Bund warntDer Klimawandel wird die Schweiz besonders hart treffen
tafu
16.11.2020
Der Klimawandel wirkt sich immer stärker auf Mensch und Umwelt aus – wie stark, das verdeutlicht ein neuer Bericht des Bundes. Er macht deutlich: Auch in Zeiten von Corona muss das Problem zuoberst auf der Agenda stehen.
Aktuell scheint unser grösstes Problem die Coronakrise zu sein. Doch auch wenn die Bekämpfung der Pandemie gerade oberste Priorität besitzt, ist der Klimawandel nicht verschwunden. Im Gegenteil: Die Auswirkungen machen sich immer stärker bemerkbar.
Wie schlimm die Schweiz von den Folgen betroffen ist, verdeutlicht der am Montag vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) veröffentlichte Bericht «Klimawandel in der Schweiz» und beleuchtet dabei Ursachen, Folgen und Massnahmen.
Dabei wird deutlich: Die Schweiz wird es besonders hart treffen. Die Studie, die durch das BAFU und MeteoSchweiz gemeinsam unter dem Dach des National Centre for Climate Services (NCCS) erarbeitet wurde, stützt sich auf Beobachtungen der letzten Jahrzehnte sowie auf Modellrechnungen basierend auf den Klimaszenarien 2018.
Mehr Hitze, weniger Schnee
Dass in der Schweiz die Auswirkungen eindeutig zur spüren sind, zeigt sich unter anderem an der Durchschnittstemperatur: Seit der vorindustriellen Zeit, also etwa um 1850, bis heute hat diese sich um etwa 2 Grad Celsius erhöht – das ist gut doppelt so viel wie im weltweiten Durchschnitt. Die Folgen sind mehr Hitzewellen, trockenere Sommer und schneearme Winter.
Besonders deutlich zeigt sich der Klimawandel in der Schweizer Gletscherlandschaft. Bereits seit 100 Jahren ziehen sich die Gletscher zurück, in den vergangenen zehn Jahren ging ihre Masse jährlich um zwei Prozent zurück. Seit 1960 verloren die Schweizer Gletscher so viel Wasser, dass sich damit der Bodensee füllen liesse, berichtet die Akademie der Naturwissenschaften (SCNAT).
2019 sei die Gletscherschmelze stärker denn je gewesen, 2020 setzte sich der massive Verlust fort. Die Folge: Das Landschaftsbild in den Alpen verändert sich massgeblich. Es entstehen neue Bergseen, Gletscher-Vorfelder wachsen an. Aufgrund ihres Zerfalls wurden bereits einzelne Gletscher aus dem Messnetz gestrichen. So wird seit 2019 zum Beispiel der Pizol-Gletscher wegen seiner geringen Restfläche gar nicht mehr vermessen.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf Tier und Natur werden nicht nur an der Gletscherschmelze deutlich. Höhere Temperaturen in Seen und Flüssen führen zu gesundheitlichen Problemen bei kälteliebenden Fischen, Hitzewellen hatten bereits dramatische Fischsterben zur Folge. Wärmere Temperaturen sorgen bei verschiedenen Pflanzenarten dafür, dass sie früher austreiben, was sie gegenüber Spätfrösten anfälliger macht.
Erhöhte Sterblichkeit in Hitzesommern
Und auch die Menschen bekommen die Folgen des Klimawandels bereits direkt zu spüren. Vermehrte Hitzewellen werden zur Belastung für den Körper, können zu Flüssigkeitsmangel oder einer Verschlechterung der Herz- oder Lungenfunktion führen. So starben beispielsweise im Hitzesommer 2003 von Juni bis August 975 Personen mehr als normalerweise in diesem Zeitraum. Auch 2015 und 2018 wurden erhöhte Sterblichkeitsraten registriert.
Die gute Nachricht: Noch können wir handeln. Klimamassnahmen zeigen Wirkung. Konsequenter Klimaschutz könnte die durchschnittliche Erwärmung in der Schweiz auf 2,1 bis 3,4 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 begrenzen. Damit würden zwei Drittel der möglichen Auswirkungen auf das Klima vermieden. Sollte der weltweite Treibhausgasausstoss weiterhin zunehmen, könnte die Durchschnittstemperatur in der Schweiz bis 2100 um 4,8 bis 6,9 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau steigen.