Gipfel-Showdown in Genf Rollt der Bundesrat auch für Putin den roten Teppich aus?

Von Gil Bieler und Philipp Dahm, Genf

16.6.2021

So heiss ist Genf auf den Gipfel

So heiss ist Genf auf den Gipfel

Genf ist bereit für den Gipfel: Eine kleine Armee aus Polizisten und Soldaten hat den UN-Sitz abgesichert – beobachtet von einem wahren Heer von Journalisten. Darunter auch zwei «Spitzel» von »blue News«.

15.06.2021

Joe Biden ist schon da, am Mittag stösst auch Wladimir Putin dazu: In Genf dreht sich heute alles um das amerikanisch-russische Gipfeltreffen. Wie der Tag abläuft, was zu erwarten ist – und was eher nicht.

Von Gil Bieler und Philipp Dahm, Genf

16.6.2021

«Herzlich» sei die Atmosphäre gewesen, als sich Joe Biden am späten Dienstagnachmittag mit Bundespräsident Guy Parmelin und Aussenminister Ignazio Cassis ausgetauscht hat. Das sagten die beiden Bundesräte an der anschliessenden Medienkonferenz in Genf. Bei nur einer halben Stunde Zeit hätten aber viele Themen aussen vor bleiben müssen. 

Das zeigt: Die Schweiz ist zwar Gastgeberin, doch Biden führt ein ganz anderer Grund nach Genf – das für heute Mittwoch anberaumte Gipfeltreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Und «herzlich» dürfte dieses kaum werden. So sind sich beide Staatschefs einig, dass die russisch-amerikanischen Beziehungen an einem Tiefpunkt angelangt seien.

Biden residiert in einer Festung

Der US-Präsident trat am Dienstag nicht vor die Medien. Der 78-Jährige zog es vor, im streng abgeriegelten Hotel Intercontinental zu bleiben, wo seine Entourage während seiner Genf-Visite logiert. Die Sicherheitsvorkehrungen rund um den Hotelkomplex sind imposant: Die Zufahrtsstrassen sind gesperrt, jedes anfahrende Auto wird genauestens durchgecheckt – auch mit Spürhunden. Als die beiden «blue News»-Reporter dem Checkpoint zu nahe kamen, wurden sie sogleich zurückgewiesen – in bestimmtem Berndeutsch.

Putin wird erst heute Mittwoch in Genf eintreffen, und auch er wird sich mit Parmelin und Cassis unterhalten. Ob die beiden Bundesräte für den Kreml-Chef – wie am Vortag für Biden – ebenfalls den roten Teppich ausrollen, muss sich zeigen. Man hoffe, mit Putin über die Konflikte in der Ukraine und der Region Bergkarabach reden zu können, sagte Cassis.

Bundespräsident Guy Parmelin (r.) hat US-Präsident Joe Biden am Dienstag sichtlich erfreut am Flughafen Genf begrüsst. 
Bundespräsident Guy Parmelin (r.) hat US-Präsident Joe Biden am Dienstag sichtlich erfreut am Flughafen Genf begrüsst. 
Bild: Denis Balibouse/Pool Photo via AP

Die Landung von Putin wird zur Mittagszeit erwartet, ab 13.25 Uhr steigt dann der mit Spannung erwartete Gipfel zwischen Biden und Putin. Die Villa La Grange am Seebecken wurde bereits am Dienstag von Medienvertreter*innen aus aller Welt belagert, die alles rapportierten, was es zu beobachten gab – weil der Park rund um die Villa geradewegs hermetisch abgeriegelt und gesichert ist, gibt es jedoch wenig zu sehen.



Der Stacheldrahtzaun, die vielen postierten Polizisten und das Dröhnen der am Himmel kreisenden Helikopter machen dennoch jedem klar, dass hier kein alltägliches Treffen ansteht. Es ist nicht übertrieben: Die ganze Welt schaut nach Genf. Auf der Pressetribüne vis-à-vis des Parkeingangs sprachen Reporter*innen in den verschiedensten Sprachen in die Kameras. Heute dürfte dort auch der letzte Platz besetzt sein. 

Die Genfer Polizei hat am Mittwoch ein Communiqué veröffentlicht, was das Gipfeltreffen für den Verkehr in der Stadt bedeutet. Die Konvois der Präsidenten würden von der Genfer Polizei bis an den Gesprächsort eskortiert – wann genau, wird nicht gesagt. Nur so viel: «Zur Mittagszeit» werde auf «einem grossen Gebiet» zwischen Flughafen und dem Quai Wilson, inklusive der Autobahn A1, der Verkehr erheblich eingeschränkt. Dasselbe Prozedere wiederhole sich dann abends, nach Ende des Gipfels.

Trotz des Ausnahmezustands: Inhaltlich ist an dem Gipfel kein Durchbruch zu erwarten – zu sehr haben beide Seiten die Erwartungen bereits gedämpft. Doch wollen sie vier bis fünf Stunden miteinander sprechen. 



Biden kündigte an, er wolle unangenehme Themen aufs Tapet bringen und Putin die «roten Linien» aufzeigen, die der Kreml-Chef besser nicht überschreiten solle. Zugleich will er aber ausloten, wo man zusammenarbeiten könne. Aus Moskau wiederum verlautete, es sei unklar, ob es überhaupt «irgendwelche Vereinbarungen» geben werde. Eine gemeinsame Erklärung der beiden ist nicht angekündigt, vielmehr wollen Putin und Biden jeweils einzeln vor die Medien treten. 

Aber wer weiss: Vielleicht tun die hochsommerlichen Temperaturen in Genf noch das ihre, um die Beziehungen zwischen den beiden Staatschefs etwas aufzutauen. Für einen gemeinsamen Drink bliebe wohl noch Zeit – am Abend sollen die beiden dann bereits wieder die Heimreise antreten.

Heute wird er in Genf landen: Russlands Präsident Wladimir Putin. 
Heute wird er in Genf landen: Russlands Präsident Wladimir Putin. 
Bild: Alexei Druzhinin, Sputnik, Kremlin Pool Photo via AP