Flugpionierin Amelia Earhart Sie verschwand vor 85 Jahren – und ist noch immer präsent

Von Philipp Dahm

2.7.2022

Die beiden Gesichter der Amelia Earhart: links im Abendkleid auf einem PR-Foto, rechts das Bild aus ihrer Pilotenlizenz mit der Nummer 6017.
Die beiden Gesichter der Amelia Earhart: links im Abendkleid auf einem PR-Foto, rechts das Bild aus ihrer Pilotenlizenz mit der Nummer 6017.
Gemeinfrei

Sie war die berühmteste Frau der Welt und ein Medien-Star. Dann verschwindet Pilotin Amelia Earhart mit ihrem Navigator am 2. Juli vor 85 Jahren spurlos.

Von Philipp Dahm

Sie war schon zu Lebzeiten ein Star und weltweit ein Begriff. Heute gilt sie als amerikanische Ikone und als weibliche Pionierin, deren Bild auf einer US-Briefmarke verewigt ist.

Ein Preis ist nach ihr benannt, und ihr Tod beschäftigt heute noch die Menschen, von denen einige einiges auf sich nehmen, um ihre letzte Ruhestätte zu finden.

Die Rede ist von Amelia Earhart, der amerikanischen Pilotin, die als erste Frau den Atlantik überquerte – sowohl als Co-Pilotin als auch als Lenkerin eines Flugzeugs. Sie setzte Rekorde, schrieb erfolgreiche Bücher und setzte sich für die Rechte der Frauen ein.

«Würden Sie gern über den Atlantik fliegen?»

Und so sieht es aus, wenn Amelia Earhart am 4. Juni 1931 mit einem Tragschrauber auf einem Flug von US-Küste zu US-Küste einen Tank-Stopp in Rock Springs, Wyoming, macht – die damals 34-Jährige wird offenbar verehrt wie eine Volksheldin.

Amelia Earhart made a refueling stop in Rock Springs, Wy., Thursday, June 4, 1931, on her coast-to-coast flight from Newark, N.J. A crowd convened at the local airport to see the famous pilot. This photo is displayed at the Rock Springs/Sweetwater County Airport. The autogyro aircraft is like an airplane with a propeller with added helicopter blades. Her plane was the first autogyro to land at the local airport, and in fact the first to attempt the rarefied atmosphere of the inter-mountain altitudes. (KEYSTONE/AP Photo/The Daily Rocket-Miner/Str) === ===
KEYSTONE

Wie hat Earhart so einen Aufstieg hingelegt? Ihre Jugend ist nicht unbedingt einfach, doch schon als Mädchen zeigt Amelia einen starken Willen.

Die Luftfahrt macht in den 20ern riesige Sprünge nach vorn. 1927 überfliegt Charles Lindbergh als erster Mensch allein den Atlantik. Im April 1928 klingelt bei Earhart das Telefon. Ein gewisser Captain Hilton Railey meldet sich und fragt: «Würden Sie gern über den Atlantik fliegen?»

Parade in New York und Treffen mit dem Präsidenten

Railey betreut ein entsprechendes Projekt des Piloten Wilmer Stultz, der zusammen mit Mechaniker Louis Gordon in einer Fokker F.VIIb von Neufundland nach Pwll in Wales fliegen will. Amelia ist eigentlich als Passagierin vorgesehen, kümmert sich dann aber während der Reise ums Logbuch. Das Problem: Sie kann nicht nach Instrumenten fliegen.

Das Trio erreicht sein Ziel nach 20 Stunden und 40 Minuten am 17. Juni 1928: Earhart ist die erste Frau, die den Atlantik überquert hat. In Grossbritannien wird Earhart mit ihren Kollegen ebenso bejubelt wie nach der Rückkehr in die USA am 6. Juli: Erst wird ihnen in Manhattan eine Parade gewidmet, dann empfängt sie der damalige US-Präsident Calvin Coolidge.

IDank dem Transatlantikflug lernt Earhart den Verleger George Putnam kennen, der ihren Ruhm vergolden will und ihr Manager wird: Ein Buch über ihren Rekordflug erscheint und die Pilotin geht auf eine Reihe von Vorträgen. Amelia macht Werbung für Zigaretten, Mode und andere Produkte. Zeitweise vertreibt das Kaufhaus Macy's eine Mode-Linie von ihr und sie schreibt für das Magazin «Cosmopolitan».

Rekord-Pilotin heiratet ihren Manager

Bis 1931 bricht Earhart jede Menge Rekorde. Sie ist die erste Frau, die solo Nordamerika überfliegt, stellt mit einem Tragschrauber 1931 mit 5613 Meter einen Höhenrekord für Pilotinnen auf und ist auch die schnellste Frau, die je in der Luft gesehen worden ist.

