«Warnung für die Welt» Was heisst die Glutofen-Hitze in Thailand für den Sommer hier?

gbi

15.5.2023

In der thailändischen Hauptstadt Bangkok trotzen die Menschen der Hitze mit Schirmen und Hand-Ventilatoren. Aufnahme vom 28. April 2023.
In der thailändischen Hauptstadt Bangkok trotzen die Menschen der Hitze mit Schirmen und Hand-Ventilatoren. Aufnahme vom 28. April 2023.
Bild: EPA

Die Menschen in Südostasien leiden unter einer Hitzewelle. Lassen sich daraus Rückschlüsse für den Schweizer Sommer ziehen? Kaum, sagt ein Klimatologe. Aber der Trend zeige auch hierzulande nur in eine Richtung.

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Keine Zeit?  blue News fasst für dich zusammen

  • Die Länder Südostasiens schwitzen bei einer hartnäckigen Hitzewelle mit Rekordtemperaturen von über 40 Grad.
  • Dies sei auch ein Vorbote dafür, wie der Sommer auf der Nordhalbkugel werde, berichtet eine thailändische Zeitung.
  • Ein Klimatologe kann diesen Zusammenhang nicht 1:1 bestätigen, aber auch für ihn ist klar: Dass in der Schweiz künftig häufiger 40 Grad erreicht würden, sei «nur logisch». 

Das Wetter in der Schweiz ist zwar gerade eher nass für die Jahreszeit. Doch in einer anderen Ecke der Welt leiden die Menschen unter einer aussergewöhnlich starken Hitzewelle.

In Vietnam wurde am vergangenen Wochenende mit 44,2 Grad eine neue Rekordtemperatur gemessen. Laos vermeldete mit 43,5 Grad ebenfalls einen neuen Allzeit-Hitzerekord – der letzte hatte laut CNN nur einen Monat lang Bestand. Auch auf den Philippinen: Hitzerekord, 49 Grad. Genauso schmachten die Menschen in Thailand vielerorts bei über 40 Grad.

«Nach zwei Minuten waren wir nass geschwitzt»

Davon kann blue-News-Redaktor Manuel Kellerhals, der gerade aus den Thailand-Ferien zurückgekehrt ist, ein Lied singen. «Bangkok fühlt sich derzeit an wie ein Glutofen. Wenn man die gekühlten Räume der Hotels, Restaurants und Läden verlässt, wird man von der Hitze erschlagen wie von einer Wand», berichtet er. An einen entspannten Strassenbummel war so nicht zu denken. «Nach zwei Minuten waren wir nass geschwitzt.»

Nun ist Südostasien weit weg. Doch was aus Schweizer Warte aufhorchen lässt: Die Extremhitze in Südostasien sei ein «unheilvolles Zeichen» dafür, was auch der Nordhalbkugel diesen Sommer blühe, schreibt die «Bangkok Post» mit Verweis auf Meteorologen. Es ist gar von einer «Warnung für die Welt» die Rede.

Uneingeschränkt unterschreiben können die Expert*innen von Meteoschweiz, dem Bundesamt für Meotorologie und Klimatologie, diese Aussage jedoch nicht: Die Wirkung von sogenannten Fernkoppelungen werde wissenschaftlich immer noch nicht richtig verstanden, heisst es auf Anfrage von blue News.

Effekt schwächt sich über weite Distanz ab

Die meteorologischen Einflüsse aus Südostasien würden über eine lange Distanz so weit abgeschwächt, dass sie in weit entfernten Regionen – wie etwa in Europa – kaum mehr wahrgenommen würden. «Es ist also nicht auszuschliessen, dass die aktuelle extreme Wetterlage in Südostasien über die allgemeine Zirkulation der globalen Atmosphäre Einfluss nimmt auf die kommende Witterung in Europa. Aber wirklich nachweisen lässt sich das nicht», so die Antwort von Meteoschweiz.

El Niño dürfte neue Hitzerekorde bringen

  • Die extreme Hitze in Südostasien lässt sich zu einem Teil auch durch das Wetterphäneomen El Niño erklären. El Niño und sein Gegenstück La Niña begünstigen Extremwetter in vielen Weltregionen. El Niño treibt die globale Durchschnittstemperatur in die Höhe, während La Niña einen kühlenden Effekt hat. Sie tauchen abwechselnd alle paar Jahre auf. Laut der Weltwetterorganisation WMO deutet vieles darauf hin, dass nun wieder die aufheizende Variante zum Tragen kommt: Die Wahrscheinlichkeit für El Niño liege für die Periode Juni bis August bei 70 Prozent, für Juli bis September bei 80 Prozent. Die Folgen wären eine höhere globale Durchschnittstemperatur und eine höhere Wahrscheinlichkeit von neuen Hitzerekorden. (sda)

Ganz unabhängig von der aktuellen Hitzewelle in Südostasien besteht jedoch ein längerfristiger Trend: Die Klimaerwärmung heizt auch die Schweiz merklich auf. Die 40-Grad-Marke wurde auch hierzulande bereits geknackt, und zwar im Hitzesommer 2003 in Grono in Südbünden. 41,5 Grad heiss war es damals im Misox.

Die durchschnittliche Jahrestemperatur in der Schweiz steigt kontinuierlich an. Seit Beginn der Aufzeichnungen in den 1960er-Jahren war jedes Jahrzehnt wärmer als das vorherige. Die sieben wärmsten Jahre wurden zudem allesamt nach 2010 gemessen.

40 Grad wurden auch schon in der Schweiz erreicht

Auch die Hitzetage mit Temperaturen von 30 Grad und mehr häufen sich, wie ein Blick auf die Messreihe der Messstation Zürich-Fluntern zeigt. Die gestrichelte rote Linie stellt den Trend über die gesamte Zeitreihe dar.

Hitzetage mit 30 Grad und mehr, gemessen in Zürich-Fluntern. Die gestrichelte Linie gibt den langjährigen Trend an.
Hitzetage mit 30 Grad und mehr, gemessen in Zürich-Fluntern. Die gestrichelte Linie gibt den langjährigen Trend an.
Grafik: MeteoSchweiz

Extremhitze dürfte daher künftig öfter auftreten. «Wenn schon die durchschnittliche Saisontemperatur immer weiter nach oben klettert, jagt es auch die höchsten Werte auf ein immer höheres Niveau», erklärt Klimatologe Stephan Bader von Meteoschweiz. «Dass so auch Temperaturen von 40 Grad künftig häufiger erreicht werden, ist damit nur logisch.»

Temperaturen um die 40-Grad-Marke seien körperlich grundsätzlich aushaltbar. «Die Menschen in Indien, aber zum Beispiel auch in Süditalien haben ja Erfahrung damit», so Bader. Das Problem sei eher, dass eine lang anhaltende Hitzeperiode in unserer ressourcenintensiven Gesellschaft Probleme für die Wasserversorgung und die Landwirtschaft nach sich ziehe.