«Ich bin Maddie» Laut Schweizer Experten für Gesichtserkennung kann man sich den DNA-Test sparen 

uri

22.2.2023

Eine 21-jährige Polin behauptet in den sozialen Medien, sie sei die 2007 entführte Maddie McCann. Mit einem DNA-Test will die junge Frau die Richtigkeit ihrer Aussage belegen. Experten halten den aber gar nicht für nötig.

uri

22.2.2023

«Ich bin Madeleine McCann» lautet der Profilname der 21-jährigen Julia Faustyna auf Instagram. Bereits über eine halbe Million Menschen folgen ihr hier und einzelne Videos wurden schon bis zu 2,5 Millionen Mal angeschaut.

Mit verschiedenen Fotos und Erinnerungen will die 21-Jährige den Beweis antreten, dass sie die im Mai 2007 in Portugal verschwundene Maddie ist. Auf den Bildern zeigt sie beispielsweise ein sogenanntes Kolobom, ein Augenfleck, den sie an der gleichen Stelle wie Maddie hat. Auch ein Muttermal am Bein zeigt offenbar grosse Ähnlichkeit.

Experten für Gesichtserkennung halten unterdessen nicht viel von demonstrierter Ähnlichkeit mit Maddie. «Es ist nahezu ausgeschlossen, dass diese Frau Maddie McCann ist», sagte etwa Christian Fehrlin, der Gründer und CEO des Schweizer Herstellers von Gesichtserkennungssoftware Ava-X, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Mehr Ähnlichkeiten mit Shinzo Abe als mit Maddie

Für den Befund hat Fehrlin relevante Fotos von Madeleine McCann und Julia in seine Software hochgeladen, die deutliche Ergebnisse brachte, wie RND berichtet. Sie habe etwa eine grössere Ähnlichkeit zwischen Maddie und dem ehemaligen japanischen Premierminister Shinzo Abe erkannt als zwischen Maddie und Julia.

Das Programm habe zudem festgestellt, dass bei den beiden Personen die Nasenpartie, Augenbrauen und auch der Abstand der Augen nicht übereinstimme. Laut Fehrlin habe seine Software eine Genauigkeit von 99,83 Prozent. Deshalb könne man sich auch den von der Polin angestrebten DNA-Test sparen, so der Experte.

Zu dieser Einsicht ist laut verschiedenen Medienberichten auch die Londoner Polizei Scotland Yard gekommen, die auch weiterhin im Fall Maddie ermittelt.

Scotland Yard sieht Ungereimtheiten

Die Behörde gab laut dem spanischen Nachrichtenportal «as» bekannt, man glaube den Angaben von Julia nicht und werde deshalb auch keinen DNA-Vergleich machen. Zudem sieht die Polizei Ungereimtheiten beim Alter: Demnach wäre Maddie, so sie noch lebt, heute 19 Jahre alt und damit zwei Jahre jünger als Julia.

Für die britischen Beamten ist es laut dem Bericht fraglos, dass die Polin falsche Behauptungen aufstellt. Ebenfalls soll die Polizei laut dem Bericht eine Software eingesetzt haben, mit der die Alterung des Gesichts von Maddie mit dem heutigen von Julia verglichen werden konnte.

Nach einer Analyse seien die Ermittler zum Schluss gekommen, dass Julia und Madeleine McCann nur wenig Ähnlichkeiten hätten. Bei Scotland Yard geht man zudem ohnehin weiter davon aus, dass Madeleine McCann bereits am Tag ihres Verschwindens starb.

Verdächtiger sitzt in Deutschland in Haft 

Das britische Mädchen Madeleine «Maddie» McCann war am 3. Mai 2007 kurz vor ihrem vierten Geburtstag aus der Wohnung ihrer Familie in einer Ferienanlage an der südportugiesischen Algarve-Küste verschwunden, während ihre Eltern in einem Restaurant zu Abend assen. Trotz grossangelegter internationaler Fahndungen und zahlreicher Aufrufe ihrer Eltern wurde der Fall nie aufgeklärt, von Maddie fehlt bis heute jede Spur.

Im Juni 2020 trat dann eine überraschende Wendung ein: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig gab bekannt, dass sie in dem Fall Mordermittlungen gegen den Deutschen Christian B. führt. Er ist wegen Sexualdelikten vorbestraft und lebte von 1995 bis 2007 regelmässig an der Algarve. Mittlerweile ist er in Oldenburg wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen Touristin im portugiesischen Ferienort Praia da Luz in Haft.

Mit Material der Nachrichtenagentur AFP