Ökonom fordert Umdenken Werden in der Schweiz bald zahlreiche Spitäler geschlossen?

Sven Ziegler

23.4.2024

Wie viele Spitäler braucht die Schweiz? Diese Diskussion flammt gerade erneut auf. 
Wie viele Spitäler braucht die Schweiz? Diese Diskussion flammt gerade erneut auf. 
KEYSTONE

In der Schweiz hätten zahlreiche Spitäler zu gross geplant, sagt ein Ökonom. Nun sollen die Einrichtungen überprüft werden – und auch allenfalls geschlossen.

Sven Ziegler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein Ökonom schlägt vor, Spitäler genau unter die Lupe zu nehmen und allenfalls zu schliessen. 
  • Zahlreiche Spitäler schreiben teils tiefrote Zahlen.
  • Experte Stefan Felder schlägt vor, die Zahl der Universitätsspitäler zu reduzieren und das System zu vereinfachen.

Die finanzielle Lage vieler Schweizer Spitäler ist alarmierend, wie aus den Bilanzen von neun grossen Krankenhäusern hervorgeht. Von diesen schreiben sieben Verluste, berichtet das Portal Medinside.

Besonders herausragend ist das Defizit von 113 Millionen Franken bei der Berner Insel-Gruppe. Die Kantone schauen dabei zu. Der Kanton Bern plant sogar einen Rettungsschirm für stark verschuldete Spitäler – ähnlich wie in der Finanzkrise mit Banken und Stromfirmen, wie die «NZZ» berichtet.

Die Fallpauschalen im Gesundheitswesen stehen ebenfalls in der Kritik, da sie die Kosten in den Spitälern transparent machen. Allerdings führen sie auch zu einem Wettbewerb, der dazu motiviert, möglichst kosteneffizient zu arbeiten. Patienten sollen möglichst kurz bleiben – denn wer länger bleibt, erhöht nur die Kosten, nicht aber den Ertrag.

Ökonom Stefan Felder von der Universität Basel schlägt in der «NZZ» vor, dass Patienten statt in teuren Universitätsspitälern in umliegenden Zentrumsspitälern behandelt werden, um Kosten zu senken. So könne man jedes Jahr 320 Millionen Franken sparen.

Wirklich Geld sparen könne man laut Felder aber vor allem mit der Schliessung ganzer Einrichtungen. Eine Herausforderung bleibt jedoch die Auswahl der zu schliessenden Spitälern, wobei auch betriebswirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden müssen.

Genauere Untersuchung der Spitäler

Ein Vorschlag ist, die teuersten 15 Prozent der Häuser zu überprüfen und zu untersuchen, warum ihre Kosten so hoch sind. Als Beispiel dient Felder das Kantonsspital Aarau, welches eine Abschreibung von 240 Millionen Franken ankündigen musste.

Laut Felder hätte man die stationären Leistungen auf andere Spitäler übertragen und auf einen teuren Neubau verzichten können. Im Umkreis mit 50 Minuten Fahrzeit gebe es genügend Kapazitäten, um alle 30'000 Fälle des Kantonsspitals aufnehmen zu können.

Ausserdem geht der Trend derzeit in Richtung ambulanter Operationen. Dabei übernachtet man nicht im Spital. Laut der «NZZ» besteht hier grosses Sparpotenzial. So würden in den Niederlanden 80 Prozent der Mandeloperationen ambulant durchgeführt, in der Schweiz hingegen nur 13 Prozent. Durch mehr ambulante Operationen reduziere sich auch die Notwendigkeit für Spitalbetten.

Der Wettbewerb zwischen den Spitälern wird durch unterschiedliche finanzielle Hilfen der Kantone verzerrt, wobei einige Kantone aus politischen Gründen ihre eigenen Spitäler um jeden Preis unterstützen. Dies führt zu einem Überangebot an Universitätsspitälern, was unnötige Kosten verursache.

Macht Wetzikon den Anfang?

Experte Felder schlägt vor, die Anzahl der Universitätsspitäler zu reduzieren und das System zu vereinfachen. Die Spitäler hätten fälschlicherweise ein Wachstum vorausgesagt, was zu einem Wettrüsten geführt habe. 

Ob tatsächlich Spitäler geschlossen werden, ist unklar. Ein Anfang könnte das Spital Wetzikon im Zürcher Oberland machen müssen. Es erhält vom Kanton kein Geld mehr.

Weder der Neubau noch die geplanten Renovationen seien für die Spitalversorgung der Zürcher Bevölkerung zwingend notwendig, begründete Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli. «Eigentlich braucht es im Zürcher Oberland nur ein Spital für stationäre Behandlungen.» Bei vielen Leistungen seien die Fallzahlen in Wetzikon relativ tief.