Zuzug aus Norwegen Nach den Milliardären kommen jetzt die jungen Reichen

uri

8.5.2023

Nicht zuletzt das Tessin – im Bild Lugano – ist für reiche Norweger als neue Heimat attraktiv. Auch wenn steuerlich woanders noch mehr drinliegt, punktet die Region mit Ähnlichkeiten zur alten Heimat – aber unter Palmen, mit mediterranem Klima.
Nicht zuletzt das Tessin – im Bild Lugano – ist für reiche Norweger als neue Heimat attraktiv. Auch wenn steuerlich woanders noch mehr drinliegt, punktet die Region mit Ähnlichkeiten zur alten Heimat – aber unter Palmen, mit mediterranem Klima.
Archivbild: Keystone

Norwegen hat zuletzt einige Steuern angehoben, weshalb Superreiche aus dem Norden den Weg in die Schweiz antreten. Inzwischen kommen auch jüngere Millionäre – die Rede ist schon von der zweiten «Schweizer Welle».

uri

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der Zuzug reicher Norweger*innen in die Schweiz hält weiter an.
  • Inzwischen sollen 50 Personen aus Norwegen, die insgesamt mehr als 35 Milliarden Franken schwer sind, in die Schweiz ausgewandert sein.
  • Unter den Zuwanderern aus dem hohen Norden sind auch immer mehr Jungunternehmer*innen, die von der Schweiz aus ihre Geschäfte tätigen.
  • Sie befürchten nach Steuererhöhungen in Norwegen einen Trend.

Seit Jahren dominieren die Kamprads – die schwedische Eigentümerfamilie von Ikea – die Rangliste der reichsten in der Schweiz lebenden Menschen. Den 1. Platz wird ihnen wohl so schnell niemand nehmen. Allerdings bekommen die Schweden zusehends mehr Konkurrenz aus Norwegen.

Wegen der hohen norwegischen Vermögenssteuer und nicht zuletzt wegen einer Erhöhung der Besteuerung des Geschäftsvermögens im Land suchen mehr und mehr reiche Norweger seit letztem Jahr eine neue Heimat. Und diese finden sie vor allem auch in der steuerlich günstigeren Schweiz, wie die «Handelszeitung» berichtete.

Demnach bewegen sich die reichsten Norweger «wie Lachse … gerade im Strom in die Schweiz». Auslöser dafür seien die jüngsten Steuerreformen der Regierung unter sozialdemokratischer Führung. Den Anfang der Reichen-Karawane machte laut dem Bericht Ende 2022 mit dem Ölmagnaten Kjell Inge Røkke, einer der reichsten Männer und zugleich der zweitgröste Steuerzahler des Landes.

50 Superreiche zogen innerhalb eines Jahrs in die Schweiz

Bereits bis November 2022 seien 14 norwegische Milliardäre in die Schweiz gezogen, zitierte das Blatt aus der norwegischen «Dagens Næringsliv», wobei eigene Recherchen zeigten, «dass die tatsächliche Zahl deutlich höher liegen dürfte».

Laut den jüngsten Zahlen von «Dagens Næringsliv» sind nun in weniger als einem Jahr schon mehr als 50 Personen, die insgesamt mehr als 35 Milliarden Franken schwer sind, in die Schweiz ausgewandert. Das seien bereits «mehr als 50 Prozent vermögende Auswanderer mehr als noch vor drei Monaten», so Tamedia.

Viele der norwegischen Steuervermeider seien dabei inzwischen Erben grosser Unternehmen, aber auch Jungunternehmer. Diese würden in der Schweiz auch auf eine Pauschalbesteuerung verzichten, weil diese zu restriktiv sei. Voraussetzung sei dann nämlich, dass man keiner Erwerbstätigkeit nachgehe. 

Die meisten der Norweger wollten unterdessen auch «in der Schweiz aktiv bleiben». Sie würden, so die Tamedia-Zeitungen, hier in neue Technologien investieren und Immobilien in der Stadt oder in den Alpen kaufen. Begehrte Ziele seien etwa Luzern, Lugano, Schwyz, Zug oder Andermatt.

Jungunternehmer verlagern auch ihre Geschäftsaktivitäten

Bei den jüngeren Zuzügern aus Norwegen handelt es sich laut «20 Minuten» etwa um den 24-jährigen Kristoffer Reitan. Der Golfspieler besitze gemeinsam mit seiner 22 Jahre alten Schwester Viktoria Reitan, die ebenfalls in die Schweiz gezogen sei, 99 Prozent der Investmentgesellschaft MVK Capital. Das steuerpflichtige Vermögen der Geschwister sei dabei im Jahr 2021 auf umgerechnet 209 Millionen Franken geschätzt worden.

Unter den aus Norwegen in die Schweiz eingewanderten Jungunternehmern befinde sich auch der 31-jährige Fredrik Haga, der angeblich in Zug lebt. Er soll einer der Gründer des 2018 entstandenen Blockchain-Analyseunternehmens Dune Analytics sein. Hagas steuerpflichtiges Vermögen betrage laut «Dagens Næringsliv» 26 Millionen Kronen, was rund zwei Millionen Franken entspreche.

Trotz der gehäuften Abwanderung der Superreichen, so die Tamedia, seien die Staatsfinanzen des ölreichen Norwegens alles andere als gefährdet. Sorgen würde man sich allerdings darüber machen, dass die Steuerflichtlingen mit dem Wegzug auch ihre geschäftlichen Aktivitäten im Land reduzierten.

Oslo zieht die Schrauben weiter an und erreicht das Gegenteil

Die Mitte-Links-Regierung habe darauf bereits reagiert, indem sie die Schrauben angezogen habe: Der Weiterverkauf von Aktien durch im Ausland ansässige Personen sei strenger besteuert worden und man drohe mit einer massiven Steuer auf Vermögenswerte, sollten die Personen das Land endgültig verlassen.

Bislang würden diese Massmahmen aber genau die gegenteilige Wirkung zeigen: Gerade Jungunternehmer würden hierin einen Trend sehen und befürchten, dass sie künftig noch stärker besteuert würden. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass man bald noch mehr reiche Norweger in der Schweiz sehen wird. 

Für die Norweger sei die Schweiz aus mehreren Gründen attraktiv, berichten die Tamedia-Titel. Wegen eines Abkommens wechsle die Vermögenssteuer ab dem ersten Tag der Ansiedlung. Zudem sei der Steuersatz in einigen Kantonen bis zu zehnmal niedriger. 

Und obwohl es steuerlich noch günstigere Länder gibt, werden die Reichen aus dem Norden laut dem Anwalt Thor Leegaard aus Oslo nicht zuletzt «auch von einer Lebensweise angezogen, die der norwegischen ähnelt, mit der Nähe zur Natur. Es ist kein Zufall, dass sie sich in der Nähe der Seen niederlassen, in Lugano oder Luzern», sagte Leegaard.