Ein Lokführer erklärt das WinterchaosDarum zwingt der Schnee die SBB regelmässig in die Knie
Andreas Fischer
22.11.2024
Grosser Wintereinbruch in Zürich
Der Wintereinbruch hält die Schweiz fest im Griff. Auch in der Stadt Zürich liegt viel Schnee. Ein Augenschein vor Ort.
22.11.2024
Kaum fallen die ersten Flocken vom Himmel, steht auf der Erde alles still: Ein Lokführer erklärt, warum es bei einem plötzlichen Wintereinbruch wirklich zu Verspätungen und Ausfällen im ÖV kommt.
Andreas Fischer
22.11.2024, 16:23
22.11.2024, 16:28
Andreas Fischer
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Schon der geringste Schnee führt zu Verspätungen bei den SBB: Ein Lokführer erklärt auf einer Onlineplattform, womit das Personal im Winter zu kämpfen hat.
Die Betriebsstörungen hängen von vielen Faktoren ab, auch Passagiere tragen einen Teil zu den Verzögerungen bei.
Schnee auf dem Perron sorgt für längere Einstiegszeiten – und die summieren sich schnell zu ausgewachsenen Verspätungen.
Alle Jahre scheint der Schnee den ÖV zu überraschen. Auch der aktuelle Wintereinbruch führte zu Zugausfällen und Verspätungen. Am Donnerstagabend ging vielerorts fast nichts mehr, auch am Freitag kam es noch zu Störungen.
Der anhaltende Schneefall führt weiterhin zu Einschränkungen im Bahnverkehr. Grund dafür sind unter anderem Fahrleitungsstörungen, Fahrzeugstörungen oder vereiste Weichen. Verspätungen und Zugausfälle bleiben daher weiterhin möglich.
Viele Betroffene haben kein Verständnis dafür, dass Schnee im Winter für den ÖV und insbesondere die SBB immer wieder eine Herausforderung ist. Kaum fallen die ersten Flocken vom Himmel, steht auf der Erde alles still – zumindest in der gefühlten Wahrnehmung in den sozialen Netzwerken.
Während Verkehrsdienste und SBB in kurzen Mitteilungen darauf hinweisen, ihr «Möglichstes zu tun, um kältebedingte Auswirkungen zu verhindern» und Störungen so schnell wie möglich zu beheben, nahm sich ein Lokführer in einem Beitrag auf Reddit Zeit für ausführliche Erklärungen, berichtete zuerst der «Tages-Anzeiger».
Fahrweise wird der Witterung angepasst
Sicherheit geht vor, deswegen fahren Lokführer bei starkem Schneefall defensiver. Weil Schnee die ohnehin geringe Reibung zwischen Stahlrädern und Stahlschienen noch mal verringert, verlängert sich der Bremsweg. Das Fahrgefühl, so der Lokführer, sei ein ganz anderes. Vor allem beim ersten Schnee müssten sich Lokführer erst an die neuen Umstände gewöhnen.
Schnee auf dem Perron führt zu blockierten Türen
Fällt innert kurzer Zeit viel Schnee, können die Perrons nicht immer sofort geräumt werden. Die Folge: Schneebatzen auf dem Trittbrett blockieren die Türen. Der Schnee könne zwar durch mehrmaliges Öffnen und Schliessen der Türen meistens entfernt werden, aber die Abfahrten verzögern sich trotzdem.
Fahrgäste brauchen mehr Zeit beim Ein- und Ausstieg
Eine weitere Folge von Schnee auf dem Perron ist, dass sich viele Fahrgäste die Schuhe vor dem Zustieg abklopfen. «Das ist lieb gemeint», bedankt sich der Lokführer. Es führt aber zu weiteren Verzögerungen beim Fahrgastwechsel, für den teilweise ohnehin nur sehr knappe 20 bis 30 Sekunden eingeplant seien.
Weichen frieren ein
Über das Problem, dass Weichen im Winter einfrieren, regen sich die Leute häufiger auf. Dabei seien die meisten mittlerweile beheizt. Allerdings können sie bei starkem Schneefall nicht umgestellt werden, weil sich zu viel Schnee zwischen Zunge und Backenschiene befindet. Ausserdem können Heizungen auch mal ausfallen, zumal bei extremen Wetterereignissen. In der Folge kommt es zu Störungen, die sich auf das gesamte Schienennetz auswirken.
Folgeverspätungen im engen Takt
All diese kleinen Verzögerungen können sich zu grösseren Folgeverspätungen summieren, weil Anschlüsse an Bahnhöfen abgewartet werden müssen oder es auf der Strecke eingleisige Abschnitte gibt, sodass Züge nicht aneinander vorbeikommen. Hat also ein Zug aus der einen Richtung Verspätung, gibt er sie dem Zug in der Gegenrichtung automatisch mit.
Für seine Erklärungen bekam der Lokführer übrigens viel Zuspruch. Die Menschen sollten sich den Beitrag unbedingt durchlesen, hoffte ein User. «Dann würden sie sehen, dass das Personal sein Bestes gibt und nicht absichtlich für Verspätungen sorgt, wenn der erste Schnee fällt.»
Dass früher alles besser gewesen sei, zweifelt der Nutzer an: Das Schienennetz sei vielmehr weniger ausgelastet gewesen und die Haltezeiten seien länger gewesen. Und nicht zuletzt hätten viele Menschen damals noch akzeptiert, dass die Natur einfach stärker ist: «Vieli sind sich gar nöme gwöhnt, dass s Läbe amigs nöd nach Plan verlauft und reagieret denn dementsprechend emotional.»
Der erste Schnee legte vielerorts den Verkehr lahm
Der erste Schneefall bis ins Flachland sorgt für Störungen im Verkehr. In Zürich, Bern und Basel fuhren zeitweise keine Busse mehr. Die SBB erwarten am Freitagmorgen weiterhin Verspätungen und Zugausfälle. Grund für die Einschränkungen sind unter anderem Störungen an den Fahrleitungen und Fahrzeugen sowie vereiste Weichen. Das Bahnunternehmen arbeite mit Hochdruck daran, die Störungen so schnell wie möglich zu beheben, teilte ein SBB-Sprecher mit.