Nationalrat versenkt vollen Teuerungsausgleich auf AHV-Renten
Der Nationalrat hat es am Mittwochmorgen abgelehnt, auf eine Umsetzungsvorlage zum vollen Teuerungsausgleich auf AHV-Renten einzutreten. In der Herbstsession hatte er einer Motion mit demselben Anliegen noch zugestimmt.
01.03.2023
Kehrtwende im Nationalrat: Eine bürgerliche Mehrheit will nichts mehr wissen von einem vollen Teuerungsausgleich auf AHV-Renten in diesem Jahr. Die Befürworter*innen müssen jetzt auf den Ständerat hoffen.
Der Nationalrat hat es am Mittwochmorgen abgelehnt, auf eine Umsetzungsvorlage zum vollen Teuerungsausgleich auf AHV-Renten einzutreten. In der Herbstsession hatte er einer Motion mit demselben Anliegen noch zugestimmt.
Denkbar knapp mit 97 zu 92 Stimmen bei einer Enthaltung trat der Nationalrat nicht auf das Geschäft ein.
Die grosse Kammer folgte mit diesem Votum dem Antrag ihrer Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-N), der aber ebenfalls nur knapp zustande gekommen war.
SVP, FDP und GLP sagten Nein
Gegen die zusätzliche Rentenerhöhung stellten sich im Nationalrat neben FDP und SVP auch die Grünliberalen. Die AHV sei heute schon finanziell belastet, begründete Kommissionssprecher Philippe Nantermod (FDP/VS) die Haltung der Kommissionsmehrheit.
Regine Sauter (FDP/ZH) kritisierte die zusätzliche Rentenerhöhung als Wahlkampf-Manöver. Zudem sei das Vorhaben unfair. Familien erhielten nichts, während auch profitiere, wer bei der AHV eine Maximalrente beziehe.
Melanie Mettler (GLP/BE) kritisierte das ganze Vorhaben als zu ungezielt. Gerade bei den Rentnerinnen und Rentnern sei die Ungleichheit sehr gross.
Katharina Prelicz-Huber (ZH) widersprach namens der Fraktion der Grünen, die AHV sei mit ihrem Umlageverfahren das gerechteste Sozialwerk der Schweiz. Das eigentliche Problem bestehe darin, dass selbst die Maximalrente kaum existenzsichernd sei.
Es geht um 0,3 Prozentpunkte
Für Nichteintreten war auch die SVP. Der Bundesrat habe mit der jüngsten Rentenerhöhung bereits auf die aktuellen Entwicklungen reagiert. Bereits im Januar hatte die Landesregierung die Renten um 2,5 Prozent erhöht. In der Debatte am Mittwoch ging es lediglich noch darum, ob weitere 0,3 Prozentpunkte dazukommen sollen.
Konkret würde dies eine Erhöhung um fünf Franken im Monat für die Minimalrente und von zwölf Franken für die Maximalrente bedeuten. Ausbezahlt werden kann die zusätzliche Rentenerhöhung frühestens per Anfang Juli. Sie würde so berechnet, dass auch die bereits vergangenen Monate Januar bis Juni kompensiert werden. Dafür würden zusätzliche zwei Franken monatlich ausbezahlt.
Heute orientiert sich der Bund bei der Festlegung der AHV-Renten am sogenannten Mischindex. Dieser basiert zur Hälfte auf der Teuerung und zur Hälfte auf der Lohnentwicklung.
«Massiver Kaufkraftverlust»
Es gehe um einen Ausgleich der Teuerung für die Ärmsten im Land, widersprach Christian Lohr (Mitte/TG). Man müsse jenen helfen, die sich nicht selbst gegen die aktuelle Entwicklung wehren könnten.
Lohr räumte aber ein, über die Finanzierung des Vorhabens müsse zu einem späteren Zeitpunkt nochmals diskutiert werden. Die zusätzliche Rentenerhöhung kostet insgesamt 418 Millionen Franken für die Jahre 2023 und 2024. Die Mehrkosten sollen nach dem Willen des Bundesrats ausnahmsweise nicht durch den Bund mitfinanziert werden.
SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (ZH) sagte namens ihrer Fraktion, Rentnerinnen und Rentner erlitten einen massiven Kaufkraftverlust - insbesondere wegen des Anstiegs der Krankenkassenprämien und der Miet-Nebenkosten. Dagegen untätig zu bleiben, sei volkswirtschaftlich Unsinn.
Dem Befürworterlager bleibt aber noch eine Hoffnung: Das Geschäft geht nun noch an den Ständerat.
Ständerat befasst sich am Donnerstag mit dem Thema
Der Ständerat wird sich bereits am Donnerstag ein drittes Mal mit dem Thema befassen. Dann steht dort die Beratung der Umsetzungsvorlage des Bundesrats auf dem Programm. Anders als im Nationalrat haben im Ständerat SP, Grüne und Mitte-Partei in der kleinen Kammer zusammen eine Mehrheit.
Lehnen beide Räte ein Eintreten ab oder tut dies ein Rat zweimal, ist die Vorlage vom Tisch.
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