Tabakkonzern Werbeverträge mit Philip Morris – viel Kritik am Aussendepartement

dor

22.7.2019

Die Kosten für die im Juni 2019 eröffnete Schweizer Botschaft in Moskau – bis dato das grösste Bauprojekt des Bundes im Ausland – beliefen sich auf 42,8 Millionen Franken.
Die Kosten für die im Juni 2019 eröffnete Schweizer Botschaft in Moskau – bis dato das grösste Bauprojekt des Bundes im Ausland – beliefen sich auf 42,8 Millionen Franken.
Bild: Keystone/EPA/Yuri Kochetkov

Ausgerechnet der Zigarettenhersteller Philip Morris ist Hauptsponsor des Schweizer Auftritts an der Expo 2020 in Dubai. Der Vertrag ruft immer mehr Kritiker auf den Plan – nun auch die Weltgesundheitsorganisation.

Das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) gerät im Zusammenhang mit Werbeauftritten des weltgrössten Tabakkonzerns immer mehr in die Kritik. Der Vorwurf: Das Departement von Ignazio Cassis (FDP) ermögliche Philip Morris, vom guten Image der Schweiz zu profitieren.

So hat das EDA den amerikanischen Konzern zu einem von zwei «Hauptsponsoren» des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung in Dubai ernannt, was den Unwillen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hervorgerufen hat. Dies berichtet der «Tages-Anzeiger» am Montag. «Tabak tötet weltweit pro Jahr acht Millionen Menschen», zitiert die Zeitung die WHO-Zentrale in Genf.

Trotzdem versuche «die Tabakindus­trie die Präventionsbemühungen von Regierungen und internationalen Organisationen zu unterlaufen». «Dass nun ausgerechnet die Schweiz als Sitzstaat der WHO eine Sponsoring-Partnerschaft mit einem Tabakkonzern eingeht, ist sehr bedenklich.» Gemäss dem Bericht hat die WHO in Bern «bei hohen Stellen inter­veniert».

Das Abkommen zwischen dem EDA und Philip Morris sei unzulässig, da die Weltausstellung in Dubai der Aufsicht des Bureau International des Expositions (BIE) unterstehe. Und mit dieser Organisation bestehe seit 2010 eine Vereinbarung, wonach Tabaksponsoring an Expos untersagt sei, sagt die WHO. Sie werde beim BIE Protest anmelden, heisst es in dem Bericht weiter: «Wir werden darauf drängen, dass die Vereinbarung auch im Schweizer Pavillon in Dubai eingehalten wird.»

Der in New York beheimatete Tabakkonzern legt für die Partnerschaft mit der Schweiz in Dubai offenbar 1,8 Millionen Franken auf den Tisch. Dafür profitiere Philip Morris wie andere Sponsoren von einem «Imagetransfer» – sprich: Das gute Image der Schweiz soll sich für Philip Morris und andere Geldgeber bezahlt machen.



Kritik aus der Politik und von Verbänden

Die SP will den Sponsoring-Vertrag mit Philip Morris offenbar im Parlament stoppen. Sie werde in der zuständigen Kommission einen entsprechenden Antrag einreichen, sagt die Schaffhauser SP-­Nationalrätin Martina Munz dem «Tages-Anzeiger». Es gehe nicht, «dass die Schweiz jedes Jahr viele Millionen in die Tabakprävention steckt und dann ihren Expo-Pavillon für Tabakwerbung hergibt.»

Auch das Bundesamt für Gesundheit kritisiert das Departement und Cassis: «Die Zusammenarbeit mit einem Tabakkonzern im Rahmen der Expo in Dubai steht im Widerspruch zu unserer Präventionsstrategie», erklärte es vergangene Woche den CH-Media-Zeitungen.

Auch Verbände legen Einspruch ein. Die Lungenliga, der Verband Sucht Schweiz und die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention haben Bundesrat Cassis gemäss dem Bericht per Brief ihr Unverständnis mitgeteilt. «Indem die offizielle Schweiz Philipp Morris als Sponsor akzeptiert, ist es letztlich sie selber, die für Produkte wirbt, die Millionen von Menschen abhängig machen», so Verena El Fehri von der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention.



E-Zigarettenwerbung in der Schweizer Botschaft

Das EDA steht bereits für einen anderen Anlass, den Philip Morris für seine Werbezwecke nutzen durfte, in der Kritik: Mitte Juni eröffnete Cassis in Moskau die neue Schweizer Botschaft, wo Philip Morris als «Goldsponsor» zugelassen war und seine umstrittene E-Zigarette Iqos bewarb. Nach Worten des SP-Nationalrats Fabian Molina, der laut «Tages-Anzeiger» vor Ort war, soll Philip Morris die E-Zigaretten dort sogar verkauft haben. «Eine völlige Zweckentfremdung des Botschaftsgeländes», kritisiert Molina. 45'000 Franken soll der Iqos- und Zigarettenhersteller Philip Morris dem EDA für die hochkarätige Werbegelegenheit bezahlt haben.

Als Begründung für den Sponsoringvertrag gibt das EDA einen Beschluss des Parlaments an. Dieses habe entschieden, die Hälfte der Kosten in Höhe von 15 Millionen Franken für den Schweizer Pavillon an der Expo 2020 in Dubai solle mit Sponsoring-Verträgen gedeckt werden. Ausserdem sei Philip Morris ein wirtschaftlich wichtiges Unternehmen mit Europa-Sitz in der Schweiz.

Aber selbstverständlich werde das EDA alles tun, «um sicherzustellen, dass in keiner Weise der Eindruck entsteht, dass der Bund den Konsum von Tabakerzeugnissen fördert», heisst es in dem Bericht. Die Sichtbarkeit von Philip Morris im Schweizer Pavillon sei beschränkt, sie «konzentriere sich auf eine Bar auf der Dachterrasse». Und dort werde der US-Tabakkonzern ausschliesslich seine Iqos-Produkte bewerben.

Zurück zur Startseite