Vorsorgen für Mangellage «Es kommt keine Gaspolizei mit dem Thermometer vorbei»

mmi/gbi

16.11.2022

Bei Gasmangel darf nur noch bis 20 Grad geheizt werden

Bei Gasmangel darf nur noch bis 20 Grad geheizt werden

Begrenzung der Raumtemperatur auf 20 Grad in mit Gas beheizten Innenräumen, keine zusätzlichen Ausnahmen für Unternehmen von der Kontingentierung des Gasbezugs: Der Bundesrat hat mehrere Massnahmen für den Fall einer Gasmangellage konkretisiert.

16.11.2022

Was passiert bei einer Gasmangellage? Dazu hat der Bundesrat die Kantone und Verbände angehört. Für Bundesrat Guy Parmelin steht fest: «Wir sind bereit alle Fälle und wir bleiben flexibel.»

mmi/gbi

16.11.2022

Das Wichtigste in Kürze

  • Wird im Winter das Gas knapp, sollen Schweizer*innen ihre Wohnung nur noch bis maximal 20 Grad heizen dürfen.
  • Wenn nötig, soll ausserdem das Beheizen von ungenutzten Räumen, Schwimmbädern, Dampfbädern und Saunen verboten werden. Auch Heizstrahler etc. sollen untersagt werden.
  • Noch geprüft wird eine kurzfristige Abschaltung von Grossverbrauchern. Sie sollen vom Netz gekappt werden.
  • All diese Pläne sind für den Ernstfall gedacht. Das Risiko, dass das Gas im Winter knapp wird, ist laut Parmelin gering.

Der Bundesrat will auf eine allfällige Gasmangellage im Winter rasch reagieren. Er hat darum am 22. September zwei Verordnungen zur Frage, wie der Gasverbrauch mit Verboten und Kontingentierungen gedrosselt werden könnte, bei Kantonen und Verbänden in die Konsultation geschickt.

Nun liegen die Resultate vor. Bundesrat Guy Parmelin stellte sie am Mittwochnachmittag in Bern vor.

Ob es in diesem Winter zu einer Gasmangellage kommen wird, lässt der Bundesrat offen. «Das lässt sich nicht prognostizieren und hängt nebst meteorologischen vor allem auch von geopolitischen Faktoren ab», sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin vor den Medien in Bern. Momentan sehe es aber gut aus. Gleichwohl könne man einen Mangel nicht ganz ausschliessen.

Die Wirtschaft hatte einen klaren Notfallplan gefordert. «Wir sind bereit für alle Fälle», so Parmelin. Der Bundesrat könne schnell reagieren. Bevölkerung und Wirtschaft müssten aber flexibel bleiben.

Tatsächlich wird die Verordnung über Verbote und Beschränkungen der Verwendung von Gas wie auch die Verordnung über die Kontingentierung des Gasbezugs aber erst im Zeitpunkt einer Mangellage vom Bundesrat in Kraft gesetzt. Die Massnahmen könnten auch von einer Region zur anderen variieren.

20 statt 19 Grad in Innenräumen

Konkret sieht die Landesregierung vor, dass für mit Gas beheizte Innenräume eine Temperatur von 20 Grad gelten soll. Ursprünglich war von 19 Grad die Rede gewesen. 20 Grad seien leichter zu messen und zu regeln, erklärte Parmelin. Dieser Wert entspreche der Stufe 3 auf dem Heizungsschalter.

Verboten werden soll zudem das Heizen von ungenutzten Räumen, Schwimmbädern, Dampfbädern und Saunen sowie der Betrieb von Heizstrahlern, Warmluftvorhängen, Gasfeuern, Hochdruckreinigern und Warmluftzelten. Das gilt sowohl für Unternehmen als auch für Privathaushalte.

Die Einhaltung der Temperatur obliegt laut dem Bundesrat den Mieterinnen und Mietern, sofern sie die Temperatur selbst regulieren können, sowie den Eigentümern von Wohnungen.

Verstösse gegen diese Pflicht werden verfolgt. Ob Heizsünder*innen auch mit einer Ordnungsbusse rechnen müssen, ist noch unklar. Das Wirtschaftsdepartement von Bundesrat Guy Parmelin prüft diese Option und will bis Ende Januar 2023 darüber informieren.

Es werde jedoch keine Polizei geben, die mit dem Thermometer von Haus zu Haus gehe, um die Temperatur zu messen, sagte Parmelin. Falls die Massnahmen in Kraft gesetzt würden, gäbe es wohl Stichprobenkontrollen wie im Strassenverkehr und im Zusammenhang mit der Covid-Pandemie.

