Traditionsbetriebe am AbgrundDiese Schweizer Firmen haben ganz oder teilweise dichtgemacht
Von Samuel Walder
24.10.2024
Es scheint gerade, als fegte ein harter Wind viele Schweizer Traditionsunternehmen davon. Immer mehr Unternehmen müssen schliessen oder auf die Sparbremse treten.
Von Samuel Walder
24.10.2024, 04:30
24.10.2024, 13:20
Samuel Walder
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Im Jahr 2024 mussten 3006 Unternehmen in der Schweiz Konkurs anmelden.
Das Firmensterben geht weiter. Einige kämpfen noch um ihr Überleben.
blue News liefert den Überblick über jene Traditionsunternehmen, die ganz oder teilweise schliessen mussten.
Die Wirtschaft auf der Welt wird durch Krieg, Pandemien, Klimawandel und weitere Faktoren immer wieder auf die Probe gestellt. Auch die Schweizer Wirtschaft gerät immer wieder ins Schwanken. Wie das KMU-Portal des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco in einer Analyse zeigt, sind im ersten halben Jahr im Jahr 2024 3006 Unternehmen Konkurs gegangen.
Das grosse Beben kam 2023 mit dem Ende der Credit Suisse. In diesem Jahr mussten weitere Schweizer Traditionsfirmen schliessen. Gründe gibt es verschiedene. blue News zeigt dir, welche elf Unternehmen 2024 ihre Pforten für immer schliessen mussten – oder rigoros sparen müssen.
Schlachtbetrieb O. Braunwalder, Wohlen AG
Der Schlachtbetrieb O. Braunwalder in Wohlen AG schliesst den Betrieb. Das wurde Anfang Jahr kommuniziert. Wie das Unternehmen mitteilte, erhalten die 63 betroffenen Mitarbeitenden ihren Lohn noch bis Ende Januar. Als Gründe für die Schliessung nannte die O. Braunwalder AG den akuten Fachkräftemangel, die gestiegenen Energiekosten sowie den zunehmenden Preisdruck.
Zusätzlich habe die Corona-Pandemie nach wie vor negative Auswirkungen auf den Betrieb, was letztlich dazu führte, dass dieser nicht mehr rentabel weitergeführt werden konnte. «Unter den aktuellen Umständen ist es nicht mehr möglich, profitabel zu arbeiten», so die Mitteilung des Unternehmens.
Der Schlachtbetrieb gehört seit 2013 zur Heba Food Gruppe mit Sitz in Lenzburg AG. Laut der Mitteilung soll jedoch eine Fortführung der sechs Metzgerei-Filialen unter dem Namen einer Schwestergesellschaft in Betracht gezogen werden.
Metallbaufirma Neuweiler, Kreuzlingen TG
Die Metallbaufirma Neuweiler AG in Kreuzlingen TG steht vor dem Aus. Das berichteten Schweizer Medien vor drei Monaten. Der Betrieb, spezialisiert auf grosse Schweisskonstruktionen aus Stahl, Edelstahl und Aluminium, muss Konkurs anmelden. Für die 46 Mitarbeitenden, darunter auch vier Lehrlinge, bedeutet dies das Ende ihrer Anstellung. Grund für die Schliessung sind vor allem die stark gestiegenen Kosten für Strom und Material, die das Unternehmen wirtschaftlich in die Knie zwangen.
Die Neuweiler AG kann auf eine lange Firmengeschichte zurückblicken, die bis ins Jahr 1833 reicht. Doch nun stehen die Maschinen endgültig still, wie das «St. Galler Tagblatt» berichtet. «Es ist ein schlimmes Gefühl, das ich niemandem wünsche», sagt Christian Neuweiler, Verwaltungsratspräsident des Unternehmens. «Schliesslich handelt es sich nicht um irgendeine Firma, sondern um einen alteingesessenen Betrieb.»
Geschenkpapier-Firma Stewo, Wolhusen LU
Nach über 160 Jahren im Geschäft steht der letzte Schweizer Hersteller von Geschenkpapier, Tragtaschen und Geschenk-Bändern Stewo aus Wolhusen vor einem drastischen Schritt: Rund 60 Mitarbeitende sollen entlassen werden, da die Produktion und Logistik eingestellt werden. Das berichteten Medien vor drei Monaten.
