Gemeinde Lungern greift durch Touristen begrapschen Einheimische und dringen in Wohnungen ein

Philipp Fischer

4.8.2024

Viele Touristen stören in Lungern die Einheimischen. Die Gemeinde setzt auf Stopp-Schilder, die Touristen fernhalten sollen. 
Viele Touristen stören in Lungern die Einheimischen. Die Gemeinde setzt auf Stopp-Schilder, die Touristen fernhalten sollen. 
Bild: IMAGO/Geisser

Lungern am See im Kanton Obwalden zieht Touristinnen und Touristen in Scharen an. Doch die benehmen sich nicht immer angemessen. Jetzt reagiert die Gemeinde.

Philipp Fischer

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Gemeinde Lungern kämpft mit einer Flut an Touristen.
  • Laut den Einheimischen benehmen sich die Besucher*innen häufig unangemessen.
  • Verbotsschilder sollen die Touristen nun in ihre Schranken weisen.

Lungern mit seinem smaragdgrünen See und der kolossalen Alpenlandschaft bietet für Tourist*innen ein atemberaubendes Panorama. Vor allem sie berühmte Serie «Crash Landing on You» hat dazu geführt, dass Lungern zu einem Hotspot für asiatische Touristen geworden ist. 

Einige der Abertausenden Besucher*innen jährlich benehmen sich den Einheimischen gegenüber jedoch ganz und gar nicht respektvoll. «Sie latschen in unsere Gärten und fotografieren unsere Häuser. Doch nicht nur das: Meine Kinder spielen halb nackt in der Badi und werden fotografiert. Das geht doch nicht!», so eine Bewohnerin gegenüber «20 Minuten».

Ein anderer Lungerer klagt: «Sie kommen mit ihren Koffern, laufen durchs Dorf und verschwinden danach wieder. Wirtschaftlich bringt uns der Tourismus also kaum etwas.» Damit ergeht es Lungern ähnlich wie dem pittoresken Schweizer Bergdorf Lauterbrunnen. Auch dort ächzt man unter den Tagestourist*innen, die nur für ein Handyfoto schnell vorbeikommen und wieder abfahren. Dort will die Gemeinde im Kampf gegen ausufernden Tourismus jetzt eine Gebühr erheben.

Blonde Kinder fotografiert

In Lungern geht man (noch) einen anderen Weg. Die Gemeinde stellt den Lungererinnen und Lungerern gratis Verbotstafeln zur Verfügung. Diese können im Garten aufgestellt oder an den Grundstückseingängen aufgehängt werden.

Vor allem asiatischen Touristen sollen mit Verbotstafeln und Schildern zurechtgewiesen werden.
Vor allem asiatischen Touristen sollen mit Verbotstafeln und Schildern zurechtgewiesen werden.
Bild: IMAGO/Geisser

Besonders verärgert zeigen sich die Anwohner über Touristinnen und Touristen, die Kinder anfassen. Die Aufsichtsperson der Schule habe schon mehrfach gemeldet, dass blonde Kinder fotografiert oder sogar angefasst worden seien, berichtet «20 Minuten». Selbst vor privaten Wohnungen und Gärten machen einige nicht halt. Oft betreten Feriengäste die Privatbereiche der Einheimischen, ohne vorher zu fragen.

Erste Massnahme: Verbotstafeln

Seit dem Ende der Corona-Pandemie verzeichnet Lungern eine rasante Zunahme an Tagestouristen. «Auf einen solch rasanten Anstieg war Lungern nicht vorbereitet», erklärt Andreas Kammer, Geschäftsführer der Gemeinde.

Die Verbotstafeln zählen laut Kammer zu den «kurzfristigen Massnahmen». Im Ortskern wurden von den Anwohnerinnen und Anwohnern bereits einige Schilder aufgestellt. «Es ist eine Minderheit effektiv betroffen, aber wir wollen auch ihr gerecht werden.»

Kritik von Gastronomen

Daniel Scardino, Geschäftsführer von Obwalden Tourismus, rät der Bevölkerung «tolerant und geduldig sein». Aktuell würde die Tourismusgesellschaft zusammen mit der Gemeinde präventive Massnahmen entwickeln, um die Besucherlenkung besser zu steuern.

Einige Gastronom*innen in Lungern können das Aufstellen von Verbotsschildern in ihrer Gemeinde nicht nachvollziehen. Sie freuen sich über den Zustrom aus dem Ausland. «Touristen machen die Hälfte unserer Kundschaft aus. Ohne sie wären wir schlecht dran», sagt eine Mitarbeiterin eines Restaurants.