KommentarShaqiris Torjubel war richtig dumm – aber nicht wegen des Adlers!
Patrick Lämmle
23.6.2018
Warum sprechen wir nach dem so wichtigen 2:1 Sieg der Schweizer nicht über das sportlich Relevante? Die Doppel-Adler-Gesten sollten nicht die Schlagzeilen dominieren. Und dennoch sprechen wir jetzt noch ein letztes Mal darüber. Ein Kommentar.
Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri zeigen nach ihren Toren den Doppel-Adler. Wir, die nicht in ihrer Haut stecken, die Geschichte vom Balkankrieg nicht kennen, wir können gar nicht nachvollziehen, was in ihnen vorgeht. Und man sollte die beiden deshalb auch nicht blind verurteilen.
Fakt ist, die beiden spielen für die Schweizer Nati und sie geben hundert Prozent für unsere Farben. Sie tragen das Schweizer Nationaltrikot mit Stolz. Aber sie haben ihre Wurzeln nicht vergessen. Sie sind ihren Vätern und Müttern, die in die Schweiz geflüchtet sind, um ihnen, den Kindern, ein besseres Leben zu ermöglichen, einfach nur unendlich dankbar.
Und wer glaubt, dass es nun innerhalb der Mannschaft wieder zu einer Spaltung kommen könnte, den können wir beruhigen, das wird es nicht! Vor der EM 2016 war es Stephan Lichtsteiner, der von «richtigen» Schweizern und den «anderen» sprach. Danach hat er sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt, viele Gespräche mit den Eltern der Secondos geführt und seine Mitspieler dadurch besser kennengelernt.
Am Samstag zeigte der Captain beim Torjubel höchstpersönlich den Doppeladler. Das beweist: Auf dem Platz steht eine Einheit, die näher zusammensteht denn je. Und nur so sind Leistungen wie gegen Brasilien und Serbien möglich.
Und ganz ehrlich: Wenn es nun Leute gibt, die das Thema dermassen aufbauschen und eine regelrechte Hetzjagd gegen die Spieler entfachen wollen, dann wollen die doch selber nur Politik betreiben – und genau das werfen sie ihrerseits den «Adlern» vor. Also bitte hört auf damit. Man darf die Gesten dumm und unnötig finden. Sie waren es insofern, weil sie einen wunderbaren Anlass bieten, ein Thema (Sind Spieler mit Migrationshintergrund keine «richtigen» Schweizer?) wieder aufzugreifen und heiss zu diskutieren – oft unter der Gürtellinie. Dabei war das Thema doch eigentlich vom Tisch.
Warum zieht Shaqiri sein T-Shirt aus?
Eine echte Dummheit beim Torjubel haben wir dann aber doch gesehen – und die hat durchaus sportliche Relevanz. Shaqiri zieht nach dem Siegtreffer sein Shirt aus und sieht dafür die Gelbe Karte. Damit hat er sich unnötig angezählt, denn bei einer weiteren Gelben Karte im letzten Gruppenspiel, dem Achtelfinal oder dem Viertelfinal wäre er für das Folgespiel gesperrt. Stellen Sie sich vor, die Schweiz steht im Viertelfinal und Shaqiri sieht wegen eines Trikotzupfers Gelb und ist dann im Halbfinal gesperrt. Und alles nur, weil er sich das T-Shirt vom Leibe gerissen hat…