Sékou Sanogo gewinnt mit den Young Boys und Roter Stern Belgrad mehrere Meistertitel. Nun treffen die beiden Herzensvereine des ivorischen Mittelfeldspielers zum Abschluss der Ligaphase der Champions League aufeinander.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Am Mittwoch steht in der Champions League der grosse Showdown der Ligaphase an. 18 Partien finden gleichzeitig statt und bringen die Entscheidung im Rennen um die Plätze in der K.o.-Phase.
- YB, das nach sieben Partien noch ohne Punkte dasteht, trifft zum Abschluss der Ligaphase zuhause auf Roter Stern Belgrad.
- Sékou Sanogo gewann mit den Young Boys und Roter Stern Belgrad mehrere Meistertitel und spricht über das Direktduell. «Für mich ist YB Favorit, weil es zu Hause spielt», so Sanogo.
Es ist ein Datum, das sich im kollektiven Berner Gedächtnis eingebrannt hat wie kaum ein anderes. 28.4.18 ist eine Zahlenkombination, die bei Tausenden Menschen Erinnerungen und Emotionen auslöst, wie sie sie in ihren Leben kaum ein zweites Mal erleben werden. Der Tag, an dem die Young Boys ihre 32 Jahre andauernde Titellosigkeit beenden, sorgt in Bern für eine beispiellose Explosion der Gefühle, die Bilder vom Platzsturm nach dem Schlusspfiff gehen um die Welt, und im Wankdorf gibt es an diesem Abend kein Morgen.
Mi 29.01. 20:00 - 00:05 ∙ blue Sport Live ∙ UHD HDR BSC Young Boys - FK Crvena Zvezda
Event ist beendet
Sékou Sanogo sitzt in seiner Wohnung in Belgrad, als er an diese Momente zurückdenkt. Der Ivorer ist damals Teil dieser historischen YB-Mannschaft. Im Mittelfeld ist er mit seiner Präsenz und Zweikampfstärke eine unverzichtbare Komponente im Erfolgspuzzle von Coach Adi Hütter. «Dieser Titel ist etwas ganz Spezielles», sagt Sanogo im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Nicht nur die Stadt, sondern der ganze Kanton hat mitgefeiert. Das ist unvergesslich.» Auch, weil er in seinen ersten drei Jahren in Bern, in denen YB erfolglos nach dem Titel strebte, miterlebte, wie stark diese Sehnsucht danach war, endlich wieder einmal eine Trophäe in die Hauptstadt zu holen.
«Irgendwann gewöhnt man sich ans Gewinnen»
Insgesamt 138 Mal läuft Sanogo in viereinhalb Saisons in Gelb-Schwarz auf, im Herbst 2018 auch viermal in der Gruppenphase der Champions League, als er gegen Manchester United, Juventus Turin und zweimal Valencia zum Einsatz kommt. Für keinen Klub hat der Westafrikaner in seiner Karriere mehr gespielt als für YB. Dass da eine spezielle Verbindung bleibt, ist nachvollziehbar. Mit YB-Captain Loris Benito, Christian Fassnacht und dem jetzigen Sportchef Steve von Bergen, früheren Teamkollegen, tauscht er sich noch heute ab und zu aus. Und Sanogo sagt denn auch: «Die eine Hälfte meines Herzens gehört YB.» Und die andere? «À l’Étoile Rouge.» Roter Stern Belgrad.
Sanogo lacht. Er weiss, dass es gerade für ihn ein sehr spezielles Spiel sein wird, das am Mittwoch (21 Uhr) im Wankdorf stattfindet, wenn sich seine beiden Herzensvereine zum Abschluss der Ligaphase der reformierten Champions League gegenüberstehen werden. Mit den Serben hat Sanogo nach einem kurzen Abstecher zu Al-Ittihad nach Saudi-Arabien vier Meister- und drei Cuptitel in Serie gewonnen. Er erinnert sich an ein rauschendes Fest auf der Donau, als der Titelgewinn auf einem Boot gefeiert wurde. Doch vergleichbare Emotionen wie 2018 in Bern hat er in Serbiens Hauptstadt nie erlebt. Sanogo sagt: «Irgendwann gewöhnt man sich ans Gewinnen.»
Zeit, zusammenzuwachsen
Es ist ein Gefühl der Sättigung, das irgendwann nach Sanogos Abgang auch im YB-Umfeld spürbar wurde. Der zweifache ivorische Internationale, der seit einigen Jahren auch die serbische Staatsbürgerschaft besitzt, hat natürlich mitverfolgt, dass der Berner Höhenflug auch ohne ihn weitergegangen ist. Dass die Young Boys mit sechs Meistertiteln und zwei Cupsiegen in sieben Jahren zum Primus der Schweiz geworden sind. Und dass sie sich in dieser Saison aber erstaunlich schwertun, ihrem gewohnten Rendement gerecht zu werden.
«Ich hoffe, dass YB sich wieder aufrichten und so dominant werden kann wie vorher», sagt Sanogo, der den Auftakt in die zweite Saisonhälfte gegen Winterthur live am TV verfolgt hat. Der Mittelfeldspieler sieht auch, dass die Mannschaft bedingt durch die vielen Wechsel noch nicht so gefestigt ist, wie sich das die Berner Verantwortlichen wünschen würden. Aber er erinnert daran, dass die Mannschaft von 2018 erst über mehrere Jahre zusammengewachsen sei, ehe sie schliesslich den Thron besteigen konnte. «Es braucht Zeit, aber es ist wichtig, dass YB in der Tabelle wieder nach oben kommt. Wir dürfen es uns nicht erlauben, da unten zu sein.»
Wenn er so über seinen früheren Arbeitgeber redet, spricht Sanogo immer mal wieder von «nous», wir – ganz so, als ob er immer noch an der Berner Papiermühlestrasse ein- und ausgehen würde. «Bern ist wie zu Hause für mich», sagt Sanogo. «Aber Belgrad auch.» Seit gut einem halben Jahr wohnt der 35-Jährige wieder in der serbischen Metropole, nachdem er nach einem halbjährigen Abstecher in die Challenge League zum FC Schaffhausen bei Zeleznicar Pancevo Unterschlupf gefunden hat, dem aktuell Neunten der serbischen Liga, der 14 km nordöstlich der Hauptstadt beheimatet ist. «Fussball ist mein Leben. Ich hoffe, ich kann noch lange spielen.»
Der Glaube an die Heimstärke
Aber wen favorisiert er denn nun am Mittwoch, mit seinem geteilten Herzen in der Brust? Sanogo lacht. Es werde sicherlich ein interessantes Spiel, weil sich beide Teams bestmöglich aus der Champions League verabschieden möchten. YB werde wohl mehr Risiken eingehen, vermutet Sanogo, weil es sich unbedingt die ersten Punkte sichern möchte. «Für mich ist YB Favorit, weil es zu Hause spielt. Da waren wir schon immer schwer zu schlagen.»
Sékou Sanogo wird gespannt vor dem Fernsehbildschirm sitzen, wenn die berühmteste Hymne des europäischen Klubfussballs ein vorerst letztes Mal im Wankdorf aus den Lautsprechern dröhnt. Da in wenigen Tagen die Rückrunde der serbischen Meisterschaft beginnt, liegt ein Abstecher in die alte Heimat nicht drin. Sein Glaube an eine Wiedererstarkung der Berner ist aber ungebrochen, wenn er sagt: «Ich hoffe, dass ich nächste Saison für ein Champions-League-Spiel nach Bern kommen kann.»
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