Geheim-Dokument So wollen Bauern- und Wirtschaftslobby das Parlament dominieren

smi

9.3.2023

Mehr als ein Wahlbündnis: Bauernverband, Economiesuisse, Arbeitgeberverband und Gewerbeverband spannen auch in der Beeinflussung des Parlaments zusammen.
Mehr als ein Wahlbündnis: Bauernverband, Economiesuisse, Arbeitgeberverband und Gewerbeverband spannen auch in der Beeinflussung des Parlaments zusammen.
KEYSTONE

Bauernverband, Economiesuisse, Gewerbeverband und Arbeitgeberverband stimmen ihre Positionen aufeinander ab, um links-grüne Anliegen zu bekämpfen. Das zeigt ein bisher geheimes Dokument.

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Vereint gegen Links-Grün, so lässt sich die «Wirtschaftsallianz» charakterisieren, die sich seit vergangenem Jahr in regelmässigen Abständen trifft. Der «Tages-Anzeiger» hat das Protokoll einer Sitzung im Dezember 2022 erhalten und zeigt, wie Economiesuisse, Bauern-, Gewerbe- und Arbeitgeberverband vorgehen, um ihre Interessen im Parlament durchzusetzen.

Dabei liegen ihre Positionen in verschiedenen wirtschaftlich relevanten Fragen weit auseinander. So ist der Freihandel für die Exportwirtschaft und den Finanzplatz wichtig. Die Landwirte und Teile des Gewerbes hingegen fürchten die billige Konkurrenz jenseits der Grenze.

Annäherung schwierig: Bauernverband und Economiesuisse

In einer für die Wirtschaft nicht ganz so brisanten Frage haben sich die beiden Pole der Allianz, die Bauern und der Wirtschaftsdachverband, einander zumindest angenähert: Zwar lehnen alle vier Verbände die Biodiversitätsinitiative einiger Umweltorganisationen ab. Den Gegenvorschlag des Bundesrats hat Economiesuisse hingegen unterstützt. 

Diese Position werde der Wirtschaftsverband überdenken, steht im Protokoll vom 12. Dezember 2022. Ein Resultat hat dieser Denkprozess bislang aber nicht gezeitigt, wie Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl dem «Tages-Anzeiger» mitgeteilt hat. 

In Freihandelsfragen sei das Ziel, «einen Modus vivendi zu finden, wie die Wirtschaftsallianz mit künftigen Freihandelsabkommen umgehen wird», erklärt Bauernverbandspräsident Markus Ritter. Eine gemeinsame Position lässt sich aus dieser Formulierung nicht herauslesen.

Ein erster Erfolg

Die Wirtschaftsallianz arbeitet aber auch subtiler auf ihre Ziele hin, beispielsweise, indem sie auf Entscheidungsträger einwirkt, sodass ein Parlamentsgeschäft der aus ihrer Sicht «richtigen» Kommission zugeteilt wird.

So soll das Bundesgesetz über die Entlastung der Unternehmen von Regulierungskosten in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben WAK vorbereitet werden und nicht etwa in der Rechtskommission. In der WAK erhoffen sich die Mitglieder der Allianz offenbar einen wirtschaftsfreundlicheren Vorschlag.

Tatsächlich erhält die WAK das Geschäft. Zuständig für die Zuteilung sind die Büros von Nationalrat und Ständerat, denen 17 Nationalrät*innen beziehungsweise sechs Ständerät*innen angehören. Das Protokoll vermerkt, wer dafür zuständig ist, welche Mitglieder der Büros für die Zuweisung des Geschäfts an die WAK zu gewinnen. Eines von ihnen ist Brigitte Häberli Koller, Präsidentin des Ständerats.

Solche Einflussversuche seien ihr tägliches Brot, alle würden dies versuchen, erklärt Häberli Koller dem «Tages-Anzeiger». Sie lasse sich aber nicht beeinflussen.

Gemeinsame Kampagne für die Wahlen im Herbst

Hauptziel neben den konkreten Parlamentsgeschäften scheint zu sein, dass «die Wirtschaft» geeint auftrete. Fabio Regazzi, Präsident des Gewerbeverbands gibt dem «Tages-Anzeiger» zu Protokoll: «Wenn immer die Wirtschaft gespalten ist, nutzen unsere links-grünen Gegner dies aus.»

Im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen 2023 treten die vier Verbände auch in einer gemeinsamen Kampagne auf. «Perspektive Schweiz» nennt sich der Zusammenschluss. In wechselnden Sujets fordert er auf, «wirtschaftsfreundlich» oder «landwirtschaftsfreundlich» zu wählen.