Abtrünniges Nänikon muss bei Uster bleiben: «Wir sind Dörfler und nicht Städter»
Die Ortsteile Nänikon und Werrikon wollten die Abspaltung von Uster ZH prüfen lassen. Der Trennungswunsch bleibt vom Stimmvolk ungehört. Die Reaktionen nach der historischen Abstimmung.
25.11.2024
Die Ortsteile Nänikon und Werrikon wollten die Abspaltung von Uster ZH prüfen lassen. Der Trennungswunsch bleibt vom Stimmvolk ungehört. Die Reaktionen nach der historischen Abstimmung.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Die Stimmberechtigten in Uster haben entschieden: Die Stadt muss die Abspaltung der Ortsteile Nänikon und Werrikon nicht prüfen.
- Heinz Girschwiler vom Initiativkomitee ist enttäuscht, hat aber das Resultat so kommen sehen. Barbara Thalmann, Stadtpräsidentin von Uster, ist erleichtert ob des Resultats.
- Eine Umfrage vor Ort zeigt: Die Bevölkerung in Nänikon ist mehrheitlich enttäuscht, akzeptiert den demokratischen Entscheid aber.
Wird in der Schweiz eine Grenzverschiebung diskutiert, liegt einer solchen meist eine Fusion zweier oder mehrerer Gemeinden zugrunde. Nicht so in in den Zürcher Oberländer Dörfern Nänikon und Werrikon: Beide Orte sind Aussenwachten der Stadt Uster – und beide würden lieber zur Gemeinde Greifensee gehören.
Die Initiative «Zusammenführen, was zusammengehört» barg viel Zündstoff: Ziel des Komitees «Pro 8606» war es, den Ustermer Stadtrat zu beauftragen, mit dem Gemeinderat Greifensee einen Vertrag über den Wechsel von Nänikon und Werrikon zur politischen Gemeinde im benachbarten Greifensee auszuarbeiten. Über diesen hätte die Bevölkerung in spätestens vier Jahren erneut abgestimmt. Daraus wird vorläufig nichts: Die Stimmbevölkerung hat die Vorlage am Sonntag deutlich abgelehnt.
«Wir wollen mit Greifensee noch enger zusammenarbeiten»
«Wir haben das Ergebnis so erwartet», sagt Heinz Girschweiler vom Initiativkomitee zu blue News. Auslöser für die Initiative sei die Situation bei der gemeinsamen Oberstufenschule mit Greifensee. Nach heutigem Recht ist dies widerrechtlich, da laut Gemeindegesetz Schulgemeinden und Politische Gemeinden räumlich deckungsgleich sein müssen.
Die Beweggründe würden gemäss Girschweiler aber tiefer gehen: «Die Näniker sind von der Mentalität her eher Dörfler als Städter.» Das Komitee wolle nun in einer Schlusssitzung Bilanz ziehen. Klar sei aber: «Wir wollen mit Greifensee noch enger zusammenarbeiten, das Verhältnis zu Uster aber nicht zerstören.»
Zwei Gemeinden, ein Bahnhof
Eine Umfrage vor Ort ergibt ein übliches Bild nach Abstimmungen: Bei Überstimmten macht sich Ernüchterung breit, bei Siegern die Freude. Die Voten der Passant*innen reichen von «Ich habe mich zu wenig um die Bedürfnisse der Näniker gekümmert» über «Das hätte eine Chance verdient gehabt» bis hin zu «Das ist blödsinnig».
Rund 3000 Einwohnerinnen und Einwohner leben in den beiden Aussenwachten, das entspricht ungefähr einem Zwölftel der Bevölkerung Usters. Oberstufenschule, Bahnhof, Postleitzahl und Fussballverein teilen sich Nänikon, Werrikon und Greifensee bereits, verwaltet werden sie aber auch künftig verschieden.
Stadtpräsidentin ist erleichtert
Für Barbara Thalmann, Stadtpräsidentin von Uster, kommt das Resultat einer Erleichterung gleich, «vor allem auch, weil es mit zwei Dritteln Nein-Anteil deutlich war.» Man habe zwar Verständnis für den «Herzenswunsch», aber die Nachteile – etwa weniger Steuereinnahmen – würden überwiegen.
Nebst dem finanziellen Aspekt spiele auch Identität eine Rolle: «Ich habe von Leuten gehört, die in Nänikon wohnen und sich als Ustermer sehen», sagt Thalmann. Die Bewegung verlaufe nicht nur in eine Richtung.
In Greifensee hätte das Vorhaben zumindest offene Türen eingerannt. Dort hat der Gemeinderat die Vereinigung mit Nänikon als Legislaturziel formuliert. An der politischen Realität wird sich in naher Zukunft dennoch nichts ändern.
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