Handel mit Kontingenten möglich

Noch geprüft wird eine kurzfristige Abschaltung von Grossverbrauchern. Damit soll innert 24 Stunden die Einsparung grosser Energiemengen erzielt werden. Der Bundesrat hat das Wirtschaftsdepartement damit beauftragt, Abgeltungsmöglichkeiten und die Überwälzung der dadurch entstehenden Kosten auf die Gastarife zu prüfen.

Vom Tisch sind dagegen zusätzliche Ausnahmen von der Kontingentierung, «da damit die Wirksamkeit gefährdet würde», wie der Bundesrat schreibt. Mit der Sofortkontingentierung erhielten die Netzbetreiber ein wirksames Instrument, um bei kurzfristig eintretenden Versorgungsengpässen die Netzstabilität zu sichern.

Ziel ist es laut dem Bundesrat, bei eingeschränkter Versorgung den Handel mit Kontingenten zu ermöglichen, um damit den möglichen Schaden bei den Verbrauchern der Wirtschaft so tief wie möglich zu halten. Die Details dazu sind noch in Abklärung.

Parmelin betonte, dass das oberste Ziel bleibe, ganz auf die Verordnungen verzichten zu können. Die Branche habe durch den Kauf zusätzlicher Gasmengen vorgesorgt, sagte Urs Näf, Leiter Fachbereich Industrie der Wirtschaftlichen Landesversorgung (WL). Erst wenn Nachbarstaaten Exportverbote verfügen würden, gäbe es Probleme. Zuerst könnte aber auf Gasspeicher in Frankreich zurückgegriffen werden.

Der Bundesrat hat zudem weitere Massnahmen ergriffen, um eine Mangellage zu verhindern, etwa die Umstellung von Gas auf Benzin bei Zweistoffanlagen. Letztlich könne jede und jeder einen Beitrag leisten, sagte Parmelin – «indem wir Energie sparen».

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06.10.2022

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  • 16.36 Uhr

    Die Medienkonferenz ist beendet

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  • 16.35 Uhr

    Hat der Sparappell bereits einen Effekt gezeigt?

    Er schätze, dass die Unternehmen ihren Gasverbrauch um insgesamt 15 bis 20 Prozent senken könnten, sagt Parmelin. Genaue Zahlen und Vergleichwerte für den privaten Gasverbrauch habe er aber nicht. Die Heizsaison beginne erst jetzt, also müsse man enorm vorsichtig sein.

    Näf ergänzt: Im Oktober habe man festgestellt, dass der Gasverbrauch um rund zehn Prozent zurückgegangen war. Da dies ausserhalb der Heizsaison geschah, dürfte dieser Effekt einzig durch die Industrie zustande gekommen sein. Da der Gaspreis damals aber noch sehr hoch gewesen sei, sei diese wohl auch mit Blick auf die Kosten geschehen. Unternehmen, die von Gas auf Öl wechseln könnten, hätten von dieser Option aber Gebrauch gemacht. Ein genaueres Bild werde man aber im Dezember haben.

  • 16.32 Uhr

    Gibt es Ordnungsbussen?

    Eine Journalistin wollte wissen, warum sich der Bundesrat so zögerlich zu möglichen Ordnungsbussen äussere.
    Würden die Gas-Sparmassnahmen nicht berücksichtigt, könne dies zu Ordnungsbussen führen. Doch die Regierung zähle auf die individuelle Verantwortung, so Parmelin.

  • 16.25 Uhr

    Müsste man das Gas über den Preis regulieren?

    Gemäss Parmelin sei die dies noch nicht der Fall. Er zeigt sich zuversichtlich, dass für den jetztigen Winter die Gasvorkommen reichen werden. Jedoch wolle man (Bund Kantone und Haushalte) sich mit den Massnahmen auch für den kommenden Winter 2023/2024 vorbereiten, deshalb sei eine Regulierung über den Preis kein Thema momentan, so der Bundesrat.

  • 16.23 Uhr

    20 statt 19 Grad: Ist das nur Symbolpolitik?

    Nein, sagt Parmelin. Wie bereits früher erwähnt, seien 20 Grad einfacher einzustellen als 19 Grad.

  • 16:21 Uhr

    Was ist mit dem Gasgrill?

    Laut Näf sei nur das Gas das über Leitungen in die Haushalte kommt. Alle anderen Gasformen, Flüssiggas in der Flasche zum Beispiel, seien nicht betroffen, erklärt der Leiter Fachbereich Industrie beim Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL.

