Trinkwasser-Qualität angeordnet Duschwasser-Dekret erhitzt die Gemüter in Italien

tbz

20.3.2024

Fliesst an den Strandduschen in Italien bald kein Wasser mehr?
Fliesst an den Strandduschen in Italien bald kein Wasser mehr?
Bild: IMAGO/Pond5 Images

Wenige Monate vor Start der Sommersaison erhitzt ein Dusch-Dekret die Gemüter in Italien. Künftig soll an allen Stränden des Landes Trinkwasser aus den Duschbrausen schiessen. Für viele private Betreiber ein Problem.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein Streit ums Duschwasser erhitzt in Italien die Gemüter.
  • Ein neues Dekret der Regierung um Giorgia Meloni sieht vor, dass Duschen an italienischen Stränden nur noch mit Trinkwasser betrieben werden dürfen.
  • Die privaten Betreiber der Strände weigern sich und drohen damit, den Duschbetrieb im Sommer ganz einzustellen.

Noch herrscht Ruhe an den Stränden Italiens. Doch schon bald kommt die Sommersaison mit ihren Millionen Badegästen, die an den Küsten unseres südlichen Nachbarlands nach einer erfrischenden Abkühlung lechzen. Nicht wenige davon reisen aus der Schweiz an.

Die Strandferien in Italien drohen dieses Jahr aber ein salziges und klebriges Erlebnis zu werden. Vielen Gästen könnte nämlich der Zugang zu Strandduschen verwehrt bleiben – selbst wenn sie für ihre Liegestühle oder den Eintritt an den Strand bezahlen.

Das Problem: Den italienischen Strandbetreibern droht ein Wettlauf gegen die Zeit. Ein neues Dusch-Dekret der Regierung um Gorgia Meloni schreibt «zum Schutz der Gesundheit der Badegäste» vor: Wasser, das mit Menschen in Berührung kommt, muss «für den menschlichen Gebrauch bestimmt» sein. Soll heissen: An allen Stränden und in allen Bädern des Landes darf künftig nur noch Trinkwasser aus den Duschbrausen spritzen.

«Ein potenzielles Versorgungsrisiko»

Das Dekret erhitzt in Italien aktuell die Gemüter. Dass die meisten Strandbetreiber des Landes ihr Duschwasser bislang aus lokalen Brunnen schöpften, hat kaum jemanden gestört. Auch von Problemen, die dadurch entstanden sind, wird nicht berichtet.

Die Umstellung auf Trinkwasser ist für zahlreiche Betreiber der privaten Strände, die über 50 Prozent der Sandstrände des Landes ausmachen, eine Herkulesaufgabe. Lediglich vereinzelt, wie in der Region Emilia-Romagna, sind die Duschen bereits ans Trinkwassernetz angeschlossen.

Gemäss dem «Confesercenti», einem Verband italienischer Badeanstalten, drohen aufgrund des Dekrets im kommenden Sommer zahlreiche Strände ohne laufende Dusche zu bleiben. «In diesem Fall wäre die Folge ein übermässiger Wasserverbrauch im Sommer und damit ein potenzielles Versorgungsrisiko», warnt der Verband im «Corriere della Sera».

Zahlreiche Strandabschnitte in Italien sind privat und kosten Eintritt.
Zahlreiche Strandabschnitte in Italien sind privat und kosten Eintritt.
Bild: KEYSTONE

Veraltete Konzessionen kosten Italien viel Geld

Während der Bau von Trinkwasserleitungen an abgelegenen Stränden in einer so kurzen Zeit ein Ding der Unmöglichkeit ist, sehen andere Strandbetreiber schlicht nicht ein, weshalb sie die Kosten für solche Leitungen aus dem eigenen Sack bezahlen sollen.

Aktuell wissen viele von ihnen nicht einmal, wie lange sie ihre Strände überhaupt noch betreiben dürfen. Die EU drängt die italienische Regierung seit längerer Zeit, die bestehenden Konzessionen der Strandbetreiber neu zu verteilen. Italien solle Konkurrenz schaffen, heisst es aus Brüssel.

Das Hauptargument der Befürworter: Die Strandbetreiber würden mit den oft vor Jahrzehnten ausgeteilten Konzessionen von veralteten Pachtpreisen profitieren. Der «Corriere della Sera» rechnet vor: Nach dem letzten Bericht des Rechnungshofs beliefen sich die durchschnittlichen jährlichen Einnahmen des Staates aus der Konzessionierung von Staatseigentum, wie zum Beispiel Stränden, auf etwa 101 Millionen Euro.

Bei einem weitaus höheren Umsatz von etwa 15 Milliarden Euro sei das ein Klacks. Die Eigentümer der Einrichtungen hätten alle Mittel, um ihren Verpflichtungen nachzukommen, selbst wenn diese «so schlau» wären wie die neue Trinkwasserverordnung.

Melonis Verzögerungstaktik

Viele Betreiber haben über die Jahre aber beträchtliche Summen in ihre Strände investiert, um beispielsweise Toiletten zu bauen, Bäume zu pflanzen oder eben Duschen zu installieren. Eine Rückzahlung solcher Investitionen ist im Falle des Konzessions-Verlusts derzeit nicht vorgesehen.

Viele dieser Kleinunternehmer wählen laut Informationen des SRF Giorgia Meloni und ihre Rechtskoalition. Melonis Regierung soll ihnen denn auch versprochen haben, die Vorschriften aus Brüssel umzusetzen, ohne die bisherigen Pächter in Gefahr zu bringen.

Bislang wird seitens der italienischen Regierung erfolgreich verzögert. Es würde nicht überraschen, käme dieselbe Taktik auch beim Thema Duschwasser zum Tragen.