Irgendwie neun Bundesliga-Spieltage durchbekommen lautet die Maxime der DFL. Nachdem die Politik den Spielbetrieb grundsätzlich erlaubt hat, treffen die weiteren Entscheide nun die lokalen Behörden.
Die grosse Hoffnung des deutschen Profifussballs auf einen problemlosen Neustart in der Bundesliga hielt gerade einmal drei Tage. Nach zwei positiven Coronavirus-Tests beim Zweitligisten Dynamo Dresden werden die Fortsetzungspläne der Deutschen Fussball Liga (DFL) schnell massiv auf die Probe gestellt. Das komplette Team muss für zwei Wochen in Quarantäne, zwei Zweitliga-Spiele müssen schon vor dem heiss ersehnten Wiederanpfiff abgesetzt werden. Der Blick nach Sachsen zeigt: Der Profifussball muss in den kommenden Wochen eine ganz neue Anpassungsfähigkeit unter Beweis stellen, wenn er die Beendigung der Saison überhaupt durchbekommen will.
«Wenn Dresden jetzt 14 Tage in die Quarantäne geht, dann ist das für den Moment noch kein Grund, die Fortführung der Zweiten Liga komplett in Frage zu stellen», sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert im «Aktuellen Sportstudio» des ZDF. Er kündigte für die kommende Woche Gespräche mit den Zweitligisten an, um die neue Lage zu diskutieren.
Unterschiedliche Klubs, unterschiedliche Massnahmen
Hannovers Mehrheits-Aktionär Martin Kind sieht nun die DFL in der Pflicht. «Die Frage ist, warum das Dresdner Gesundheitsamt bei einem wahrscheinlich vergleichbaren Vorfall eine andere Entscheidung getroffen hat als das Kölner die Tage zuvor», wird der 76-Jährige in einer Stellungnahme seines Klubs zitiert. Er empfehle, dass die DFL die notwendigen Fragen klärt und Entscheidungen trifft mit der Prämisse, die Saison auf jeden Fall zu Ende zu spielen – «notfalls in den Juli hinein.» Hannover 96 sollte am nächsten Sonntag beim Re-Start gegen die Dresdner spielen. Beim Bundesligisten 1. FC Köln mussten nach zwei positiven Fällen nur die beiden betroffenen Profis in Quarantäne.
Wirkte die Erlaubnis beim Polit-Gipfel um Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch noch wie eine kleine Erlösung, wird schon eine Woche vor dem geplanten Start die ganz grosse Schwäche des DFL-Konzepts offengelegt: Reagieren künftig noch mehr lokale Gesundheitsämter auf positive Fälle so wie in Dresden, könnte geregelter Profifussball im Mai oder Juni schnell zur Utopie werden. Denn sobald der Ball wieder rollt, wären dann bei einem positiven Test schnell zwei ganze Mannschaften involviert.
«Von den 81 Spielen sind nur zwei betroffen. Klar ist, es gibt sicherlich eine Grösse, dann ist das irgendwann nicht mehr machbar», mahnte Seifert, dessen Ziel weiter eine Beendigung der Spielzeit bis zum 30. Juni ist. Eine konkrete Zahl nannte er nicht. Was das Motto für die kommenden Wochen sein wird, machte der Liga-Boss unmissverständlich klar: So viele Spiele wie möglich irgendwie durchzubekommen.
Hilfloser Fussball
Mit Blick auf das Hygienekonzept der DFL, das nur eine Quarantäne für infizierte Spieler vorsah, sagte Seifert: «Es ist relativ egal, was wir uns mal gedacht haben. Die staatlichen Stellen geben den Takt vor. Momentan hätte ich es mir anders gewünscht.» Man ändere nach dem Fall Dresden dennoch nicht das Ziel, sondern «wenn überhaupt die Pläne». Die neue Quarantäne-Situation ist auch ein erheblicher Dämpfer für die erhoffte Bundesliga-Normalität, die viele Vereine am Donnerstag und Freitag schon wieder suggeriert haben.
Seiferts Auftritt zeigte auch, wie hilflos die DFL der aktuellen Situation nach der Erlaubnis der Politik ausgesetzt ist. «Kann ich nicht sagen», «die Frage kann ich nicht beantworten» oder «das ist hypothetisch» antwortete der geforderte Bundesliga-Krisenmanager zu Szenarien, die nun bei weiteren Positivtests im Spielbetrieb drohen – und die von der DFL trotz des Konzepts offensichtlich nicht vorbereitet werden können. Der Dachverband, der das Milliardenschiff Bundesliga jahrelang von Umsatzrekord zu Umsatzrekord steuerte, muss nun dabei zusehen, wie andere Institutionen wichtige Entscheidungen zur nahen Zukunft des Profifussballs treffen.
SDA