Hat die Armee ein Problem? Schusswaffen-Unfälle häufen sich

Samuel Walder

16.12.2024

Trotz Ausbildungen und Überwachung kommt es immer häufiger zu Unfällen mit Schusswaffen in der Schweizer Armee. (Archivbild)
Trotz Ausbildungen und Überwachung kommt es immer häufiger zu Unfällen mit Schusswaffen in der Schweizer Armee. (Archivbild)
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Trotz intensiver Ausbildung und strenger Vorschriften kommt es in der Schweizer Armee immer wieder zu gefährlichen Waffenunfällen. Ein Blick in die Fälle zeigt, wie gefährlich Leichtsinn und Regelverstösse sein können.

Samuel Walder

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Waffenunfälle in der Schweizer Armee, darunter ungewollte Schussabgaben und Nachlässigkeiten, nehmen zu.
  • Konkret sind es sechs gemeldeten Schussverletzungen im Jahr 2023 mehr als im Vorjahr.
  • Fälle reichen von fahrlässigen Handlungen unter Drogeneinfluss bis hin zu unsachgemässer Lagerung von Waffen.

Von leichtsinnigen Handlungen bis hin zu fatalen Missgeschicken – Waffenunfälle in der Schweizer Armee sind keine Seltenheit. Immer wieder kommt es zu ungewollten Schussabgaben, die trotz klarer Vorschriften und intensiver Ausbildung passieren. Ein Einblick in die Fälle zeigt, wie gefährlich die Nachlässigkeit im Umgang mit Sturmgewehren und Pistolen sein kann, wie der «Blick» schreibt.

In der Stadtkaserne Frauenfeld sorgte ein 20-jähriger Rekrut für einen gefährlichen Zwischenfall. Nachdem er den Verschluss seines Sturmgewehrs gespannt hatte, versuchte er das Problem zu lösen, indem er auf eine Wand zielte und den Abzug drückte. Der Schuss fiel um 5.45 Uhr – nachdem der Rekrut am Vortag Cannabis und Kokain konsumiert hatte.

Ein weiterer Fall ereignete sich in der Truppenunterkunft «Chüechlibunker» in Schwyz. Ein 24-jähriger Gefreiter drückte aus Jux den Abzug, während er auf eine Tür zielte. Zwei Soldaten erlitten einen leichten Tinnitus.

Milde Strafen für illegale Waffenhandlungen

In einem dritten Fall erschreckte ein 23-jähriger Soldat, als sich ein Schuss löste, während er sein Gewehr vom Bauch auf den Rücken umhängen wollte. Der Schuss fiel, weil die Waffe versehentlich geladen war und der Sicherheitshebel nicht eingerastet war. «Nur durch Zufall sind keine Personen verletzt worden,» heisst es im Urteil.

Die Strafen für die Vorfälle blieben relativ mild: Die Betroffenen erhielten zwischen 10 und 26 Tagessätzen Geldstrafe, meist bedingt, sowie teils Arrest oder Bussen von 400 Franken. Dass solche Vorfälle keine Ausnahme sind, zeigt ein Blick in die Strafbefehle der Schweizer Militärjustiz: Im untersuchten Monat führten drei von 23 Fällen zu Verurteilungen wegen ungewollter Schussabgaben.

Waffenunfälle nehmen zu

Laut der Unfallversicherung Suva gab es 2022 zwei Schussverletzungen während des Dienstes, 2023 stieg diese Zahl auf sechs, wie der «Blick» berichtet. Insgesamt sind die häufigsten Waffenunfälle jedoch weniger dramatisch:

80 Fälle von Zahnschäden – etwa, wenn Gewehre beim Ein- oder Aussteigen aus Fahrzeugen an die Zähne stossen. 41 Fälle von Gehörschäden durch Schüsse ohne Gehörschutz.

Die Schweizer Armee betont, dass der sichere Umgang mit Waffen höchste Priorität habe. «Die Ausbildung in der Grundausbildung beinhaltet wöchentliche Trainings,» sagt Armeesprecher Mathias Volken. Vorschriften wie das Prinzip, eine Waffe immer als geladen zu betrachten, sollen Unfälle verhindern. Eine Plakatkampagne soll zusätzlich zur Sensibilisierung beitragen.

Vergessene und falsch gelagerte Waffen

Neben Schussunfällen sorgen auch falsch gelagerte oder vergessene Waffen regelmässig für Ärger. In einem Fall wurde ein Sturmgewehr auf einem Zugperron entdeckt, was dem verantwortlichen Soldaten eine Busse einbrachte.

Besonders kurios: Ein Genfer Arzt versteckte seine Waffe in einem Werbekit für werdende Mütter in seiner Praxis. Als eine Angestellte das Kit versehentlich entsorgte, war die Waffe verschwunden – und der Arzt musste sich vor der Militärjustiz verantworten.