Nach Seferovic-Blitztor Es geht schneller, schöner und wichtiger – fünf Nati-Tore für die Ewigkeit

Von Patrick Lämmle

13.6.2022

Umgeben von Portugiesen erzielt Haris Seferovic bereits in der 1. Minute das einzige Tor der Partie. 
Umgeben von Portugiesen erzielt Haris Seferovic bereits in der 1. Minute das einzige Tor der Partie. 
Bild: Keystone

Sackstark. Es dauert keine Minute, da nickt Haris Seferovic gegen Portugal zum 1:0 ein. Erstmals seit 1988 bejubelt die Schweiz einen Treffer in der Startminute. Wir nehmen das zum Anlass, in Erinnerungen zu schwelgen.

Von Patrick Lämmle

Seferovic mit Blitztor

56 Sekunden braucht Seferovic, um das Skore gegen Portugal auf 1:0 zu stellen. Ein wunderbarer Treffer, der der Schweiz nach drei Pleiten in Folge die ersten drei Punkte in der laufenden Nations-League-Kampagne beschert. Und doch ist es letztlich kein Tor für die Geschichtsbücher, an das man sich bis in alle Ewigkeit erinnern wird. Ganz im Gegensatz zu den folgenden Toren aus vergangenen Jahren.

Der schnellste war Haris aber nicht

Vor Seferovic haben schon sechs Schweizer in der Startminute getroffen, zuletzt gelang das Kunststück Alain Sutter vor 34 Jahren. Der Blondschopf benötigte am 21. September 1988 gegen Luxemburg lediglich 22 Sekunden für seinen Treffer. Dies einfach der Vollständigkeit halber. Und jetzt geht es weiter mit fünf Nati-Toren, die wir nie vergessen werden.

Alain Sutter (hier an der WM 1994) traf 1988 in der WM-Quali gegen Luxemburg 34 Sekunden schneller als Haris Seferovic 34 Jahre später in der Nations League gegen Porutgal.
Alain Sutter (hier an der WM 1994) traf 1988 in der WM-Quali gegen Luxemburg 34 Sekunden schneller als Haris Seferovic 34 Jahre später in der Nations League gegen Porutgal.
Bild: KEystone

Das wichtigste Tor

Natürlich ist es albern, das wichtigste Tor zu küren. Denn letztlich hat jedes Pflichtspieltor seinen Wert. Aber wir nehmen die Sache nicht zu ernst und lassen uns von den Emotionen leiten. Und aus diesem Blickwinkel betrachtet ist das Tor von Mario Gavranovic in der Rubrik «wichtigstes Tor» die Nummer 1. An der Euro 2020, effektiv gespielt wurde im Jahr 2021, schiesst Edeljoker Mario Gavranovic im Achtelfinal gegen den amtierenden Weltmeister in der 90. Minute das 3:3. Verlängerung statt Koffer packen. Und keine Stunde später feiert die Schweiz nach dem Sieg im Elfmeterschiessen den Einzug in den langersehnten Viertelfinal bei einem Grossanlass.

Edeljoker Mario Gavranovic lässt die Schweiz jubeln.
Edeljoker Mario Gavranovic lässt die Schweiz jubeln.
Bild: Getty

Das schönste Tor

An der EM 2016 läuft die Schweiz im Achtelfinal gegen Polen ab der 39. Minute einem 0:1-Rückstand hinterher. Doch dann fliegt der Ball in der 82. Minute eher zufällig ins Sichtfeld von Xherdan Shaqiri. Der Zauberwürfel hebt ab und zimmert das Leder per Seitfallzieher in die Maschen. Ein Traum von einem Tor.

Xherdan Shaqiri hebt ab und verwandelt eiskalt.
Xherdan Shaqiri hebt ab und verwandelt eiskalt.
Bild: Getty

Das glücklichste Tor

Am 16. Juni 2010 duscht die Schweizer Nati den späteren Weltmeister Spanien an der WM in Südafrika eiskalt. In der 52. Minute stochert Gelson Fernandes den Ball über die Linie und weil die hochüberlegenen Spanier mit ihren Versuchen bis zum Schluss an Diego Benaglio hängen bleiben, resultiert ein Sieg. Trotz allem scheitert die Schweiz in der Gruppenphase, weil das glückliche Tor von Fernandes das einzige an diesem Turnier bleiben sollte. 0:1 gegen Chile, 0:0 gegen Honduras und dann ab nach Hause.

Riesen Chaos, Freund und Feind liegen am Boden, aber Gelson Fernandes behält die Übersicht und drückt das Leder über die Linie.
Riesen Chaos, Freund und Feind liegen am Boden, aber Gelson Fernandes behält die Übersicht und drückt das Leder über die Linie.
Bild: Keystone

Das kaltblütigste Tor

An der WM 2006 in Deutschland braucht die Schweiz im letzten Gruppenspiel einen Sieg gegen Südkorea, um ins Achtelfinale einzuziehen. In der 23. Minute erzielt der damals 21-jährige Philippe Senderos das wichtige 1:0. Bei seinem Kopfball prallt der Abwehrhüne mit der Nase gegen den Kopf des Koreaners und so tropft beim Schweizer das Blut nur so herunter. Ein Bild für die Ewigkeit, zumindest für uns Schweizer. Eine Viertelstunde vor Schluss sichert Alex Frei der Nati mit dem Tor zum 2:0 definitiv den Einzug ins Achtelfinale. Dort verliert die Schweiz nach 120 torlosen Minuten im Elfmeterschiessen gegen die Ukraine.

Der blutende Torschütze Philippe Senderos wird von Ricardo Cabanas beglückwünscht.
Der blutende Torschütze Philippe Senderos wird von Ricardo Cabanas beglückwünscht.
Bild: Keystone

Das Tor aller Tore

Na, was denkst du, was jetzt kommt? Na klar doch, wir spulen zurück ins Jahr 1994. Die Schweiz steht erstmals seit 28 Jahren wieder einmal an einer WM und trifft zum Auftakt auf Gastgeber USA. In der 40. Minute ist es dann soweit, Georges Bregy krallt sich die Kugel und verwandelt einen Freistoss aus rund 17 Metern direkt – und verzückt damit eine ganze Nation.

Die US-Ersatzspieler sehen Georges Bregy mit verbitterter Mine beim Jubeln zu.
Die US-Ersatzspieler sehen Georges Bregy mit verbitterter Mine beim Jubeln zu.
Bild: KEystone

Das Spiel hat aber einen Schönheitsfehler, doch vielleicht ist es genau das, was Bregys Tor noch legendärer macht. Denn kurz vor der Pause gibt es einen Freistoss für die USA, die Distanz zum Tor rund 25 Meter. Co-Kommentator Günter Netzer menetekelt: «Hoffentlich haben sie nicht so einen guten Schützen wie Bregy.» Beni Thurnheer kontert mit Worten, die im kollektiven Gedächtnis aller Schweizer Fussball-Fans hängengeblieben sind: «Es gibt keinen zweiten wie Bregy.» Und es gibt ihn doch. Wynalda verwandelt traumhaft zum 1:1.