Wettrennen zum Mond Wer zuerst oben ist, bestimmt die Regeln

Von Gabriela Beck

13.12.2022

Raumkapsel Orion nach Mondmission Artemis 1 zur Erde zurückgekehrt

Raumkapsel Orion nach Mondmission Artemis 1 zur Erde zurückgekehrt

Die unbemannte Raumkapsel Orion der Nasa-Mondmission Artemis 1 ist nach fast vier Wochen im All zur Erde zurückkehrt: Sie landete sicher im Pazifik. Ziel des Artemis-Programms ist es, eine dauerhafte Präsenz auf dem Mond aufzubauen.

12.12.2022

Die USA sind dabei, Europa und Russland auch, China sowieso, aber auch Mexiko, Thailand, Israel und die Türkei: Sie alle bereiten Mondmissionen vor. Was wollen die alle da oben?

Von Gabriela Beck

Nach rund vier Wochen im All ist die unbemannte «Orion»-Kapsel der NASA-Mondmission «Artemis 1» vorgestern wieder sicher auf der Erde gelandet. Der Testflug gilt als wichtiger Schritt für die Rückkehr von Menschen auf den Mond. Und diese ist bereits für die kommenden Jahre geplant.

Nach einem ersten bemannten Flug – «Artemis 2» – um den Mond herum will die US-Bundesbehörde für Raumfahrt und Flugwissenschaft mit «Artemis 3» ab 2025 eine weitere bemannte Raumkapsel auf den Mond schicken.

Blick auf einen Teil der anderen Seite des Mondes direkt hinter der Raumsonde Orion. Aufgenommen am 21. November 2022 von einer Kamera an der Spitze eines der Orion-Solarfelder am sechsten Tag der Artemis-I-Mondmission.
Blick auf einen Teil der anderen Seite des Mondes direkt hinter der Raumsonde Orion. Aufgenommen am 21. November 2022 von einer Kamera an der Spitze eines der Orion-Solarfelder am sechsten Tag der Artemis-I-Mondmission.
Nasa

Die bislang letzten Menschen hatte die NASA 1972 mit der «Apollo 17»-Mission auf den Mond gebracht – vor ziemlich genau 50 Jahren. Kurz darauf wurde das Apollo-Programm aus Kostengründen eingestellt.

Doch nicht nur die Amerikaner sind neuerdings bereit, wieder ordentlich in die Mondfahrt zu investieren. Auch die Europäische Weltraumorganisation Esa und Raumfahrtagenturen mehrerer anderer Länder sind an dem derzeit rund 30 Milliarden Dollar teuren Projekt beteiligt.

Der Mond wird sich zum Wirtschaftsraum entwickeln

«Wir fliegen zurück zum Mond für wissenschaftliche Entdeckungen, wirtschaftlichen Nutzen und zur Inspiration einer neuen Generation von Entdeckern», heisst es von der NASA.

Taucher der US Navy befestigen Windenseile an der Orion-Kapsel der Nasa, nachdem sie am 11. Dezember 2022 erfolgreich von Teams der Nasa und der US Navy vor der Küste von Baja California, Mexiko, gesichert wurde.
Taucher der US Navy befestigen Windenseile an der Orion-Kapsel der Nasa, nachdem sie am 11. Dezember 2022 erfolgreich von Teams der Nasa und der US Navy vor der Küste von Baja California, Mexiko, gesichert wurde.
Bild:  Getty Images

Auch Josef Aschbacher, Generaldirektor der Esa, sieht in der Erschliessung des Mondes grosse Chancen: «Wir haben eine gewisse Vorstellung, welche ökonomischen Vorteile uns das bringen kann.» Allerdings könne man das volle Potenzial momentan noch nicht ganz abschätzen. «Ich bin aber persönlich überzeugt, dass es sich lohnt. Als Kolumbus nach Amerika kam, wusste er zunächst auch nicht, was das alles heisst.»

Sicher ist: Eine Art Mond-Wirtschaftssektor soll entstehen mit Aussenposten in dessen Umlaufbahn. Und darauf arbeiten die Raumfahrtagenturen hin. Landesonden und Roboterfahrzeuge, Navigationssatelliten und modernste Kommunikationstechnik sollen die Ausbeutung des 380'000 Kilometer entfernten Erdtrabanten künftig ermöglichen.

Claims abstecken und Tatsachen schaffen

Diese Vision hegen Nasa und Esa jedoch nicht allein. Eine ganze Reihe weiterer Länder hat das Wirtschaftspotenzial des Mondes erkannt. So zählt das Center for Strategic and International Studies (CSIS), eine aussenpolitische Ideenschmiede in Washington, in einer aktuellen Analyse 106 geplante Mondmissionen von 19 Staaten und Raumfahrtagenturen.

Und während es beim Mond-Wettrennen zwischen den USA und der Sowjetunion in den 1960er-Jahren vor allem um die eigene Flagge im Mondstaub, also um Nationalstolz und Prestige ging, zielen die Bemühungen heute aufs grosse Geschäft. Staaten und Unternehmen wollen Claims abstecken, Tatsachen schaffen und so die eigenen rechtlichen Rahmenbedingungen durchsetzen.

Europa hinkt in der kommerziellen Raumfahrt hinterher

Nach zwei Jahren Verzögerung soll Ende 2023 endlich auch die neue Trägerrakete der Europäischen Weltraumorganisation Esa starten: «Ariane 6». Mit verbesserten Triebwerken und höherer Transportkapazität als das Vorgängermodell Ariane 5 soll sie die kommerzielle europäische Raumfahrt in Schwung bringen – nicht zuletzt als Konkurrenz zur «Falcon 9» des US-Unternehmens SpaceX. Dessen Gründer Elon Musk hat sich in den vergangenen Jahren durch eine aggressive Preispolitik und Marketingstrategie hervorgetan.

Erst vorgestern ist eine Falcon-9-Rakete mit dem kommerziellen japanischen Mondlander «Hakuto-R» an Bord vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida in Richtung Mond gestartet. Wenn alles klappt, wäre es die weltweit erste private Mondmission, die Erfolg hat. Zwei weitere amerikanische Konkurrenten planen, Anfang des nächsten Jahres eine direktere Route zum Mond zu nehmen. Auch das kommerzielle Wettfliegen zum Mond hat begonnen.

Eigener Zugang zum Weltraum ist essenziell

Die Entwicklung der «Ariane 6» hat knapp vier Milliarden Euro gekostet, 600 Firmen aus ganz Europa waren daran beteiligt. Dabei geht es allerdings weniger um Forschung oder das Mondprogramm. Mit ihr will Europa künftig mittlere und grosse Satelliten ins All bringen.

Die neue Trägerrakete ist wichtig für den autonomen Zugang Europas zum Weltraum. Denn moderne Telekommunikation, Navigation, Wetterprognosen, Beobachtung von Veränderungen der Meere, Flüsse und der Atmosphäre oder Reaktionen auf Katastrophen wie gewaltige Waldbrände und Überschwemmungen basieren auf Daten aus dem All. Staaten, die keinen Zugang zum Weltraum haben, sind sozusagen blind, taub und stumm.

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