  • 16:19 Uhr

    Wie sieht es mit dem Strom aus?

    Ob Kontingentenhandel vorgesehen sei, wollte eine Journalistin wissen. Die Verordnungen bezüglich Strom seien im Abschluss der Konsultationen, so Parmelin. Nur so viel: Die Stabilität der Energieversorgung sei höher, man werde in Kürze informieren. Mehr gibt der Bundesrat nicht bekannt.

  • 16.18 Uhr

    Kommt jetzt die Heizpolizei?

    Die Situation sei schwierig, so die Antwort. Es brauche Stichproben, was aber in der Kompetenz der Kantone liege. «Es braucht aber keine Gaspolizei, die Kontrollen durchführt.» Man vertraue da auch auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung.

    Bundesrat Guy Parmelin stellt in Bern das Krisenszenario für eine Gasmangellage vor.
    Bundesrat Guy Parmelin stellt in Bern das Krisenszenario für eine Gasmangellage vor.
    Bild: Keystone/Anthony Annex
  • 16.16 Uhr

    Kann Parmelin eine erste Entwarnung geben?

    Man müsse vorsichtig bleiben, hält Parmelin fest. Es gebe gewisse Faktoren, die nicht abschätzbar seien: Ob es ein strenger Winter wird etwa und wie die Verfügbarkeit von Gas aussehen werde. Das könne man heute noch nicht wissen.

  • 16.13 Uhr

    Was verstehen Sie unter einer schweren Knappheit?

    Die Massnahmen würden bei der schweren Knappheit greifen. Das heisst, wenn zum Beispiel ein Nachbarland wie Deutschland auch in eine schwere Notlage kommt und nicht mehr liefern kann, wie vereinbart.

    Urs Näf ergänzt, dass es bei den Verordnungen vor allem um die Nachfrageseite handle. Aber dass es auch um die Angebotsseite, also um die Gasbranche gehe. 

  • 16.12 Uhr

    Wieso 20 Grad und nicht mehr 19 Grad?

    Nun können die Journalist*innen Fragen stellen. Warum dürfe man nun auf 20 Grad heizen statt auf 19 Grad, wird er gefragt. Weil diese Marke einfacher einzuhalten sei, sagt der Wirtschaftsminister. 20 Grad entspreche der Stufe 3 auf dem Heizregler.

  • Parmelin appelliert an die Bevöllkerung

    Zum Schluss seiner Information appelliert Parmelin an die Bevölkerung, beim Energiesparen mitzuhelfen und dass alle einen Beitrag dazu leisten können.

  • 16:11 Uhr

    Spitäler und weitere Gesundheitsinfrastrukturen von den Massnahmen ausgenommen

    Von den Massnahmen ausgenommen sind Spitäler und gesundheitliche Infrastrukturen. 

  • 16.09 Uhr

    Zusammenfassung auf Französisch

    Parmelin fasst die wichtigsten Punkte nun nochmals auf Französisch zusammen, unter anderem, dass auch Wellness-Einrichtungen nicht mehr beheizt werden dürften.

  • 16.08 Uhr

    Das Risiko ist gering

    Gemäss Parmelin sei das Szenario einer Gasmangellage diesen Winter sehr gering. Trotzdem wolle man vorbereitet sein.

  • 16.06 Uhr

    «Vorbereitet» und «flexibel bleiben»

    Zusammengefasst sei die Schweiz mit den entsprechenden Massnahmen «bereit für alle Fälle und bleibt flexibel», sagt Parmelin.

  • 16.04 Uhr

    Vorsorgen für den Fall der Fälle

    Diese Verordnungen seien nur für den Fall der Fälle gefasst worden, betont Parmelin. Ausserdem habe der Bundesrat bereits Schritte unternommen, damit es zu keiner Mangellage komme. Jeder und jede könne zudem einen Beitrag leisten, dass es nicht so weit komme. Und: «Diese Verordnungen sind nicht in Stein gemeisselt», so Parmelin.

  • 16:03 Uhr

    «Sie können sich entsprechend vorbereiten»

    Parmelin gibt bekannt, dass die zwei Verordnungen veröffentlicht werden, damit sich die Bevölkerung infomieren kann bei einer allfälligen Gasmangellage: «Sie können sich entsprechend vorbereiten.»

  • 16.00 Uhr

    Die Medienkonferenz beginnt

    Bundesrat Guy Parmelin und Urs Näf von der Schweizerischen Landesversorgung informieren.

Was hältst du von den geplanten Heizvorschriften? Sag es uns im Kommentarfeld.