Vorwurf der «Gierflation»Schweizer beschweren sich immer häufiger beim Preisüberwacher
dor/SDA
6.9.2023 - 01:14
Kaufkraftgipfel will Bankgebühren und Krankenkassenprämien angehen
Der von Preisüberwacher Stefan Meierhans einberufene Kaufkraftgipfel mit den Konsumentenorganisationen will angesichts der gestiegenen Preise zuerst die Bankgebühren und die Krankenkassenprämien angehen. Das sei schnell umsetzbar.
05.09.2023
Die Beschwerden beim Preisüberwacher wegen steigender Lebenshaltungskosten nehmen kontinuierlich zu. Im Vergleich zu 2022 sind sie dieses Jahr laut Stefan Meierhans um einen Fünftel gestiegen.
06.09.2023, 01:14
06.09.2023, 05:36
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Die Beschwerden beim Preisüberwacher wegen steigender Lebenshaltungskosten nehmen kontinuierlich zu.
Im Vergleich zu 2022 sind sie laut Stefan Meierhans dieses Jahr um einen Fünftel gestiegen.
In der Schweiz leiden viele Menschen und Unternehmen unter der Teuerung.
Laut Meierhans trifft die Inflation nun auch den Mittelstand.
Meierhans führte deshalb am 5. September mit Konsumentenschutz-Organisationen einen Kaufkraftgipfel durch.
Der Schweizer Preisüberwacher verzeichnet in diesem Jahr eine Zunahme der Beschwerden wegen steigender Lebenshaltungskosten von rund 20 Prozent. Damit geht ein Trend weiter, den Stefan Meierhans bereits vergangenes Jahr beobachtete. «Letztes Jahr habe ich insgesamt 2400 Beschwerden erhalten, beinahe doppelt so viele wie im Jahr 2021», sagte Meierhans in einem Interview der Tamedia-Zeitungen (Mittwochausgabe).
Die Sorgen seien in allen Teilen des Landes gross. Aber: «Im Tessin benötigen immer mehr Menschen eine Budgetberatung, es gibt bereits eine lange Warteliste. In der Westschweiz gibt es Probleme, weil, anders als früher, viele Menschen auch mit einem Wechsel der Krankenkasse nur noch wenig Geld einsparen können.»
Starke Preiserhöhungen etwa bei Krankenkassenprämien, Strom oder Mietzinsen würden das Portemonnaie der Leute in der Schweiz massiv und dauerhaft belasten, sagte Meierhans weiter. «Bei mir haben die Beschwerden jetzt schon zugenommen. Wenn ich mir vorstelle, was bevorsteht, ist für mich klar: Das Preisproblem wird sich in den nächsten Monaten stark akzentuieren. So gesehen, bin ich nicht alarmistisch, sondern im Grunde bereits zu spät.»
Die Teuerung treffe nun auch den Mittelstand, warnte Meierhans im Interview. «Wenn ich auf der Strasse oder im Tram mit den Leuten rede, erzählen sie mir von den Kita-Kosten, die steigen, oder von teuren Preisen fürs Generalabonnement der Tochter, die ans Gymnasium geht.» Andere Leute, die auf das Auto angewiesen seien, würden unter den hohen Benzinpreisen leiden. Er erhalte auch auch Zuschriften, in denen es lapidar heisse: «Lebensmittel, Krankenkasse, Strom – wo hört das denn auf?»
Heutzutage würden sich die Leute nicht mehr wie noch vor ein paar Jahren über Mahngebühren ärgern, die ihnen ungerecht erscheinen. «Sondern sie sorgen sich über ihre Gesamtsituation», so Meierhans.
Meierhans sagte, er wolle im Rahmen eines Mehrwertsteuer-Monitoring Anfang Januar 2024 untersuchen ob es in der Schweiz zu «Gierflation» komme. So heisst das Phänomen, bei dem Unternehmen deutlich mehr auf den Endpreis schlagen, als es die gestiegenen Kosten für Strom, Gas oder Vorprodukte rechtfertigen lassen. Januar 2024 sei für ihn ein «guter Moment für einen Vorher/Nachher-Vergleich», so der Preisüberwacher: «Ich werde prüfen, welche Unternehmen dies ausnutzen und ihre Preise stärker anheben als die zusätzlich abzuführenden 0,4 Prozent Mehrwertsteuer.»
Am Dienstag fand in Bern der erste Schweizer Kaufkraftgipfel statt. Dort forderte Meierhans zusammen mit Konsumentenschutzorganisationen aus dem Tessin, der West- und der Deutschschweiz Massnahmen seitens der Politik. Zuerst sollen angesichts der gestiegenen Preise die Bankgebühren und die Krankenkassenprämien angegangen werden. Das sei schnell umsetzbar, hiess es in Bern
Die Banken hätten jüngst starke Unterstützung von den Steuerzahlerinnen und -zahlern erhalten, sagte Konsumentenschutz-Geschäftsführerin Sara Stalder beim Kaufkraftgipfel zu den Medien. Jetzt sei es Zeit, der Kundschaft etwas zurückgeben.