Droht der FIFA nach dem Super-League-Urteil nun die nächste Klatsche vor Gericht? Der Europäische Gerichtshof entscheidet über die Transferregeln im Fussball – und könnte für ein Beben im Weltfussball sorgen.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Der Fall von Lassana Diarra könnte den Weltfussball verändern. Der frühere französische Nationalspieler beklagt bestimmte Transferregeln der FIFA.
- Ist das Transfersystem der FIFA rechtswidrig? Das entscheidet am Freitag der Europäische Gerichtshof (EuGH).
- Sollten die Richter einen Verstoss der FIFA gegen EU-Recht bejahen, könnte damit das Transfersystem im Fussball auf den Kopf gestellt werden. Dann müsste die FIFA möglicherweise ihre Regeln ändern.
Sind die Transferregeln der FIFA rechtswidrig? Über diese Frage entscheidet heute Freitag das höchste europäische Gericht. Je nach Ausgang könnte das Urteil weitreichende Folgen für den internationalen Fussball haben.
Worum es in dem Fall geht
Der frühere französische Fussballprofi Lassana Diarra beklagt bestimmte Transferregeln der FIFA. Er wurde 2013 vom russischen Verein Lokomotive Moskau verpflichtet. Nach nur einem Jahr kam es zum Bruch. Der Klub löste den Vertrag auf und verlangte eine Entschädigung. Der ehemalige Real-Madrid-Profi wiederum verklagte den Verein auf ausstehende Gehälter.
Diarra machte geltend, dass sich die Suche nach einem neuen Verein schwierig gestalte. Ein Vertrag mit dem belgischen Club Sporting du Pays de Charleroi sei nicht zustande gekommen. Diarra verklagte daraufhin die FIFA und den belgischen Fussballverband auf Schadenersatz und Verdienstausfall in Höhe von sechs Millionen Euro. Das belgische Gericht legte den Fall dem EuGH vor.
Wie eine Entscheidung ausfallen könnte
Ein Indiz dazu, wie die Richter entscheiden könnten, sind die Schlussanträge des Generalanwalts Maciej Szpunar. Dieser stärkte in seinem Gutachten Diarra den Rücken. Er kam zu dem Schluss, dass das Transfersystem rechtswidrig sein könnte. Die FIFA-Regeln seien so gestaltet, dass Vereine aus Furcht vor einem finanziellen Risiko davor zurückschreckten, Spieler zu verpflichten.
Potenzielle Sanktionen gegen Vereine könnten Spielerinnen und Spieler tatsächlich daran hindern, ihren Beruf bei einem Verein in einem anderen Mitgliedstaat auszuüben. Dadurch werde unter Umständen das EU-Recht auf Freizügigkeit eingeschränkt.
Ausserdem beeinträchtigten die FIFA-Regeln den Wettbewerb zwischen den Vereinen, weil dadurch die Möglichkeiten zur Verpflichtung von Spielern geschrumpft würden, hiess es in den Schlussanträgen. Die Verstösse gegen die EU-Vorschriften zu Freizügigkeit und Wettbewerb könnten allerdings gerechtfertigt sein, wenn damit ein legitimes Ziel verfolgt werde. Die Richter folgen der Meinung des Generalanwalts oft, aber nicht immer. Beim Urteil zur Super League im vergangenen Jahr etwa entschieden die Richter komplett gegenteilig zu den Anträgen des Generalanwalts.
Welche Auswirkungen das Urteil haben könnte
Der EuGH urteilt grundsätzlich nur über die ihm vorgelegten Fragen. Den konkreten Fall muss dann das nationale Gericht – in diesem Fall das belgische – entscheiden und dabei die Rechtsauffassung des EuGH beachten. Sollten die Richter ähnlich deutlich werden wie der Generalanwalt und einen Verstoss der FIFA gegen EU-Recht bejahen, könnte damit das Transfersystem im Fussball auf den Kopf gestellt werden. Denn dann müsste die FIFA möglicherweise ihre Regeln ändern.
Schon einmal veränderte ein EuGH-Richterspruch den Weltfussball nachhaltig: Mit dem sogenannten Bosman-Urteil durfte nach Vertragsende von den Profis keine Ablösesummen mehr verlangt werden.
Denkbar wäre aber auch, dass der EuGH das Transfersystem im Grossen und Ganzen unangetastet lässt und die FIFA nur ein wenig nachbessern muss – zum Beispiel die Regeln derart gestalten, dass der neue Verein nicht gemeinsam mit dem Spieler haften muss, wenn der Klub gar nicht an der Vertragsauflösung beteiligt war.
UPDATE: Mittlerweile ist klar, dass der Europäische Gerichtshof der FIFA eine Niederlage zugefügt hat. Der Weltfussballverband verstösst mit einigen Transfervorschriften gegen EU-Recht, heisst es. Über den Fall Diarra muss nun das belgische Gericht Fall entscheiden und dabei die Vorgaben des EuGH umsetzen. Wie es dann weitergeht, hängt davon ab, wie die Verbände das Urteil umsetzen.