KlimakriseDas Meer ist so warm wie nie seit Messbeginn
smi
5.5.2023
Im April haben die Ozeane eine neue Höchsttemperatur erreicht. Die 21,1 Grad Celsius, lokal über 30 Grad, schaden Fischen, Korallen und dem Klima. Denn die Meere sind die Klimaanlage der Atmosphäre.
smi
05.05.2023, 20:18
smi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Mehr als 21 Grad warm war die Wassertemperatur in den Weltmeeren im April. Das ist ein neuer Rekordwert.
Ein Biologe zeigt sich besorgt. Er spricht von ungewöhnlich vielen lokalen Unterwasser-Hitzewellen.
Im Mittelmeer lag die Temperatur 5 Grad in diesem Jahr zeitweise über dem langjährigen Mittelwert.
21,1 Grad Celsius. So warm waren die Ozeane im Durchschnitt im April. Und so warm waren sie noch nie, seit Messstationen diese Werte global ermitteln. Beginn der Messreihe: 1981.
Normalerweise sinkt der Temperatur-Durchschnitt ab Mitte März, am wärmsten sind die Ozeane im Februar. Ungeachtet der globalen Erwärmung zeigt sich dieses Muster seit 1880. 2023 ist sie nach Mitte März gestiegen wie kaum je zuvor. Den Höhepunkt erreichte sie in der ersten Aprilwoche. Seither nähert sich die Temperatur den Vorjahreswerten an, liegt aber immer noch klar darüber.
«Das ist auf jeden Fall bemerkenswert bis bedenklich», zitiert «Der Spiegel» Thorsten Reusch, Biologe am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Kleinste Veränderungen der Wassertemperatur könnten das globale Klima durcheinanderwirbeln, erklärt er. Er gibt zu bedenken, dass die Wassertemperaturen lokal mehr als 30 Grad erreichen können.
Kommt El Niño, wird's noch heisser
Tatsächlich zeigen genauere Messungen diverse marine Hitzewellen: im südlichen Indischen Ozean, im Südatlantik, vor Nordwestafrika, um Neuseeland, vor dem Nordosten Australiens und westlich von Mittelamerika. Sean Gupta, der diese Temperaturextreme in den Ozeanen erforscht, erklärt: «Es ist ungewöhnlich, dass so viele extreme marine Hitzewellen zur gleichen Zeit auftreten.»
Der neue Temperaturrekord löst den Höchstwert aus dem Jahr 2016 ab. Dazwischen lagen mehrere Jahre mit El Niña. Dieses Wetter-Phänomen bringt Abkühlung. Laut Meteorolog*innen kehrt mit achtzigprozentiger Wahrscheinlichkeit 2023 der Hitze bringende El Niño mit zurück.
Die Meerestemperaturen nehmen das bereits vorweg, und das hat Folgen im Wasser und an Land. Fische weichen in kühlere Regionen aus, was die Artenvielfalt verändert. Zudem werden Fische weniger gross. Laut dem Biologen Reusch um 3 Prozent pro Grad.
Die Ozeane kühlen die Atmosphäre
Ab 30 Grad Wassertemperatur beginnen die Korallen auszubleichen und abzusterben. Das sei in den letzten Jahren besonders im Mittelmeer geschehen, dessen Temperatur zeitweise 5 Grad Celsius über dem langjährigen Schnitt gelegen habe.
Das Meer ist aber auch ein globaler Wärmepuffer und laut Reusch der grösste Energielieferant der Atmosphäre. Wenn diese Energie durch stärkere Verdunstung frei wird, gibt es häufiger Taifune und Hurrikane. Auch Starkregen und Überschwemmungen würden häufiger, so der Forscher, denn warme Luft kann mehr Feuchtigkeit speichern. Und die gibt sie früher oder später wieder in Form von Regen ab.
Reusch bezeichnet die Wassermasse der Ozeane, die 70 Prozent der Erdoberfläche bedecken, als Klimaanlage der Welt. «Und die läuft gerade heiss», folgert er.