Bund halbiert Wertfreigrenze «Die Detailhändler sollen endlich ihre Hausaufgaben machen»

Von Sven Ziegler

16.10.2024

Die Warenfreigrenze für Schweizer Einkaufstouristen wird halbiert.
Die Warenfreigrenze für Schweizer Einkaufstouristen wird halbiert.
Bild: Keystone

Ab Januar dürfen Einkaufstouristen nur noch für 150 statt 300 Franken steuerfrei einkaufen. Während sich die Detailhändler freuen, kommt die Reduktion der Wertfreigrenze beim Konsumentenschutz nicht gut an.

Von Sven Ziegler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ab Januar dürfen Einkaufstouristen nur noch für 150 statt 300 Franken steuerfrei einkaufen.
  • Das hat der Bundesrat am Mittwoch beschlossen.
  • Während sich die Detailhändler freuen, kommt die Reduktion der Wertfreigrenze beim Konsumentenschutz nicht gut an.

Die Wertfreigrenze sinkt – und zwar schneller als erwartet. Bereits ab dem 1. Januar dürfen Einkaufstouristen nur noch Waren für 150 Franken unversteuert über die Grenze mitnehmen. Bislang liegt die Grenze bei 300 Franken pro Person. 

Diese Halbierung macht vor allem dem hiesigen Detailhandel Freude. Denn durch die Massnahmen wird der Einkaufstourismus im grenznahen Ausland eingeschränkt. «Für den Schweizer Detailhandel ist die beschlossene Massnahme ein Schritt in die richtige Richtung», heisst es bei der Vereinigung der grössten Detailhändler auf Anfrage von blue News. Die hohe Mehrwertsteuer-Wertfreigrenze verschaffe Händlern im angrenzenden Ausland einen Wettbewerbsvorteil und mache Grosseinkäufe im Ausland attraktiv, so die IG Detailhandel. 

Auch Dagmar Jenni von der Swiss Retail Federation begrüsst den Entscheid. «Das heutige System – der Verzicht auf die Mehrwertsteuer bei der Einfuhr von Einkäufen von Personen, die im benachbarten Ausland für weniger als 300 Franken kaufen, während sie die bezahlte ausländische Mehrwertsteuer zusätzlich zurückfordern können – setzt nicht nur falsche Anreize, sondern subventioniert faktisch den ausländischen Detailhandel», ist Jenni überzeugt. «Diese steuerliche Ungleichbehandlung von In- und Auslandkonsum ist für den Schweizer Detailhandel, insbesondere in den Grenzregionen, ein grosses Ärgernis und fällt auch volkswirtschaftlich mit über 10 Milliarden Franken – rund 10 Prozent des Schweizer Detailhandelsumsatzes – schwer ins Gewicht.»

Keine Freude beim Konsumentenschutz

Für Jenni dürfte der Bundesrat denn auch sogar noch weitergehen. «Wir hätten uns eine weitere Reduktion gewünscht: Erst mit einer Senkung auf 50 Franken wären effektiv gleich lange Spiesse für alle Marktteilnehmer sichergestellt, was wiederum den Einkaufstourismus nachhaltig reduzieren würde», so die Direktorin der Swiss Retail Federation. Auch die IG Detailhandel stösst ins gleiche Horn: «Vollständige steuerliche Gleichbehandlung würde erst vorliegen, wenn die Wertfreigrenze dem Betrag der Bagatellgrenze des jeweiligen Nachbarlandes entsprechen würde», heisst es auf Anfrage.

Für den Konsumentenschutz ist die Senkung «reine Symptombekämpfung». 
Für den Konsumentenschutz ist die Senkung «reine Symptombekämpfung». 
Bild: Keystone

Weniger gut kommt die Reduktion beim Konsumentenschutz an. Geschäftsleiterin Sara Stalder spricht gegenüber blue News von einer Abschottung des Markts für Schweizer Konsument*innen. «Mit dieser Regelung wird dem hiesigen Detailhandel jeglicher Anreiz genommen, seine Produktpreise und Margen zu senken», sagt Stalder.

Die Senkung der Zollfreigrenze bezeichnet sie als «reine Symptombekämpfung». Zudem bringe sie unverhältnismässig viel Aufwand für die Zollbehörden. Viel eher, so Stalder, solle man den Hebel bei den Schweizer Preisen ansetzen. «Der Detailhandel soll endlich seine Hausaufgaben machen und die überfälligen Preissenkungen umsetzen», so die Geschäftsleiterin. Laut ihr wären Senkungen aufgrund der gesetzlichen Anpassungen längst möglich. «Stattdessen lässt der Handel über die Politik den Markt für die Konsumentinnen und Konsumenten abschotten, damit er die Hochpreisstrategie weiterführen kann.»