Vorstoss abgelehnt Oligarchen behalten ihr in der Schweiz parkiertes Geld

Von Anna Kappeler (Text) und Adrian Kammer (Video)

9.6.2022

Das macht die Schweiz mit dem Oligarchen-Geld

Das macht die Schweiz mit dem Oligarchen-Geld

Oligarchen-Geld sperren. Den Rohstoffhandel stärker kontrollieren. Das will die Linke. Doch der Nationalrat schmettert das ab. Und jetzt?

09.06.2022

Oligarchen-Geld sperren. Den Rohstoffhandel stärker kontrollieren. Das will die Linke. Doch der Nationalrat hat beides abgelehnt. Und jetzt?

Von Anna Kappeler (Text) und Adrian Kammer (Video)

Die ausserordentliche Session zum Ukraine-Krieg im Nationalrat verläuft am Donnerstagmorgen teils hitzig. «Dass die Schweiz ein wichtiger Handelsplatz ist, ist nicht ein Problem. Das ist eine Chance für unser Land, die vielen Leuten Arbeit und Einkommen bringt», sagt etwa Nationalrat Gregor Rutz (SVP/ZH) im Rat. Als «neueste Jux-Idee» der Linken bezeichnet er das Anliegen, Gelder von Oligarchen zu sperren und einzuziehen.

«Die Schweiz ist eine der zentralsten Drehscheiben für russisches Oligarchengeld», kontert dagegen SP-Co-Chefin und Nationalrätin Mattea Meyer. Die Schweiz müsse diese Vermögenswerte deshalb aktiv aufspüren und sperren, sagt sie nach der Debatte in der Wandelhalle (siehe Video oben). Der Krieg dürfe nicht mehr aus der Schweiz heraus finanziert werden. 

Die SP-Fraktion will den Bundesrat mit einer Motion beauftragen, «so schnell wie möglich eine eigene Taskforce einzusetzen», um in der Schweiz gelagerte Vermögenswerte reicher Russen und Belarussen zu lokalisieren. Diese Gelder sollen dann gesperrt und gegebenenfalls auch eingezogen werden.

Doch die Ratsmehrheit will davon nichts wissen. Sie versenkt das Anliegen mit 103 zu 78 Stimmen bei drei Enthaltungen.

Mitte kündigt an, dem Bundesrat Druck zu machen

Während SVP und FDP damit zufrieden sind, will die Mitte-Fraktion den Finger auf der Motion behalten. «Der Bundesrat und die Departemente machen zu wenig, um Oligarchen-Geld zu finden», sagt deren Ständerat Philipp Bregy. Gelder auch einzuziehen, das hingegen sei rechtsstaatlich nicht möglich. Dies, so Bregy, weil es sich bei Oligarchen-Geld nicht um unrechtmässig erworbenes Geld handle. 

Bregy: «Der Bundesrat hat jetzt die Möglichkeit, hier rasch tätig zu werden.» Mache der Bundesrat nun gleichwohl nichts, werde die Mitte nach den Sommerferien in der Kommission gemeinsam mit den anderen Parteien den ersten Punkt «wieder aufs Tapet bringen.»

Rohstoffhandel bekommt keine Aufsicht

Auch von der gleichzeitig traktandierten Motion der Grünen zum Rohstoffhandel hält die Ratsmehrheit nichts. Sie versenkt diese mit 103 zu 80 Stimmen bei einer Enthaltung.

Dieser zweite Vorstoss hätte zum Ziel gehabt, den Rohstoffhandel mit einer unabhängigen Marktaufsicht stärker in die Pflicht zu nehmen. Finanzminister Ueli Maurer im Rat: «Dieser Rohstoffhandel hat gerade in den letzten Wochen und Monaten an Bedeutung gewonnen. Wir stellen jetzt überall fest, dass Lücken entstehen.» Hier habe die Schweiz als zuverlässiger Standort gerade eine sehr wichtige Rolle, die weltweit geschätzt werde. 

Auch SVP-Nationalrat Rutz betont nach der Debatte im Gespräch mit blue News, er sei froh darüber, dass sich die Linke mit «ihrem Wunsch nach mehr Regulation nicht habe durchsetzen können.» Zumal dieser Wunsch grundlegender Natur sei, und «gar nichts mit dem Ukraine-Konflikt zu tun» habe.

Enttäuscht ist dagegen Nationalrätin Franziska Ryser (GP/SG). Sie zeigt sich kämpferisch. «Wir versuchen nun gleichwohl, den Druck hochzuhalten», sagt sie. «Und schauen genau, dass die zuständigen Behörden wie das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco die von der Schweiz mitgetragenen Sanktionen konsequent umsetzt.»

Nationalrat für eigenständige Sanktionen

In dem an die Sonderdebatte anschliessenden Geschäft – auch dieses steht im Zeichen des Ukraine-Kriegs – setzt sich die Linke dann durch. Der Bundesrat soll künftig eigenständige Schweizer Sanktionen verhängen dürfen, entscheidet der Nationalrat. 

Heute kann die Schweiz lediglich Sanktionen der UNO, der EU oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übernehmen. 

Eigenständige Sanktionen könnten sich nun neu auch gegen Personen oder Unternehmen richten. Dies etwa dann, wenn Menschenrechte verletzt werden oder andere schwere Verstösse gegen internationales Recht geschehen.

Die grosse Kammer will das Embargogesetz entsprechend ändern. Der Entscheid fällt mit 136 zu 53 Stimmen ohne Enthaltung.

Starke Verbindungen in die Schweiz: Renova-CEO Viktor Vekselberg gilt als enger Vertrauter von Russlands Präsident Wladimir Putin und Gross-Investor in der Schweiz. So wie er haben viele russische Oligarchen Vermögenswerte in der Schweiz.
Starke Verbindungen in die Schweiz: Renova-CEO Viktor Vekselberg gilt als enger Vertrauter von Russlands Präsident Wladimir Putin und Gross-Investor in der Schweiz. So wie er haben viele russische Oligarchen Vermögenswerte in der Schweiz.
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