mich das selbst gefragt. Aber ich kenne die Antwort nicht. Wenn ich denke, was meine Wünsche für die Zukunft sind, dann sind es nur wenige, weil ich schon so gedacht habe, als ich halb so alt war. Wenn ich hingegen denke, dass ich einen Lauf oder einen Sprint mache, dann sind es viele.»
«Aber ich weiss, wessen Schuld es ist: Das viele Kortison, das mir jahrelang in den Rücken, in die Knie und in die Knöchel geflossen ist, um immer und überall auf dem Spielfeld zu sein. Weil die Menschen es so wollten –warum? Sie forderten es: Ein Spiel um jeden Preis zu gewinnen, war halt das Einzige, was zählte. Aber um es klar festzuhalten: Ich verfluche diese Zeiten nicht.»
«Ich glaube nicht, dass mit sechzig Jahren schon Zeit für Bilanzen ist, aber ich leugne nichts von dem, was war und was ich getan habe. Ich bereue nichts. Natürlich weiss ich, dass ich nicht immer das Richtige getan habe, aber wenn ich etwas Falsches getan habe, habe ich es bereits gesagt. Ich habe es nur mir selbst angetan, nicht anderen. Aber seit fünfzehn Jahren habe ich gelernt, mich selbst mehr zu lieben, und jetzt bin ich glücklich.»
«Welches Geschenk wünsche ich mir? Für mich nichts. Ich möchte, dass diese tödliche Pandemie verschwindet – das ist es, was ich mir wünsche. Vor allem dort, wo die Länder, die Völker und die armen Kinder sich nicht einmal selbst verteidigen können. Ich wünsche mir, dass auch hier in Argentinien wie in anderen – zu vielen – Teilen der Welt das Virus besiegt wird. Der Hunger und die fehlende Arbeit verschlingen die Würde der Menschen.»
«Und da ich nicht wirklich schaffe, nicht über den Fussball zu sprechen, möchte ich, dass meine Gimnasia (Anm. d. Red.: beim argentinischen Klub ist Maradona aktuell Trainer), welche bald wieder auf das Spielfeld zurückkehren wird, nach über neunzig Jahren die Meisterschaft gewinnt.»
«Und wenn es stimmt, dass es nicht zwei ohne drei gibt, dann möchte ich, dass Napoli bald einen weiteren Scudetto gewinnt. Ich werde es gerne mitverfolgen. Lieber Gattuso (Anm. d. Red.: Coach von Napoli), mach so weiter: mit deiner Entschlossenheit und deinem Wissen über Fussball. Ich drücke dir die Daumen und möchte dir etwas sagen: Es gibt Leute, die sich damit brüsten, bei Barcelona, Real Madrid oder Juventus gespielt zu haben. Ich bin stolz darauf, Teil von Napoli gewesen zu sein. Ich hoffe, dass du das eines Tages auch sagen kannst.»
«Nochmals vielen Dank, meine Freunde. Ich umarme alle – vielleicht bin ich sogar ein wenig gerührt. Das wird das Alter sein.»