Mängel bei QualitätskontrolleZweiter Boeing-Whistleblower stirbt nach kurzer Krankheit
tgab
3.5.2024
Joshua Dean warnte vor Mängeln bei der Herstellung des Flugzeugtyps 737-Max. Letzten Dienstag starb er nach kurzer Krankheit im Spital – der zweite Boeing-Whistleblower, der in diesem Jahr aus dem Leben schied.
tgab
03.05.2024, 20:35
Gabriela Beck
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Flugzeughersteller Boeing hat Probleme mit seinem Flugzeugtyp 737-Max. Das Modell ist in mehrere Vorfälle verwickelt.
Mehrere Mitarbeitende haben immer wieder auf Produktionsfehler und Mängel bei der Qualitätskontrolle hingewiesen.
Nun ist ein Boeing-Whistleblower nach Atemwegsproblemen verstorben – der zweite dieses Jahr.
Joshua Dean, der als Qualitätsprüfer beim Boeing-Zulieferer Spirit AeroSystems arbeitete und auf Produktionsfehler bei der Herstellung der Max-737 hinwies, verstarb am Dienstag im Spital nach kurzem Kampf mit multiresistenten Bakterien an einer Lungenentzündung.
Ihr Neffe sei 45 Jahre alt gewesen, bei guter Gesundheit und er habe sich durch einen gesunden Lebensstil ausgezeichnet, berichtete seine Tante Carol Parsons der «Seattle Times». Er sei zwei Wochen nachdem er mit Atemproblemen ins Spital eingeliefert wurde dort in kritischem Zustand verstorben.
Dean ist der zweite Boeing-Whistleblower, der dieses Jahr starb. Er hatte in einer Aktionärsklage gegen seinen Arbeitgeber Spirit ausgesagt und ausserdem eine Beschwerde bei der Federal Aviation Administration (FAA) eingereicht, in der er «schwerwiegendes und grobes Fehlverhalten des leitenden Qualitätsmanagements der 737-Produktionslinie» bei Spirit anprangerte.
Dean wurde im April 2023 von Spirit entlassen und reichte beim Arbeitsministerium eine Beschwerde ein, in der er behauptete, seine Entlassung sei eine Vergeltung für das Vorbringen von Sicherheitsbedenken gewesen.
Tödliche Abstürze und fehlende Befestigungsbolzen
In den Jahren 2018 und 2019 waren zwei Flugzeuge des Typs 737-Max in tödliche Abstürze verwickelt, bei denen 346 Menschen ums Leben kamen.
Bei einem Zwischenfall Anfang Januar brach bei einer 737-9 Max von Alaska Airlines kurz nach dem Start im Steigflug ein Rumpf-Fragment heraus. Die mehr als 170 Menschen an Bord kamen glimpflich davon, allerdings waren die beiden Sitze in der Nähe des Lochs im Rumpf auch durch einen glücklichen Zufall leer geblieben.
Die Unfallermittlungsbehörde NTSB geht nach bisherigen Untersuchungen davon aus, dass vier Befestigungsbolzen an dem herausgebrochenen Rumpfteil fehlten. Alle anderen Maschinen des Typs wurden zunächst für mehrere Wochen stillgelegt, durften aber nach Inspektionen wieder fliegen.
«Keine Sicherheitskultur» bei Boeing
Dean wurde von derselben Anwaltskanzlei vertreten, die den Boeing-Whistleblower John «Mitch» Barnett vertrat.
Der 62-jährige Barnett wurde im März tot aufgefunden. Er hatte sich allem Anschein nach selbst erschossen. Barnett arbeitete fast drei Jahrzehnte bei Boeing. Im Jahr 2019 berichtete er der «New York Times», dass er über der Verkabelung der Flugsteuerung «Metallsplitter» gefunden habe, die «katastrophale» Schäden hätten anrichten können, wenn sie in die Leitungen eingedrungen wären. Er behauptete, das Management habe seine Beschwerden ignoriert und ihn in einen anderen Teil des Werks versetzt. Fast zwei Monate später dauern die polizeilichen Ermittlungen zu seinem Tod noch an.
Im vergangenen Monat habe ein weiterer Boeing-Whistleblower, Sam Salehpour, dem Kongress mitgeteilt, dass es bei Boeing «keine Sicherheitskultur» gäbe, schreibt der «Guradian». Der Mann habe behauptet, dass Mitarbeitende, die Alarm geschlagen hätten, «ignoriert, ausgegrenzt, bedroht und ins Abseits gedrängt» worden seien. Er sagte, er habe Angst vor «körperlicher Gewalt», nachdem er seine Bedenken öffentlich geäussert habe.
Die US-Aufsichtsbehörden ermitteln nun gegen Boeing, nachdem im Januar bei einer Mschine des Flugzeugtyps 737-9 Max die Türverkleidung in der Luft geplatzt war. Reuters berichtete letzten Monat, dass das Justizministerium derzeit abwägt, ob Boeing gegen eine Vereinbarung verstossen hat, die das Unternehmen wegen der tödlichen Abstürze in den Jahren 2018 und 2019 vor strafrechtlicher Verfolgung schützte.