Lockdown Schweizer Firmen nehmen Schutz vor Corona ernst – manchmal mussten Kontrolleure eingreifen

Von Jennifer Furer

15.5.2020

Die Lockerung des Lockdowns funktioniert – zumindest bis jetzt. Auch die bereits geöffneten Betriebe verhalten sich vorbildlich. Dennoch: Die Kantone mussten bereits eingreifen. Dabei kam es auch zu Schliessungen.

Die Ansteckungszahlen zeigen: Die Lockerungen des Lockdowns führen derzeit nicht zu einem sehr hohen Anstieg von Neuerkrankten in der Schweiz. Im Gegenteil. Die Kurve flacht ab. Am Donnerstag vermeldete das Bundesamt für Gesundheit 50 Neuinfizierte, einen Tag zuvor waren es 33 gewesen.

Die Lage scheint zumindest vorübergehend unter Kontrolle – trotz der Lockerung aus dem Lockdown. Seit knapp drei Wochen haben Coiffeursalons und Kosmetikbetriebe wieder geöffnet. Am Montag folgten Gastrobetriebe, Bibliotheken und Museen.



Eine Massnahme, um die Anzahl Neuansteckungen auf tiefem Niveau zu halten und trotzdem Lockerungen zu vollziehen, sind Schutzkonzepte. In diesen ist beispielsweise festgehalten, wie der Kontakt zu den Kundinnen und Kunden geregelt ist, und wie sich die Mitarbeitenden verhalten müssen.

«Bluewin» hat in verschiedenen Deutschschweizer Kantonen nachgefragt: Halten die Betriebe die Schutzkonzepte ein? Man muss dazu wissen: Die kantonalen Arbeits- und Lebensinspektorate sowie die Suva führen unangekündigte Kontrollen durch. Diese finden stichprobenartig oder aufgrund von Hinweisen aus der Bevölkerung statt.

Nachkontrollen nötig

Die Resultate dieser Kontrollen sprechen für die hiesigen Betriebe: Bisher mussten in der Deutschschweiz praktisch keine Geschäfte geschlossen werden. Nur vereinzelt kam es zu Betriebseinstellungen.

So etwa im Kanton Basel-Stadt. Dort musste ein Coiffeursalon geschlossen werden, im Kanton Thurgau eine Baustelle. In den Kantonen Zürich, Aargau, Bern, Basel-Landschaft, Luzern, St. Gallen, Zug, Schaffhausen und Graubünden kam es bis anhin zu keiner Schliessung.

Allerdings zeigt die Umfrage von «Bluewin» bei den kantonalen Arbeitsinspektoraten auch: Es hat einige Betriebe gegeben, welche die Schutzkonzepte zunächst mangelhaft umsetzten, sie innerhalb einer gesetzten Frist aber dann korrekt anwandten. Ansonsten wäre es zu einer Schliessung gekommen. So geschehen etwa im Kanton St. Gallen.

«Ein Dienstleistungsbetrieb im Verkaufsbereich musste vorübergehend für 90 Minuten geschlossen werden, bis die bemängelten Schutzmassnahmen umgesetzt waren», sagt Karin Jung, Leiterin des Amtes für Wirtschaft und Arbeit. Zudem hätten insgesamt elf Unternehmen des Baunebengewerbes und eines des Bauhauptgewerbes auf verschiedenen Baustellen ihre Arbeit einstellen müssen, bis die erforderlichen Massnahmen umgesetzt gewesen seien.

Auch im Kanton Zug musste bei einigen Betrieben nachkontrolliert werden. «Einige Betriebe mussten zwar angemahnt werden, letztlich wurde aber kein Betrieb geschlossen», sagt Bernhard Neidhart, Leiter Amt für Wirtschaft und Arbeit. Abgemahnt worden sei auch nur eine absolute Minderheit der bisher kontrollierten Betriebe.

Im Kanton Aargau mussten ebenfalls zehn Betriebe vorübergehend geschlossen werden, weil die Schutzkonzepte nicht oder absolut ungenügend umgesetzt wurden, sagt Samuel Helbling, Leiter Kommunikationsdienst des Departement Volkswirtschaft und Inneres. 

Angst vor zweiter Welle

Dennoch: Die Betriebe nehmen die Schutzkonzepte grossmehrheitlich ernst, stellen die Arbeitsinspektorate der angefragten Kantone unisono fest. Damien Ojetti, Präsident von Coiffure Suisse, sagt: «Es ist zwar eine Herausforderung, die Massnahmen umzusetzen. Es ist aber von zentraler Bedeutung, dass wir uns an die Schutzkonzepte halten.» 

Dies allein, so Ojetti, um die Gesundheit der Kundinnen und Mitarbeiter nicht zu gefährden, «aber eben auch, damit es nicht zu einer erneuten Schliessung kommt.» Für die Coiffeurgeschäfte wäre dies finanziell kaum tragbar, es «wäre ein Desaster», sagt Ojetti. Ja, die Angst vor einer zweiten Ansteckungswelle kursiere.

Ähnlich sieht dies auch Gabriel Rupp, Mitglied der Geschäftsleitung des Schweizerischen Verbands der Berufs-Masseure: «Unserer Branche hat die Wiederaufnahme und somit Öffnung der Praxen Erleichterung gebracht – aus Sicht der Therapeuten wie auch Kunden.»

Dennoch: Der Lockdown wie auch die Wiederaufnahme der Tätigkeit mit den momentan gültigen Schutzmassnahme-Vorschriften bedeute für die Branche einige zu überwindende Hürden in der Ausübung der Tätigkeit.

Für das Einhalten der Schutzkonzepte sei die Disziplin jedes Einzelnen massgebend. «Und anhand der momentanen Entwicklung zeigt sich, dass sich die Bürger grösstenteils an die Vorschriften und Vorgaben halten», sagt Rupp. Ein Grund dafür sieht auch er in der Angst vor eigener Ansteckung.



Weniger schwierig sei die Umsetzung des Schutzkonzeptes bei den Nagelstudios gewesen, sagt Steffi Brühlmann, Präsidentin von swissnaildesign.ch. «Bei der Ausarbeitung habe ich festgestellt, dass wir bis auf die Trennwand bereits alle Auflagen des Bundes schon im normalen Alltag einhalten.» Die Nägelartistinnen und -artisten würden ohnehin etwa Handschuhe und Mundschutz tragen.

Trotzdem: Die Nagelstudios kämpfen mit der Corona-Krise. Es gebe Kundinnen, die sich den Besuch nicht mehr leisten könnten und deswegen abspringen würden. Und: «Die finanziellen Ausfälle lassen sich nicht wieder gut machen. Denn die Nägel lassen sich nicht rückwirkend machen», sagt Brühlmann.


Bilder des Tages

Zurück zur Startseite