Trinkwasser-Initiative Darum wollen die Bauern nun doch strengere Regeln für Pestizide

aka

14.10.2019

Nur mit Schutzanzug: Ein Gemüsebau-Experte der Forschungsanstalt Agroscope testet im Kanton Zürich neue Pflanzenschutzmittel.
Nur mit Schutzanzug: Ein Gemüsebau-Experte der Forschungsanstalt Agroscope testet im Kanton Zürich neue Pflanzenschutzmittel.
Bild: Keystone

Bisher fand Bauernchef Markus Ritter stets, die bundesrätlichen Massnahmen für weniger Pestizide würden genügen – doch nun stimmt er einer zusätzlichen gesetzlichen Massnahme zu. Warum die Kehrtwende?

Der höchste Bauer der Schweiz, CVP-Nationalrat Markus Ritter, wehrt sich vehement gegen die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative. Diese aber geniessen laut einer Umfrage beim Volk grosse Sympathien. Zudem belegen zahlreiche Studien das Problem von Pestizidrückständen im Wasser. Dass ausgerechnet die Bauern gegen diese Volksbegehren sind, ist für Bauernpräsident und -lobbyist Ritter nicht ganz einfach zu erklären. Er betonte dennoch stets: Die Politik mache das, was notwendig und sinnvoll sei. Das genüge.

Jetzt allerdings machte Ritter eine Kehrtwende, wie der «Blick» berichtete. Letzte Woche befand die Wirtschaftskommission des Nationalrates über eine Initiative, welche gesetzliche Zielwerte für die Reduktion von Pestiziden verlangte. Und stimmte dieser zu. Wie schon ihre Schwesternkommission aus dem Ständerat will sie damit mehr Verbindlichkeit schaffen. Interessant: Nun ist auch Ritter plötzlich für dieses Anliegen.

Ein Bauer verteilt auf einem Salatfeld in Birmenstorf mittels Anhängespritze Pflanzenschutzmittel.
Ein Bauer verteilt auf einem Salatfeld in Birmenstorf mittels Anhängespritze Pflanzenschutzmittel.
Bild: Keystone

«Kompromiss in aufgeladener Situation»

Warum? Mit Angst vor der Trinkwasser- und der Pestizidinitiative habe das nichts zu tun. Zielwerte für weniger Pestizide seien kein neues Anliegen, sagt Ritter auf Anfrage von «Bluewin». Auch der Bundesrat habe in seinem Aktionsplan Pflanzenschutz bereits das Ziel, bis 2030 die Risiken von Pflanzenschutzmittel zu halbieren. «Dass dies nun auch auf Gesetzesstufe beschlossen werden soll und somit eine höhere Verbindlichkeit bekommt, ist ein Kompromiss», sagt Ritter. Einer, dem die Bauern in einer politisch aufgeladenen Situation zustimmen könnten.



Zudem, so Ritter, sei der Text offen formuliert. «Neu gilt das Ziel nicht mehr alleine für Bauern, sondern auch für alle anderen Anwender von Pflanzenschutzmitteln.»

Das wollen die Initianten

Zur Erinnerung: Mit der Trinkwasser-Initiative soll unter anderem erreicht werden, dass nur noch diejenigen Landwirte Direktzahlungen erhalten, welche auf Pestizide verzichten. Die Pestizidinitiative verlangt ein Totalverbot von synthetischen Pestiziden in der hiesigen Landwirtschaft und bei den Importen. 

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sei eine Interessenabwägung. «Umweltbelastung auf der einen versus Sicherstellung von Qualität und Ernte auf der anderen Seite», sagte Ritter «Bluewin» erst im Sommer. Manchmal gehe es schlicht nicht ohne, weil sonst die Ernte auszufallen drohe.



Die Skepsis bleibt

Die Bauern also scheinen bei den Pestiziden einen neuen Kurs zu verfolgen. Andere Parlamentarier bleiben indes skeptisch, wie der «Blick» weiter schreibt. Der Grund: Die parlamentarische Initiative enthält keine konkreten Zahlen, wie die Pestizidwerte gesenkt werden sollen. «Die Bauern spielen weiterhin auf Zeit», sagte GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy.

Die ständerätliche Kommission wird nun eine entsprechende Gesetzesvorlage ausarbeiten.

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