Bereits im Mai des letzten Jahres war das Unternehmen gezwungen, erste Stellen abzubauen. Damals versicherte Daniel Schaffo, Marketingchef und Mitglied der Geschäftsleitung, der «Luzerner Zeitung», dass die Zukunft des Betriebs trotz des Stellenabbaus nicht gefährdet sei. Doch der Druck auf das Unternehmen war bereits damals deutlich spürbar. «Die steigenden Kosten für Strom, Papier, Farbe, Lösungsmittel und Transport setzen uns stark unter Druck», erklärte Schaffo.
Um Energiekosten zu senken, wurden die Maschinen des Unternehmens bereits zeitweise für mehrere Wochen abgeschaltet. Trotz dieser Massnahmen und der Entlassung einzelner Mitarbeitender im vergangenen Jahr schien die Zukunft des Unternehmens damals noch gesichert.
Stoffgeschäft Creasphere, Wädenswil ZH
Vor zwei Monaten berichtet blue News: Der traditionsreiche Stoffladen Creasphere schliesst seine Türen. Creasphere, einst Teil der berühmten Seidenweberei Gessner, war die letzte Verbindung zu einer langen Webereitradition. Nun stehen auch die verbliebenen sieben Filialen vor dem Aus. Bis im Herbst werden die Geschäfte in der gesamten Schweiz geschlossen.
Dies markiert das Ende einer fast 200-jährigen Geschichte, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Die Wurzeln der Gessner AG reichen bis ins Jahr 1841 zurück. Die Firma erlangte weltweit Anerkennung durch ihre Stoffproduktion in Wädenswil ZH, bevor sie 2016 als letzte Schweizer Seidenweberei ihre Tore schloss.
Die Creasphere-Läden boten ein breites Sortiment an Näh- und Strickutensilien sowie Einrichtungsberatung an. Doch das Geschäft mit den Einrichtungsberatungen brach in den letzten Jahren massiv ein. «Menschen haben andere Prioritäten, als ihr Zuhause bis auf den letzten Vorhang zu optimieren», erklärte Geschäftsführer Urs Schindler.
Weltbild schliesst alle Filialen
Vor zwei Monaten schreibt blue News: Bereits letzte Woche gab Weltbild Deutschland das Aus bekannt. Nun schliessen auch sämtliche Schweizer Filialen, wie «Züri Today» berichtet. Das Portal bezieht sich dabei auf ein Schreiben des Schweizer Geschäftsführers Anatol Fussi an die Angestellten. Am Mittwoch habe der Traditionsbuchladen Konkurs anmelden müssen.
Fussi müsse eine «sehr schwierige und traurige Nachricht» überbringen, schreibt er. Die Auswirkungen der Pleite in Deutschland seien nun auch am Schweizer Hauptsitz in Wangen bei Olten «unüberwindbar» geworden. Man habe alles versucht, um das Ende abzuwenden.
Die Schliessung erfolgt offenbar unmittelbar: Alle 24 Filialen in der Schweiz schliessen per sofort. Die Mitarbeitenden der Buchhandel-Kette mit fast 90-jähriger Geschichte sind per sofort freigestellt und sollen sich ans RAV wenden. «Wir werden den August-Lohn leider nicht mehr zur Auszahlung bringen können», schreibt Fussi.
Solarunternehmen Meyer Burger, Thun
Dass es um das Photovoltaik-Unternehmen Meyer Burger nicht gut steht, ist schon seit Längerem bekannt. Kürzlich kamen neue Details um das langsame Sterben der Firma ans Licht.
2024 machte das Schweizer Solarunternehmen Meyer Burger eigentlich nur mit Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam. Zuletzt liess die Firma aus Thun Ende August aufhorchen, als einmal mehr umfassende Restrukturierungsschritte angekündigt wurden.
Weil der geplante Aufbau einer Solarzellenfertigung in Colorado Springs derzeit nicht finanzierbar sei, werde der Prozess gestoppt, liess das Unternehmen verlauten. Es ist nicht die erste Kehrtwende von Meyer Burger, deren Führungsetage vor noch nicht allzu langer Zeit die Zellproduktion in Colorado als Teil der Rettung für das angeschlagene Unternehmen dargestellt hatte. Ende 2024 hätte die Produktion starten sollen, nun also der abrupte Stopp.
