Nati-Knipserin gesucht Viola Calligaris legt unfreiwillig den Finger in eine klaffende Wunde

Patrick Lämmle

3.12.2024

Viola Calligaris versteckt sich auch nach einer Pleite wie gegen Deutschland nicht. 
Viola Calligaris versteckt sich auch nach einer Pleite wie gegen Deutschland nicht. 
blue Sport

Viola Calligaris ist sowohl beim italienischen Spitzenverein Juventus Turin als auch im Nationalteam in der Dreier-Abwehrkette gesetzt. Besonders im Nati-Dress weiss sie aber auch vor dem gegnerischen Tor zu glänzen.

Patrick Lämmle

Unter Pia Sundhage führt kein Weg an Viola Calligaris vorbei. Auch auf Vereinsebene ist die 28-Jährige unumstrittene Stammspielerin. Ob in der Liga oder in der Champions League, bei Serie-A-Leader Juventus Turin steht Calligaris so gut wie immer auf dem Platz. «Ich fühle mich sehr gut und bin froh, dass ich so viele Spielminuten habe. Gerade auch für die Nati ist das extrem wichtig. Von daher ist es im Moment sicher optimal», meint Calligaris noch im Vorfeld der Partie gegen Deutschland auf ihre Rolle angesprochen.

In einer kleinen Runde verrät sie dort auch, dass sie regelmässig Feedbacks vom Trainerstaff erhalten würden. Das geschieht öfters in Form von Whatsapp-Nachrichten, manchmal aber auch mit Besuchen vor Ort. So habe Pia Sundhage kürzlich das Champions-League-Spiel gegen Arsenal live im Stadion verfolgt und Assistenztrainerin Lilie Persson sei zu einem Spiel in Rom angereist.

Calligaris kann nicht nur Tore verhindern

Es ist eine Form der Wertschätzung, die Calligaris ein gutes Gefühl gibt. Wie wichtig die 28-Jährige fürs Nationalteam ist, hat sie in der EM-Quali unter Beweis gestellt. Denn sie verhindert nicht nur Tore, sie erzielt auch selber welche. In der Quali traf sie gleich drei Mal und war damit teamintern die beste Torschützin. Es sei gut aufgegangen mit den Standards, sie habe super Flanken bekommen, analysiert sie bescheiden und will nichts davon wissen, dass sie oft treffe.

✍️ Steckbrief Viola Calligaris

  • Geburtsdatum: 17. März 1996
  • Position: Abwehr
  • Verein: Juventus Turin
  • Grösse: 1,67
  • Länderspiele: 59
  • Instagram-Profil

Damit legt sie aber unfreiwillig den Finger in eine klaffende Wunde: Der Schweiz fehlt eine Knipserin, die in jedem Spiel für ein Tor gut ist. Darauf hingewiesen, antwortet sie diplomatisch: «Wir haben viel Qualität vorne. Und solange alle ein bisschen Tore schiessen können, ist das auch nicht so schlecht. Wichtig ist einfach, dass wir sie machen.»

Ein besonderes Lob hat sie, die sich «ganz klar zu den Alten» zählt, für die Jungen übrig. «Ich sage es immer wieder, die Jungen haben einen riesen Elan ins Team gebracht und viel Qualität. Das kann uns extrem helfen, auch im nächsten Sommer an der EM.» Zudem sei es gut, wenn es einen grösseren Konkurrenzkampf gebe. «Das hebt die Qualität des ganzen Teams und gibt uns auch mehr Möglichkeiten.» Vor drei, vier Jahren habe das noch anders ausgesehen.

Namen nennt Calligaris zwar nicht, aber sicherlich denkt sie bei ihren Aussagen auch an Iman Beney (18) und Smilla Vallotto (20), die beide sehr gute Chancen auf einen Platz in der EM-Startelf haben. Oder Naomi Luyet (18), die die Schweiz gegen Frankreich mit einem Traumtor zum Sieg schoss, nun aber verletzungsbedingt fehlt. Auch ein Comeback der noch immer angeschlagenen Roma-Stürmerin Alayah Pilgrim (21) täte der Nati gut.

Naomi Luyet schiesst die Nati mit ihrem Debüt-Traum-Tor zum Sieg

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Calligaris spielt am liebsten gegen die Top-Nationen

In der EM-Quali traf die Schweiz, die als Gastgeberin ohnehin schon automatisch für die Endrunde qualifiziert war, auf kleinere Nationen. Nach einer längeren Schwächephase im Vorjahr war das vielleicht auch genau das, was die Schweizerinnen brauchten, um wieder ein gesundes Selbstvertrauen aufzubauen. Wie sehr das angewachsen ist, zeigte sich dann in den Spielen gegen Australien (1:1) und Frankreich (2:1). Die 0:6-Klatsche gegen Deutschland hat aber auch aufgezeigt, dass die Nati noch nicht dort ist, wo sie gerne wäre.

Und gegen die amtierenden Europameisterinnen und Vize-Weltmeisterinnen aus England wird es nicht einfacher. Calligaris allerdings mag genau diese Herausforderungen. «Ich spiele gerne gegen starke Gegnerinnen, weil es braucht dann einfach alles von dir, wenn du dich mit den Besten messen willst.» Einzig Gegenspielerinnen, die mit 35 km/h übers Feld flitzen, möge sie nicht, sagt Calligaris, verdreht dabei die Augen und lacht.

Die Erinnerungen an die Bramall Lane, wo die Schweiz am Dienstag gegen England spielt, könnten auch besser sein. An der EM 2022 verlor die Schweiz in diesem Stadion sowohl gegen Schweden (1:2) als auch gegen die Niederlande (1:4). Mal schauen, ob ausgerechnet gegen die bärenstarken Lionesses mehr herausschaut.