Am 17. März 1991 begann mit einer positiven Dopingprobe der rasante Abstieg von Diego Armando Maradona. Der Kampf gegen die Drogen ging für den genialen Argentinier aber bereits früher los.
Mit der Nationalmannschaft scheitert Maradona als Titelverteidiger an der WM 1982 bereits in der Zwischenrunde. Ein herber Schlag für die Fussballhoffnung Argentiniens, der beim grossen Triumph 1978 in der Heimat nicht nominiert wurde.
Nach der WM 1982 will der «Goldjunge» aber beim FC Barcelona beweisen, dass er jeden Cent der damaligen Rekordablösesumme von umgerechnet rund acht Millionen Euro wert ist. Doch in Katalonien durchlebt der bei seiner Ankunft 21-Jährige schwierige Zeiten. Einmal stoppt ihn eine Hepatitis-Erkrankung für drei Monate und gar dreieinhalb Monate verpasst die Nummer 10 wegen eines groben Fouls in einem Spiel gegen Athletic Bilbao. Auch wenn er auf dem Feld jeweils seine Klasse zeigte – die vielen Nackenschläge und grossen Erwartungen zehrten an den Nerven.
In Barcelonas Nachtleben fand Maradona die vermeintliche Lösung und konsumierte erstmals Kokain. «Eine Dosis», erinnert er sich in Asif Kapadias spannenden Dokumentarfilm «Diego Maradona», «und ich fühlte mich wie Superman».
Nicht ganz so super fand es wohl der spanische König Juan Carlos, als Maradona im Pokalfinal 1984 gegen seine Erzfeinde von Athletic Bilbao eine Massenschlägerei anzettelte. Der spanische Verband sperrte ihn für drei Monate, der Klub verlor die Geduld mit seinem rebellischen Genie und setzte ihn auf die Transferliste.
Der Aufstieg zum Heilsbringer – und der jähe Absturz
Ausgerechnet der notorische Verliererklub SSC Napoli aus der Armenecke Italiens greift zu: «Ich kannte Napoli und Italien nicht. Aber sie waren die Einzigen, die mich wollten», meint Maradona zum Transfer. Und ergänzt, was er sich im Süden Italiens erhofft: «Ich erwarte Ruhe und Respekt.»
Am Fusse des Vesuvs gerät der gutgläubige Ausnahmekönner bald in den Dunstkreis der Mafia, die ihn auch regelmässig mit Drogen versorgt. In der krisengeschüttelten Stadt wartete man lange auf den Erlöser, in der Person von Diego Maradona ist er gekommen. Unter der Woche macht er Party – am Wochenende zaubert der Spielmacher in den italienischen Fussball-Stadien und führt sein Team zu unerwarteten Höhenflügen. Maradonas Kokainkonsum ist in der wilden Hafenstadt ein offenes Geheimnis, doch Napoli hält dicht. Auf mysteriöse Art und Weise fällt er nie durch eine Dopingkontrolle.
An der WM 1986 sorgt er praktisch im Alleingang für den WM-Triumph und macht sich auch in Argentinien unsterblich. «Ich war ganz oben. Ich allein war der Beste.» Doch die Euphorie wird selbst dem Grössten zu viel. Ein Krankenpfleger lässt sogar abgezapftes Blut mitgehen, welches er als Relikt in die Kirche bringt. Das Umfeld erdrückt ihn zusehends, doch es gibt kein Entrinnen.
An der Heim-WM 1990 kippt die Stimmung – Maradona besiegt mit den Argentiniern in Neapel das favorisierte Italien und wird zum meistgehassten Mann im Land. Nach der Rückkehr zu Napoli findet Maradona – mit einigen Kilos zu viel auf den Rippen – mit seinem Team den Tritt nicht (mehr). Die Mafia und viele seiner einstigen Freunde und Beschützer lassen ihn gnadenlos fallen.
Am 17. März 1991 gibt er eine positive Dopingprobe ab. Während Maradona von einem Komplott redet, spricht der italienische Verband eine 15-monatige Sperre aus, welche die FIFA später weltweit ausdehnt. Der gefallene Fussballheld reist aus Angst vor Strafverfolgung überstürzt in seine Heimat ab, doch wenige Tage nach seiner Ankunft wird er in Buenos Aires verhaftet und wegen Besitz eines halben Kilogramms Kokain zu einer 14-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt.
Seine sportliche Karriere ist zwar damit nicht zu Ende, aber der Glanz seiner alten Tage ist endgültig verblasst. So meinte der für viele Fussballfans beste Fussballer aller Zeiten einst wehmütig: «Ich habe meinen Gegnern aufgrund meiner Drogenprobleme einen grossen Vorteil verschafft. Was für ein Spieler hätte ich sein können, wenn ich keine Drogen genommen hätte?»
Dass die Trainerkarriere des heute 59-Jährigen ihn 2018 zum mexikanischen Zweitligisten Dorados de Sinaloa führte, wo auch das in den Drogenhandel verwickelte Sinaloa-Kartell beheimatet ist, kann man nur als Ironie des Schicksals bezeichnen.