Im Geschäftsjahr 2023 stand bei Meyer Burger unterm Strich ein Minus von 291,9 Millionen Schweizer Franken. Es ist das zehnte Geschäftsjahr in Folge, das mit roten Zahlen endet. Auch eine Kapitalerhöhung im Frühjahr 2024 scheint nicht gefruchtet zu haben, der Kursverlust der Aktie seit Jahresbeginn beläuft sich auf 96,4 Prozent.
Kasag Swiss AG, Langnau BE
Die Kasag Swiss AG in Langnau, ein Traditionsunternehmen, das auf die Konstruktion und Herstellung von Anlagen für die Lebensmittel-, Chemie- und Pharmaindustrie sowie für erneuerbare Energien spezialisiert ist, wird ihren Betrieb Ende 2025 einstellen.
Trotz intensiver Bemühungen konnte kein alternativer Standort gefunden werden. «Die Suche nach einem neuen Standort sowie die Option eines Neubaus mit potenziellen Investoren blieben ohne zufriedenstellendes Ergebnis», teilt der Verwaltungsrat mit.
Die rund 65 Mitarbeitenden des Unternehmens müssen sich auf das Ende des Betriebs vorbereiten. Als Hauptgründe für die Schliessung nennt der Verwaltungsrat die «geopolitische Lage und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen». Die Fortführung des Unternehmens sowie die notwendigen Investitionen würden ein zu grosses Risiko darstellen, so die Medienmitteilung.
Die Kasag Swiss AG, deren Ursprünge auf die 1929 gegründete Kupferschmiede-Aluminum-Schweisswerk AG zurückgehen, exportiert rund 70 Prozent ihrer Produkte und steht im harten Wettbewerb mit ausländischen Konkurrenten.
Trotz der Herausforderungen betonte Geschäftsführer Thomas Gerber, dass das Unternehmen für das Jahr 2024 gut ausgelastet sei und bereits mehrere Aufträge für 2025 eingegangen seien. «Auch wenn die Stimmung auf Märkten wie Asien oder den USA derzeit zurückhaltend ist, war die Ankündigung der Schliessung für unsere Kunden ein Schock», so Gerber, der kurz vor den anderen Mitarbeitenden über die Schliessung informiert worden war.
Schaerer Medical muss halbe Belegschaft kündigen
Diese Woche verkündeten Medien gleiche mehrere Krisenlagen bei Schweizer Traditionsfirmen. Eine davon bei Schaerer Medical.
blue News schreibt: Die Schaerer Medical AG, ein traditionsreiches Unternehmen mit Sitz in Münsingen BE, musste sich Anfang des Jahres einer finanziellen Sanierung unterziehen. Aufgrund hoher Kosten und niedriger Margen, insbesondere im Exportgeschäft, ging dem Unternehmen das Geld aus, wie die «Berner Zeitung» berichtet.
Die Schaerer Medical AG aus Münsingen BE, ein Traditionsunternehmen mit über 100 Jahren Geschichte, musste Anfang des Jahres eine finanzielle Sanierung einleiten. Wie die «Berner Zeitung» berichtet, geriet das Unternehmen aufgrund hoher Kosten und niedriger Margen, vor allem im Exportgeschäft, in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten.
Im Februar dieses Jahres trennte sich Schaerer Medical von rund der Hälfte seiner Belegschaft und beantragte eine Nachlassstundung. Diese wurde nun im Oktober von einem Gericht endgültig genehmigt. Das Unternehmen hat damit sechs Monate Zeit, um sich zu stabilisieren und einen Weg aus der Krise zu finden.
Schaerer Medical, bekannt für die Entwicklung von Operationstischen, steht vor grossen Herausforderungen auf dem globalen Markt. Um wieder rentabel zu werden, hat das Unternehmen bereits sein Produktsortiment verkleinert. Aktuell sucht die Firma nach einem neuen Eigentümer, der bereit ist, die notwendigen Investitionen zu tätigen, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern.
Die kommenden Monate werden entscheidend sein, ob die Schaerer Medical AG ihren Betrieb fortsetzen kann.
Stahlhersteller Swiss Steel
Der Emmenbrücker Stahlhersteller Swiss Steel steckt in einer schweren finanziellen Krise. Hauptaktionär Martin Haefner musste im Frühjahr 300 Millionen Franken einschiessen, um das Unternehmen zu stützen. Seither hat sich die Lage dramatisch verschlechtert, wie die «Sonntagszeitung» weiss.
