Umstrittener Wahlkampf Das gab's noch nie: CVP verärgert mit Kampagne – aber so richtig

tafi

18.9.2019

Die anderen Parteien sehen rot  wegen seiner Kampagne: Ob auch CVP-Chef Gerhard Pfister das Lachen bald vergeht?
Die anderen Parteien sehen rot  wegen seiner Kampagne: Ob auch CVP-Chef Gerhard Pfister das Lachen bald vergeht?
Bild: Keystone

Ausgerechnet die stets um Konsens bemühte CVP bringt Pfeffer in den Wahlkampf: Die Christdemokraten attackieren mit einer umstrittenen Anzeigenkampagne bei Google gleich alle anderen Parteien.

Wer zurzeit bei Google nach Schweizer Politikern aller Parteien sucht, landet oft der CVP. Unfreiwillig. Mit einer Negativkampagne gehen die Christdemokraten auf Stimmenfang für die nationalen Wahlen – und nehmen dabei Kandidierende der politischen Konkurrenz ins Visier. Die Betroffenen sind empört.

Eine an sich unscheinbare URL

«Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt» – die CVP scheint sich die Napoleon Bonaparte zugeschriebene Weisheit zu Herzen genommen und erweitert zu haben. Auch im Wahlkampf ist nun alles erlaubt: Wer seit gestern bei Google nach den Kandidierenden anderer Parteien für den Stände- oder Nationalrat sucht, bekommt als erstes Ergebnis eine Anzeige ausgeliefert, die auf die unscheinbare und seriös wirkenden URL «kandidaten2019.ch» verlinkt.

Gesucht: FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Gefunden: eine seriös wirkende Kandidatenseite, hinter der sich allerdings eine CVP-Kampagne verbirgt.
Gesucht: FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Gefunden: eine seriös wirkende Kandidatenseite, hinter der sich allerdings eine CVP-Kampagne verbirgt.
Screenshot

Doch statt auf die Seiten etwa des Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter oder der St. Galler SP-Nationalrätin Barbara Gysi zu gelangen, landet man bei der CVP. Die Partei hat die jeweiligen «Kandidatenseiten» in den passenden Parteifarben der politischen Konkurrenz gestaltet und nimmt deren Programm auseinander.

Der FDP wird eine «massive Verwässerung des CO2-Gesetzes» vorgeworfen, die SP wolle «das unersättliche Gesundheitssystem mit noch mehr Prämienverbilligungen quersubventionieren», die SVP riskiere mit ihrer «Blockadepolitik» das Erfolgsmodell Schweiz. Natürlich weist die CVP am Ende auf die besseren Lösungen hin, die, das ist keine grosse Überraschung, von den eigenen Kandidaten kommen.

So sieht die CVP-Seite aus, wenn man nach der SP-Kanditatin Barbara Gysi sucht.
So sieht die CVP-Seite aus, wenn man nach der SP-Kanditatin Barbara Gysi sucht.
Screenshot

Während die CVP ihre Aktion als «Vergleichswahlkampf», so Parteipräsident Gerhard Pfister auf «Watson», verteidigt, laufen die betroffenen Kandidaten Sturm. Die CVP habe den «Giftschrank» geöffnet und das «Senfgas» ausgepackt, wettert der St. Galler FDP-Nationalrat Marcel Dobler auf Twitter, sein Berner Parteikollege Christian Wasserfallen spricht von einer «verzweifelten Hetzkampagne».

Kampfansage aus dem Kanton Luzern

Nun zieht mit der Luzerner FDP-Nationalratskandidatin Marion Maurer auch konkret jemand in den Kampf gegen die Kampagne. Maurer fühlt sich gemobbt und verlangt ultimativ, dass die CVP die Negativ-Kampagne mit ihrem Namen bis Donnerstag stoppt.

Die Nennung sei ohne ihre Erlaubnis erfolgt und sie habe schliesslich das Recht auf ihren Namen, schreibt Maurer in dem als «Abmahnung» betitelten Brief vom Mittwoch. An andere Betroffene richtet Maurer der Aufruf, sich ebenfalls zu wehren.

CVP findet ihre Kampagne «legitim»

Die Vorwürfe will die CVP nicht gelten lassen. «Es ist Wahlkampf und damit durchaus legitim, Unterschiede zu anderen Parteien aufzuzeigen», sagte Pfister dem «Tages-Anzeiger». Man zeige einfach, zugespitzt zwar, aber sachlich, die Unterschiede zu den anderen Parteien auf. Eine «Schmutzkampagne» sei das alles nicht: Man ziele nicht auf einzelne Personen, sondern auf die Parteiprogramme der Konkurrenz.



Auch wenn diese Art von negativem Wahlkampf auch in den eigenen Reihen nicht überall gut ankommt – Widerstand regt sich etwa im Kanton Freiburg –, solle die Kampagne solange im Netz bleiben, wie es das Wahlkampfbudget zulässt. «Wir haben die Kampagne von langer Hand geplant und mit der Fraktion und den Kantonalparteien abgestimmt. Sie wird also breit getragen», erklärte Pfister der «NZZ». 

Bilder aus der Schweiz

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