SVP will Mittelstand entlasten Wie fair ist die Gerechtigkeits-Initiative?

Von Alex Rudolf

27.11.2022

Die SVP will die steuerlichen Abzüge für Krankenkassenprämien im Kanton Zürich erhöhen.
Die SVP will die steuerlichen Abzüge für Krankenkassenprämien im Kanton Zürich erhöhen.
Bild: Keystone/dpa-tmn/Alexander Heinl

Im Kanton Zürich entscheidet das Stimmvolk am 27. November, ob höhere Abzüge für Krankenkassenprämien gemacht werden dürfen. Die Initiative stammt von rechts, links wehrt sich dagegen.

Von Alex Rudolf

27.11.2022

Worum geht es bei der Initiative?

Die Krankenkassenprämien steigen seit Jahren. Im September wurde bekannt, dass sie schweizweit 2023 um durchschnittlich 6,6 Prozent angehoben werden. Um die Bevölkerung finanziell zu entlasten, hat die Zürcher SVP die Gerechtigkeits-Initiative lanciert.

Ziel ist es, das frei zur Verfügung stehende Vermögen von Familien zu erhöhen. Dies will die Partei erreichen, indem höhere Abzüge das steuerbare Einkommen senken und somit auch die Steuerrechnung niedriger ausfällt.

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Krankenkasse

Neu sollen Erwachsene anstelle von 2'600 Franken 3'600 Franken für ihre Versicherungsprämie von der Steuer abziehen können. Für Kinder wären es neu 1'500 anstelle von bisher 1'300 Franken.

Darüber hinaus sollen laut SVP-Initiative die Steuerabzüge an die durchschnittliche Prämienentwicklung geknüpft werden. Denn seit der Einführung der obligatorischen Krankenversicherung 1996 hätten sich die Prämien mehr als verdoppelt, während die Höhe der Steuerabzüge auf demselben Niveau geblieben sei.

Für den Zürcher Regierungsrat und die Mehrheit des Kantonalparlaments ist dies zu extrem. So ist im Gegenvorschlag vorgesehen, dass der maximale Abzug nur um 300 auf 2'900 Franken für Erwachsene erhöht werden soll. An den Abzügen für Kinderprämien soll sich nichts ändern.

Wie viel kostet das den Kanton?

Wird die Initiative angenommen, kostet dies den Kanton rund 150 Millionen und die Gemeinden weitere 150 Millionen Franken. Bei einem Ja zum Gegenvorschlag würden bei Kanton und Gemeinden nur jeweils 45 Millionen Franken weniger Steuern eingenommen.

Was sind die Argumente der Gegner*innen?

Der Regierungsrat und eine Mehrheit im Kantonsrat befürchten, dass die Steuerausfälle bei einer Annahme der Initiative zu hoch sind. Darüber hinaus sei eine Erhöhung des Abzugs für die Kinderprämien nicht notwendig, da die jährlichen Kosten von 1'200 Franken durch den Kinderabzug von 1'300 Franken bereits gedeckt seien.

Der Gegenvorschlag findet mehr Unterstützung, weil Regierung und Parlamentsmehrheit anerkennen, dass es eine Entlastung braucht und andere Kantone hätten eine Erhöhung des Abzugs bereits beschlossen.

Krankenkassenprämien steigen 2023 um 6,6 Prozent

Krankenkassenprämien steigen 2023 um 6,6 Prozent

Die Krankenkassenprämien steigen 2023 um durchschnittlich 6,6 Prozent. Die mittlere Monatsprämien wird sich damit auf 334,70 Franken belaufen. Zurückzuführen ist das auf die Covid-19-Pandemie und die Nachholeffekte etwa durch verschobene Eingriffe.

27.09.2022

Die Mitte-links-Parteien GLP, SP, Grüne und AL befürchten, dass mit den steuerlichen Abzügen Familien begünstigt werden, die sich die Krankenkassen-Kosten so oder so leisten könnten. Den Hebel müsste man bei den steigenden Gesundheitskosten ansetzen – und die 45 Millionen Mindereinnahmen wären besser bei den Prämienverbilligungen eingesetzt worden, heisst es weiter.

Die SP hat noch einen weiteren Grund, gegen die Vorlage zu sein. Denn sie lanciert auf nationaler Ebene derzeit die Prämien-Entlastungs-Initiative, wonach kein Haushalt mehr als zehn Prozent des verfügbaren Einkommens für die Krankenkassenprämien ausgeben soll. Wird die SVP-Vorlage im Kanton Zürich angenommen, dürfte die Dringlichkeit für eine nationale Lösung im Kanton abgenommen haben.

Wie stehen die Parteien zu den Vorlagen?

SVP und EDU sind dafür und FDP, die Mitte, GLP, SP, Grüne, AL und EVP dagegen. Für den Gegenvorschlag sind die SVP, die FDP, die Mitte, die EDU und die EVP. Für ein Nein plädieren die SP, Grünen und die AL. Die GLP hat bislang noch keine Parole gefasst.

Wie sieht es in anderen Kantonen aus?

Mit der geltenden Regelung darf ein Ehepaar mit zwei Kindern im Kanton Zürich maximal 7'800 Franken abziehen. Würde die Initiative angenommen, wären es 10'200 Franken und bei einem Ja zum Gegenvorschlag 8'400 Franken. Im Kanton Schaffhausen sind es derweil 9'500 Franken, im Thurgau 9'000 Franken, in St. Gallen 8'400 Franken, in Schwyz 7'200 Franken, in Zug 8'800 Franken und im Aargau 6'000 Franken, wie der Regierungsrat in der Abstimmungsbroschüre schreibt.

Kanton Zürich