Rache und TäuschungIntrige gegen Rechtsmedizin-Professor aufgedeckt
Stefan Michel
18.1.2025
Ein Rechtsmediziner gerät unter Verdacht, für seine Doktorarbeit abgeschrieben zu haben. Doch dann zeigt sich: Das vermeintliche Original ist eine raffinierte Fälschung. Jetzt steht der Verantwortliche vor Gericht.
Stefan Michel
18.01.2025, 08:20
Stefan Michel
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Der Rechtsmedizin-Professor Matthias Graw geriet 2022 zu Unrecht unter Plagiatsverdacht.
Die angebliche Quelle des Plagiats ist eine raffiniert angefertigte Fälschung.
Der für die Fälschung verantwortliche steht nun in Deutschland vor Gericht.
Plagiate haben in den letzten Jahren zahlreiche Wissenschaftler*innen und Politiker*innen um ihren Ruf, einige auch um ihren Titel gebracht. Karl-Theodor zu Guttenberg, Annette Schavan und Franziska Giffey sind nur einige der bekannten Namen, die in derartigen Fällen in den Fokus gerieten. Plagiatsjäger suchen inzwischen gezielt nach Passagen in Publikationen, die abgeschrieben sein könnten, ohne dass die Quelle angegeben ist.
Der Fall des Rechtsmedizin-Professors Matthias Graw hat aber eine ganz andere Qualität, denn nicht er hat abgeschrieben, sondern das angebliche Vorbild seiner Doktorarbeit ist eine Fälschung, wie der «Spiegel» schreibt.
Der Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München, Matthias Graw, geriet 2022 unter Plagiatsverdacht. Plagiatsjäger beschuldigten ihn, Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben zu haben.
Medien, darunter auch der «Spiegel», griffen die Vorwürfe auf. Doch bald kamen Zweifel auf. Mit dem Original, aus dem Graw abgekupfert haben sollte, schien etwas nicht zu stimmen.
Eine raffiniert aufgezogene Intrige
Die Ermittlungen führten zu Otto Z., einem 70-jährigen Mann, der sich seit kurzem vor dem Amtsgericht München verantworten muss. Ihm wird vorgeworfen, einen angeblichen wissenschaftlichen Sammelband über ein medizinisches Symposium von 1981 in Rumänien gefälscht zu haben.
Dieses Werk mit dem Titel «Colchicine – 100 Years of Research» soll 13 Fachartikel enthalten, die angeblich von internationalen Wissenschaftlern verfasst wurden. Darunter auch ein Kapitel, das fast wortgleich mit Teilen von Graws Doktorarbeit übereinstimmte – und angeblich bereits 1982 veröffentlicht worden sein soll, also Jahre vor Graws Dissertation.
Doch schnell zeigten sich Unstimmigkeiten: Der Sammelband war in keinem Bibliothekskatalog auffindbar, weder national noch international. Experten äusserten massive Zweifel an der Echtheit des Werkes. Zudem stellte sich heraus, dass das Buch einer Publikation aus dem Jahr 1955 stark ähnelte, die vermutlich als Vorlage diente. Im Oktober 2022 stellte die Universität Hamburg das Prüfverfahren gegen Graw ein. Der Vorwurf war nicht haltbar.
Mögliches Motiv: Rache nach Tod der Mutter
Doch warum sollte Otto Z. einen derart aufwendigen Betrug begehen? Ein möglicher Hintergrund könnte der Tod seiner Mutter im Juni 2020 sein. Nach ihrem Tod, so zeigen Dokumente, wurde der Leichnam in Graws Institut obduziert, nachdem ein Bestatter die Polizei eingeschaltet hatte.
Es gab einen kurzzeitigen Verdacht auf Totschlag, der jedoch schnell widerlegt wurde. Trotzdem schien Otto Z. die Ereignisse nicht verarbeiten zu können. Er warf Graw und seinem Team vor, einen Goldzahn seiner Mutter entwendet zu haben, und verstieg sich in immer abwegigere Verschwörungstheorien.
Ein besonders absurder Aspekt des Falls: Alle im angeblichen Sammelband genannten Autoren sollen laut Z. inzwischen verstorben sein. Doch 2023 spürte der SPIEGEL einen der vermeintlichen Mitautoren, den dänischen Mediziner Niels Henrik Valerius, auf. Dieser stellte klar, nie an dem Buch mitgewirkt zu haben. Auch die Angaben zu seinem damaligen Arbeitgeber waren falsch.
Für Matthias Graws hat der Albtraum, ungerechtfertigt unter Plagiatsverdacht geraten zu sein, damit ein Ende.
Der Redaktor hat diesen Text mithilfe von KI geschrieben.