«Ich habe nichts dafür getan»Erbin will 25 Millionen Euro verschenken
toko
11.1.2024 - 14:13
Die Aktivistin Marlene Engelhorn hat «ein Vermögen geerbt, ohne etwas dafür getan zu haben». Deshalb will sie den Grossteil davon an die Allgemeinheit zurückgeben. Ein Bürgerrat soll entscheiden, wofür.
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11.01.2024, 14:13
11.01.2024, 14:36
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Marlene Engelhorn setzt sich gegen soziale Ungleichheit ein und ist zugleich selbst Erbin eines Millionenvermögens. Sie kritisiert, dass sie dafür nicht besteuert werde.
Nun gibt die deutsch-österreichische Aktivistin mit 25 Millionen Euro den grössten Teil ihres Erbes (rund 23,3 Millionen Franken) an die Allgemeinheit zurück.
Über die Verwendung der Mittel soll ein Gremium mit der Bezeichnung «Guter Rat für Rückverteilung» entscheiden.
Sie entstammt einer steinreichen Industriellenfamilie und kämpft seit Jahren gegen soziale Ungleichheit und für eine Besteuerung von Vermögen. Die deutsch-österreichische Millionenerbin und Sozialaktivistin Marlene Engelhorn will nun den grössten Teil ihres Vermögens an die Allgemeinheit zurückgeben.
Wie sie auf einer Medienkonferenz erklärte, wird ein auf ihre Initiative gegründetes Gremium mit der Bezeichnung «Guter Rat für Rückverteilung» darüber entscheiden, was mit den 25 Millionen Euro (rund 23,3 Millionen Franken) geschehen soll, die zur Verfügung stehen.
Sie selbst habe dabei keinerlei Mitsprache, betonte Engelhorn. Grundsätzlich seien verfassungswidrige, lebensfeindliche, menschenverachtende und profitorientierte Zwecke ausgeschlossen.
Zeichen gegen ungleiche Vermögensverteilung
«Ich habe ein Vermögen und damit Macht geerbt, ohne etwas dafür getan zu haben. Und der Staat will nicht einmal Steuern dafür», sagte Engelhorn. Zugleich kämen viele Menschen mit einem Vollzeitjob nur schwer über die Runden – und zahlten für jeden Euro, den sie mit Arbeit verdienten, Steuern. «Ich sehe das als Versagen der Politik», sagte die 31-Jährige weiter.
Sie wolle mit dem Gremium ein Zeichen gegen die ungleiche Vermögensverteilung setzen. Das reichste Prozent der Bevölkerung besitze knapp 50 Prozent aller Vermögen, mit allen negativen Auswirkungen auf das soziale Gefüge, das politische System oder auch die Medienlandschaft. «Das sorgt dafür, dass die Demokratie gefährdet wird durch diesen überproportional grossen Einfluss einiger reicher Menschen», sagte Engelhorn.
Die 31-Jährige kritisierte den österreichischen Staat, der keine Steuern auf Vermögen und Erbschaften erhebe. Für das Gremium, das für die Verteilung des Geldes sorgen solle, würden in einem zweistufigen Verfahren 50 Personen und 15 Ersatzmitglieder repräsentativ für die Menschen über 16 Jahren in Österreich ausgewählt werden, schilderte Christoph Hofinger vom Foresight Institute.
Das gewählte Verfahren sorge dafür, dass sie die Macht über die Verteilungsfrage abgebe, so Engelhorn. Mit dem Geld, das ihr bleibe, wolle sie die Übergangszeit finanzieren, bis sie ins Erwerbsleben einsteige.
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Marlene Engelhorn ist Nachfahrin von Friedrich Engelhorn, der 1965 die Badische Anilin- und Sodafabrik AG (BASF) gegründet hatte. Das Unternehmen mit Sitz im deutschen Ludwigshafen am Rhein ist heute nach Umsatz der grösste Chemiekonzern der Welt.
Die Millionen stammen laut Website der Initiative Engelhorns aus einer Übertragung ihrer Grossmutter. Traudl Engelhorn-Vechiatto hatte 1955 Peter Engelhorn geheiratet, den Urenkel von Friedrich Engelhorn und Mitgesellschafter der Boehringer-Mannheim-Gruppe.
Der Verkauf der Gruppe 1997 an Hoffmann-La Roche, also dem späteren Schweizer Pharmakonzern Roche, brachte den Anteilseignern insgesamt 11 Milliarden Dollar ein.
Durch eine Holding-Konstruktion des Boehringer-Mannheim-CEO Curt Engelhorn musste die Familie in Deutschland, Österreich und der Schweiz keine Steuern bezahlen. Das Vermögen der Familie wurde von Forbes zuletzt auf 4,2 Milliarden Dollar geschätzt.