Der Börsenwert sank innerhalb von sechs Monaten um mehr als 75 Prozent, und das Kapital aus der Erhöhung ist bereits verbrannt. Ein Grossteil der Leute arbeitet laut der «Sonntagszeitung» in Kurzarbeit.
Die Probleme bei Swiss Steel sind eng mit der Krise der europäischen Autoindustrie verbunden, insbesondere in Deutschland, wo das Unternehmen starke Einbussen verzeichnet. Die Werke in Deutschland arbeiten weit unter Kapazität und die Nachfrage nach Stahl sinkt weiter.
Verpackungsunternehmen Neopac AG
Die Hoffmann Neopac AG streicht in Thun 37 Vollzeitstellen. Das Verpackungsunternehmen verlagert die Arbeitsstellen in die Niederlande, wie es am Dienstag mitgeteilt hat.
Gründe für die Verlagerung von insgesamt drei Dosenproduktionslinien seien der Verlust wichtiger Kunden in der Schweiz und die ungünstige Entwicklung des Euro-Wechselkurses. Diese belasten die Kosten am Standort Gwatt in Thun, wie das Unternehmen in einer Mitteilung schrieb.
Die 37 Vollzeitstellen werden voraussichtlich bis Ende Jahr abgebaut. Wie viele Mitarbeitende genau betroffen sein werden, konnte eine Sprecherin auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA nicht sagen. Bis zum 13. November läuft ein Konsultationsverfahren mit der Personalkommission, um Vorschläge und Ideen zur Milderung der Auswirkungen auf das Personal einzubringen.
Migros
Die Migros kündigte bereits Anfang Jahr an, die Fachmärkte zu schliessen oder zu verkaufen. Schon jetzt ist in einigen Einkaufszentren oder Shoppingstrassen in der Schweiz spürbar, dass hie und da eine Migros-Tochter fehlt.
Alles, was nicht zum Kerngeschäft gehört, soll verkauft werden. Zum Kerngeschäft werden neben dem Supermarktgeschäft auch die Bereiche Finanzen (Migros Bank) und Gesundheit (Medbase) gezählt.
Melectronics: Seit Mitte Juni steht fest: Media Markt wird 20 Standorte des Elektronikfachhändlers Melectronics übernehmen. Für die übrigen Filialen des Unternehmens ist hingegen das Ende besiegelt. Diese werden schrittweise bis Ende November geschlossen. Die Übernahme markiert einen bedeutenden Schritt im Schweizer Elektronikhandel und wird die Marktstellung von Media Markt weiter stärken.
SportX: In einer Mitteilung der Migros geht heraus, dass die Dosenbach-Ochsner Gruppe 27 Standorte des Migros-Fachmarkts SportX übernimmt. 24 Standorte werden unter der Marke Ochsner Sport, 3 Standorte unter der Marke Dosenbach weitergeführt. Alle Mitarbeitenden der betroffenen Filialen werden übernommen. Die Lernenden aller Filialen von SportX können ihre Ausbildung nahtlos bei Ochsner Sport weiterführen. Für die weiteren 22 der insgesamt 49 SportX-Filialen der Migros laufen derzeit Verhandlungen mit verschiedenen weiteren Interessenten. Die Übernahme der Filialen steht unter dem Vorbehalt der Prüfung durch die Weko.
Micasa, Bike World und Do it + Garden: Im Juni wird neu zum Verkauf zudem das Möbelhaus Micasa, der Velohändler Bike World und die Baumarktkette Do it + Garden angeboten. Da ist noch unklar, welches Unternehmen diese Fachmärkte der Migros kaufen wird.
Hotelplan: Auch das Reisegeschäft der Migros soll verkauft werden. Das Reisegeschäft erweist sich als margenschwach: Hotelplan erzielte 2023 bei einem Umsatz von 1,7 Milliarden Franken lediglich 27 Millionen Franken Gewinn. Zusätzlich müssen Reiseveranstalter im Voraus Dienstleistungen wie Flüge, Unterkünfte und Transporte buchen, um Verfügbarkeiten und attraktive Preise zu sichern. Bei Hotelplan belaufen sich diese Vorauszahlungen auf rund 200 Millionen Franken pro Jahr. Die Corona-Krise verdeutlichte das Risiko des Reisegeschäfts, als die Migros als Mutterkonzern einspringen musste. Hotelplan schuldet der Migros noch rund 100 Millionen Franken aus dieser Zeit.