Milliardär stirbt bei Jachtuntergang Wer war Mike Lynch? 

Von Michael Liedtke und Kelvin Chan, AP

23.8.2024 - 00:00

Mike Lynch wird von Boulevardmedien in seiner Heimat gern als «britischer Bill Gates» bezeichnet. (Archivbild)
Mike Lynch wird von Boulevardmedien in seiner Heimat gern als «britischer Bill Gates» bezeichnet. (Archivbild)
Bild: Keystone/Yui Mok/PA Wire

Er wurde mit Bill Gates und Steve Jobs verglichen. Ein Jachtaufenthalt vor Sizilien kostete ihn das Leben. Der Verkauf seines Softwareunternehmens 2011 hatte Mike Lynch in die Bredouille gebracht.

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  • Der Tech-Tycoon Mike Lynch ist beim Untergang einer Jacht vor Sizilien ums Leben gekommen.
  • Der als Visionär bezeichnete Lynch kam zu Reichtum, als er den von ihm 1996 mitgegründeten Software-Hersteller Autonomy an Hewlett-Packard verkaufte.
  • Allerdings entwickelte sich der Deal zum Desaster für den Briten. Ihm wurde vorgeworfen, Bilanzen gefälscht zu haben, um den Verkauf über die Bühne zu bringen.

Ein Silicon-Valley-Fall hatte seinem Ansehen als Ikone des britischen Erfindergeists geschadet, beim Untergang einer Jacht vor Sizilien kam er ums Leben. Der Tod des 59-jährigen Mike Lynch wurde am Donnerstag von der italienischen Küstenwache bestätigt.

2011 hatte Lynch den von ihm 1996 mitgegründeten Software-Hersteller Autonomy für elf Milliarden Dollar an Hewlett-Packard verkauft. Doch der Deal entwickelte sich zum Desaster für ihn: Ihm wurde vorgeworfen, Bilanzen gefälscht zu haben, um den Verkauf über die Bühne zu bringen. Die damalige HP-Chefin Meg Whitman entliess Lynch. Erst im Juni wurde Lynch von strafrechtlichen Vorwürfen in den USA freigesprochen.

«Instrumentale Galionsfigur der Technologieszene»

Vor seinem Streit mit HP hatte Lynch als Visionär gegolten – einige beschrieben ihn als britische Version von Microsoft-Co-Gründer Bill Gates und Apple-Co-Gründer Steve Jobs. Lynch war als wissenschaftlicher und technologischer Berater für zwei Premierminister tätig. Er gründete auch die Venturecapital-Firma Invoke Capital, die in die KI-Plattform Luminance investierte.

Lynch sei «eine instrumentale Galionsfigur der Technologieszene von Cambridge», sagte sein Freund Brent Hoberman, der frühere Geschäftsführer der Reisewebseite lastminute.com. Lynch habe britischen Unternehmern dabei geholfen, ihre Erfindungen einem globalen Publikum näher zu bringen, sagte Hoberman der BBC.

Der britische Tech-Magnat Mike Lynch betritt im März diesen Jahres das Bundesgericht in San Francisco  
Der britische Tech-Magnat Mike Lynch betritt im März diesen Jahres das Bundesgericht in San Francisco  
Bild: Keystone/AP Photo/Michael Liedtke

Auslieferung in die USA

Lynch war von Grossbritannien an die USA ausgeliefert worden, um wegen des Vorwurfs des massiven Betrugs gegenüber HP vor Gericht gestellt zu werden. Lynch bestritt vehement ein Fehlverhalten. Er sagte, er werde zum Sündenbock für Patzer von HP gemacht. Diese Position vertrat er auch während eines zweieinhalb Monate langen Prozesses in San Francisco in diesem Jahr. Der Prozess endete zu seinen Gunsten, Lynch kündigte an, nach Grossbritannien zurückzukehren und sich wieder der Innovation zu widmen.

Zwar entging Lynch einer möglichen Gefängnisstrafe, doch gab es noch ein zivilrechtliches Verfahren in London gegen ihn. HP hatte dieses Verfahren 2022 grösstenteils gewonnen. Über die zu zahlende Entschädigung in dem Fall war vor Lynchs Tod noch nicht entschieden worden. HP hat vier Milliarden Dollar gefordert. Lynch hatte mit dem Verkauf von Autonomy mehr als 800 Millionen Dollar verdient.

Das US-Magazin «Forbes» schätzte das Vermögen von Lynch 2015 auf eine Milliarde Dollar. Im aktuellen Jahr gab die britische Zeitung «The Sunday Times» das Vermögen von Lynch und dessen Frau Angela Bacares mit 500 Millionen Pfund an.

Spätabends kalte Pizza

Lynch studierte an der britischen University of Cambridge Mathematik. Seine Firma Autonomy entwickelte eine Suchmaschine, die E-Mails und andere interne Geschäftsdokumente durchgehen konnte, um schneller wichtige Informationen zu finden. In den Monaten vor dem Vertragsabschluss gab HP den Wert von Autonomy mit 46 Milliarden Dollar an, wie aus Beweismaterial hervorgeht, das im Prozess gegen Lynch vorgelegt wurde.

Im Prozess wurden zwei gegensätzliche Darstellungen von Lynchs Charakter präsentiert. Die Staatsanwaltschaft beschrieb Lynch als knallharten Boss, der davon besessen gewesen sei, Einnahmeziele zu erreichen, auch wenn dazu Betrug notwendig gewesen sei. Die Verteidigung stellte Lynch hingegen als Unternehmer von Integrität und als Technologie-Nerd dar, der gerne spätabends kalte Pizza gegessen habe, während er über Möglichkeiten der Innovation nachgedacht habe.

Von Michael Liedtke und Kelvin Chan, AP