ErkältungswelleDarum sind derzeit so viele Menschen krank
toko
17.12.2022
Derzeit sind in der Schweiz besonders viele Menschen krank, für einmal spielt Corona dabei zumindest nicht die Hauptrolle. Infektiologe Andreas Cerny erklärt, was es mit der Welle an Atemwegserkrankungen auf sich hat.
toko
17.12.2022, 18:29
17.12.2022, 18:36
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Im Büro oder in der Schule hagelt es Krankmeldungen, das Geräusch des Hustens ist allgegenwärtig. Gerade sind in der Schweiz besonders viele Menschen krank.
«Im Moment haben wir in der Schweiz einen deutlichen Anstieg an grippeähnlichen Erkrankungen», schreibt der Infektiologe Andreas Cerny auf Anfrage von blue News.
Warum ist das so, und welche Erkrankungen spielen dabei eine Rolle? Das musst du wissen:
Warum husten und schniefen derzeit so viele Menschen in der Schweiz?
«Der Anstieg an Atemwegserkrankungen ist durch einen verfrühten Beginn der Grippesaison, durch einen Anstieg an RSV-Infektionen (Respiratorisches Synzytialvirus, Anm. d. Red.) und auch von anderen Viren wie Rhinoviren bedingt», erklärt Infektiologe Andreas Cerny vom Spital Moncucco in Lugano.
Das Coronavirus spielt in der aktuellen Welle zumindest nicht die Hauptrolle. Auch wenn die Infektionszahlen in dieser Woche wieder sanken — verschwunden ist es natürlich nicht: «Die Ausbreitung dieser Viren fällt mit dem Anstieg der Corona-Subvariante BQ.1.1 zusammen», erklärt Cerny.
Das gemeinsame Auftreten dieser Phänomene erkläre den derzeitig starken Anstieg an Atemwegserkrankungen in der Schweiz. Epidemiologen in den USA sprächen bei diesem das Zusammentreffen vom «Perfect storm» (‹Perfekter Sturm›) oder auch vom «Tripple whammy» (etwa ‹Dreifacher Hammer›).
Begünstigt werde dies laut Cerny durch den «raschen Einbruch der Kälte sowie die Tatsache, dass kaum mehr jemand eine Maske trägt.»
Die Zahl der Grippefälle ist laut dem Sentinella-Meldesystems des BAG zuletzt stark angestiegen. Auf 100'000 Einwohner kamen hochgerechnet rund 89 Konsultationen wegen grippeähnlicher Erkrankungen, eine Woche zuvor waren es noch 52,6. Am meisten betroffen sei die Alterskategorie der 15- bis 29-Jährigen.
Was hat der Anstieg mit der Pandemie zu tun?
Andreas Cerny vermutet, dass wahrscheinlich verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. So hätten etwa die seit Beginn der Pandemie ergriffenen Massnahmen auch die Ausbreitung anderer respiratorischen Viren behindert und damit die Herdenimmunität geschwächt.
Welche Auswirkungen drei Jahre Pandemie auf das Immunsystem der Bevölkerung insgesamt hatten, werde derzeit noch erforscht.
In den sozialen Medien ist unterdessen vermehrt von einer sogenannten «Immunschuld» die Rede, also eine unzureichende Vorbereitung des Immunsystems nach Jahren der Corona-Massnahmen wie etwa der Maskenpflicht. Der Begriff wird von zahlreichen Expert*innen kritisiert, unter anderem weil er das Problem vereinfache und suggerierte, das Immunsystem habe insgesamt gelitten.
So sagte etwa der Forscher Carsten Watzl von der TU Dortmund dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), das Immunsystem müsse nicht immer mit Infektionen konfrontiert sein, um gut zu funktionieren. Dass es in drei Jahren Pandemie nicht ausreichend trainiert wurde, sei falsch: «Es ist nicht so, dass wir jetzt generell ein schwächeres Immunsystem haben, weil wir zwei Jahre lang Maske getragen haben»
Wie kann ich mich schützen?
«Die Impfung gegen Influenza und Covid-19 sowie das Maskentragen in belebten geschlossenen Räumen sollten uns helfen, gut durch den Winter zu kommen», schreibt Andreas Cerny.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sowie die kantonalen Gesundheitsdienste empfehlen die jährliche Grippeimpfung für Risikopersonen. Das sind unter anderem Personen ab 65 Jahren sowie Schwangere, Erwachsene und Kinder mit chronischen Erkrankungen.
Gegen das RS-Virus hingegen gibt es keine Impfung. Auch wenn das Virus besonders bei Säuglingen und Kleinkindern verbreitet ist, hinterlässt eine RSV-Infektion laut BAG keine Immunität. Jede Person in allen Altersgruppen kann sich somit jederzeit erneut anstecken.