Strom wäre viel zu teuer Der Traum vom ersten Mini-Atomreaktor ist geplatzt

smi

2.12.2023

Der erste kommerzielle Mini-Reaktor hätte in Idaho (USA) ab 2029 Strom erzeugen sollen. Wegen Kostenüberschreitung ist das Projekt gestoppt.
Der erste kommerzielle Mini-Reaktor hätte in Idaho (USA) ab 2029 Strom erzeugen sollen. Wegen Kostenüberschreitung ist das Projekt gestoppt.
Bild: NuScale Power

Mini-Reaktoren sind die Hoffnungsträger jener, die auch künftig Atomkraft nutzen wollen. 2029 sollte in den USA der erste in Betrieb gehen. Daraus wird aber nichts: Die Kosten drohten zu explodieren.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Mini-Atomreaktoren sollen die Kernkraft sicherer und günstiger machen. 
  • 2029 wollte das Unternehmen Nuscale in den USA den ersten Mini-Reaktor in Betrieb stellen. 
  • Weil die Kosten zu explodieren drohten, wurde das Projekt im Bundesstaat Idaho jetzt aber abgeblasen.

Die Atomkraft steht im Gegenwind. Sie ist nicht frei von Risiken, das Problem der Entsorgung ist fast nirgends gelöst, und Atomstrom ist im Vergleich zu anderen Energieträgern enorm teuer. 

Anderseits liefern AKW nahezu CO₂-freien Strom – ein starkes Argument in Zeiten des Klimawandels und der Elektrifizierung des Verkehrs.

Kleine, modulare Atomreaktoren sind in den letzten Jahren zu Hoffnungsträgern von Anhänger*innen der Kernenergie geworden. Die Risiken sind kleiner, die Kosten tiefer – so sollte die Atomkraft wieder marktfähig werden. In der Schweiz fordern etwa Politiker*innen der FDP, den Bau solcher Small Modular Reactors (SMR) ins Auge zu fassen. 

Nicht möglich, Strom zu marktfähigem Preis zu liefern

Das US-Unternehmen Nuscale wollte den Beweis erbringen, dass das Konzept funktioniert. In Idaho Falls, einer Kleinstadt im Mittleren Westen, war die Inbetriebnahme eines SMR geplant. Eine halbe Million Haushalte hätte das Mini-Kraftwerk mit Strom versorgen sollen. 

Doch daraus wird nichts, wie Nuscale und Projekt-Partner Utah Associated Municipal Power Systems mitteilen. Trotz erheblicher Bemühungen sei es unwahrscheinlich, dass das Projekt genügend Abnehmer*innen finde, um vorangetrieben werden zu können, zitiert das Branchen-Portal «World Nuclear News». 

Dass das Kraftwerk seine Energie nicht verkaufen kann, liegt am Preis. Obschon die US-Regierung noch unter Ex-Präsident Donald Trump Milliarden in das Projekt gesteckt hat und dessen Strom zusätzlich subventioniert hätte, drohte dieser enorm teuer zu werden. Dies, weil die Kosten für den Bau der Anlage statt der ursprünglich budgetierten 5,3 Milliarden Dollar auf 9,3 Milliarden Dollar gestiegen wären, wäre diese tatsächlich realisiert worden. 

Die Megawattstunde Strom hätte demzufolge 89 Dollar gekostet, wie die «Wirtschaftswoche» schreibt. Zum Vergleich: Fotovoltaik mit einem Stromspeicher (der FV-Anlagen teuer macht) liefere die Megawattstunde für 45 Dollar. Der Marktpreis für den durchschnittlichen Strom-Mix liegt in den USA zwischen 10 und 20 Dollar.

Ein Klein-Reaktor in Betrieb, vier im Bau

Die Atomkraft gilt schon lang als teurer Stromlieferant – wenngleich auch die Energie aus anderen Quellen teurer geworden ist. Neue AKW werden dort gebaut, wo der Staat sich im grossen Stil beteiligt. Der erste Mini-Reaktor, der einen Ausweg aus der Hochpreis-Falle zeigen wollte, ist nun genau daran gescheitert.

Es gibt gemäss World Nuclear Association jedoch auch fünf Kleinreaktoren, die bereits in Betrieb sind: in Indien, Pakistan und Russland. Die Kosten ihres Stroms sind unbekannt. Weitere vier sind im Bau, in Argentinien, China und Russland. 

Ungeachtet des hohen Preises befinden sich rund 60 konventionelle AKW weltweit im Bau, die Mehrheit von ihnen in China, Indien, Russland, Südkorea und der Türkei. Alle diese AKW-Projekte müssen beweisen, dass die Anlagen nicht nur sicher sind, sondern auch Energie zu einem Preis liefern, den die Abnehmer*innen zu zahlen bereit sind.