Fehler in der PlanungTäglich fallen 120 Züge aus, weil den SBB Lokführer fehlen
tjb
19.8.2020
Bei den SBB fallen jeden Tag gut 120 Züge aus. Und das liegt nicht in erster Linie an der Coronapandemie, sondern an fehlenden Lokführern. Man habe bei der Ausbildungsplanung Fehler gemacht, bestätigt das Unternehmen.
Die Coronapandemie hat bei den SBB zu einem Einbruch der Passagierzahlen geführt. Weil weniger Pendler unterwegs waren, strich man kurzerhand Verbindungen – und die Ausfälle dauern bis heute an. Allerdings könnte das eher an einem Mangel an Lokführern liegen als an der Pandemie, wie ein Bericht des «K-Tipp» zeigt.
Gut 120 Zugsverbindungen fallen derzeit jeden Tag aus, und zwar vor allem morgens und abends, wenn am meisten Passagiere im öffentlichen Verkehr unterwegs sind. Am stärksten betroffen ist die Region Genf, doch auch in der Waadt und im Raum Zürich fallen etliche Züge aus. Betroffen sind in den meisten Fällen S-Bahn-Verbindungen. So verkehren die Züge zwischen Genf und Coppet VD derzeit nur im Halbstunden- statt wie im Fahrplan vorgesehen im Viertelstundentakt.
«Warnungen wurden nicht ernst genommen»
Aber auch im Fernverkehr kommt es zu Ausfällen: Zwischen Zürich und Luzern verkehren zur Stosszeit zwei Züge weniger, und auch im Wallis kann es zwischen Genf und Brig zu einzelnen Zugstreichungen kommen, wie der «K-Tipp» SBB-Sprecher Daniele Pallecchi zitiert. Diese Ausfälle könnten demnach auch erst kurzfristig bekannt gegeben werden.
Der Artikel zitiert SBB-interne Quellen, wonach die Pandemie nur eine Ausrede sei. Und lässt dazu auch Hubert Giger, Präsident des Verbands Schweizer Lokomotivführer, zu Wort kommen: «Seit 2015 haben wir das SBB-Management auf den Lokführermangel und auf drohende Zugsauställe aufmerksam gemacht. Aber unsere Warnungen wurden jahrelang zu wenig ernst genommen.»
Ähnlich tönt es von Hanruedi Schürch, Zentralpräsident der Verkehrspersonal-Gewerkschaft SEV. Den SBB fehlten jeden Tag zwischen 120 und 150 Lokomotivführer, um alle im Fahrplan stehende Verbindungen auch tatsächlich zu führen. Und der Personalmangel dürfte noch anhalten, da derzeit viele Lokführer pensioniert werden und die Coronapandemie die Ausbildung neuer Kräfte verzögert, wie die SBB schon Anfang August mitteilten.
SBB machten Fehler in der Planung
Der Grund für den Mangel liege bei seinem Arbeitgeber, sagt SBB-Sprecher Raffael Hirt in einem Bericht von «10vor10» auf SRF: «Der Grund sind Fehler in der Planung der Ausbildung von Lokführerinnen und Lokführern.» Man brauche jedes Jahr mehrere Hundert Neuzugänge.
Die SBB haben das Problem schon länger erkannt, sagt SBB-Sprecher Pallecchi zu «K-Tipp». Mit einer deutlichen Entspannung sei aber erst ab Mitte 2021 zu rechnen – bis dahin müssen die Pendler also noch mit weiteren Zugausfällen rechnen.