Earhart und Putnam im April 1931.
Earhart und Putnam im April 1931.
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Und privat? Amelia hat einen Verehrer, der erst seit seiner Scheidung von 1929 wieder auf dem Markt ist. Er fragt sie fünf Mal, und erst beim sechsten Mal sagt sie Ja. Ihr Bräutigam ist ihr Manager, George Putnam. Für Flitterwochen nach dem 7. Februar 1931 hat das Paar keine Zeit: Earhart ist inmitten einer neuntägigen Werbe-Tour für Tragschrauber und Kaugummi.

Amelia ist als Ehefrau für damalige Verhältnisse liberal und glaubt an Gleichberechtigung. Gleichzeitig engagiert sie sich bei The Ninety-Nines, einer Pilotinnen-Bewegung. Sie wird keine Kinder haben: Ihre Leidenschaft bleibt die Fliegerei. Am 20. Mai 1932 geht sie den nächsten Rekord an und fliegt in 14 Stunden und 56 Minuten solo von Neufundland nach Nordirland.

Eine begeisterte Menge empfängt Earhart am 22. Mai 1932 in Londonderry, Nordirland, bevor sie weiter nach London reist.
Eine begeisterte Menge empfängt Earhart am 22. Mai 1932 in Londonderry, Nordirland, bevor sie weiter nach London reist.
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Höchste Weihen verleihen Flügel

Was das fünf Jahre nach Lindberghs Flug für eine Leistung ist, zeigen die Ehrungen, die dem Wagnis folgen: Ihr wird nicht nur vom US-Kongress das Distinguished Flying Cross verliehen, sondern auch noch das Ritterkreuz der französischen Ehrenlegion. Die Krönung ist die Goldmedaille der National Geographic Society, die ihr kein Geringerer als US-Präsident Herbert Hoover überreicht.

Empfang dreier Transatlantik-Flieger am 30. Juli 1933 im Weissen Haus. Von links: Eleonore Roosevelt, Amelia Earhart, Jim Mollison, seine Frau Amy Johnson und Präsident Roosevelt. Earhart ist mit der First Lady befreundet.
Empfang dreier Transatlantik-Flieger am 30. Juli 1933 im Weissen Haus. Von links: Eleonore Roosevelt, Amelia Earhart, Jim Mollison, seine Frau Amy Johnson und Präsident Roosevelt. Earhart ist mit der First Lady befreundet.
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1934 zieht das Ehepaar von der Ost- an die Westküste und Putnam übernimmt in Hollywood einen Job bei Paramount Pictures. Seine Frau fliegt weiterhin hoch und schnell: Ab 1936 beginnt sie mit der Planung einer Welt-Umrundung, die mal wieder einen Rekord brechen soll: Die Route führt 47'000 Kilometer am Äquator entlang. Das hat noch niemand gewagt.

Am 1935 lehrt Earhart zeitweise an der Purdue University School of Aeronautics and Astronautics.
Am 1935 lehrt Earhart zeitweise an der Purdue University School of Aeronautics and Astronautics.
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Ein erster Versuch im März 1937, der in Oakland, Kalifornien, beginnt und nach Westen geht, fällt wegen technischer Probleme ins Wasser. Die Überholung ihres Flugzeugs ist am 17. Mai beendet – und nun will Earhart die Welt-Umrundung nach Osten versuchen, weil sich die Wetter- und Windverhältnisse gedreht haben. Sie startet mit Navigator Fred Noonan am 20. Mai in Oakland.

Flug in den Tod

Das Duo fliegt nach Miami, Florida, und macht dort erst sein Vorhaben publik. Die Rote führt weiter über Venezuela, Brasilien, den Äquator über Afrika hinweg zum Jemen und Oman. Weiter geht es über Indien, Thailand, Indonesien und Australien nach Papua-Neuguinea.

Amelia Earhart verschwindet kurz vor ihrem 40. Geburtstag. Doch damit ist die Frau nicht aus der Welt: Ihre Legende lebt dank ihrer Art, diverser Bücher und noch mehr Presseartikel weiter. Ihr Leben hat nicht nur Pilotinnen, sondern die Amerikanerinnen ganz allgemein inspiriert.

Ihr Geburtshaus ist heute ein Museum, das ihre Leistungen ehrt. Die Frauen-Fluggruppe The Ninety-Nines lobt 1939 ein Amelia Earhart Memorial Scholarship aus, 1963 erscheint eine Briefmarke mit ihrem Konterfei und sie wird sowohl in die National Aviation Hall of Fame als auch in die National Women's Hall of Fame sowie die Motorsports Hall of Fame of America aufgenommen.

Es ist wohl diese Legende, die auch heute die Menschen bewegt – und sie dazu bewegt, weiter nach ihr zu suchen. Dazu scheuen sie keinen Aufwand, wie etwa das Video oben zeigt. Amelia Earhart hat nicht nur den Frauen in den USA einen Schub verliehen, sondern ihnen weltweit zu neuen Höhen verholfen. Es bleibt deshalb wahr, wenn man heute konstatiert: Amelia Earhart firmiert nun in anderen Sphären.

Amelia Earhart 1937.
Amelia Earhart 1937.
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