Fast zwei Monate U-Haft Mann stiehlt im Coop für 8.85 Franken und landet hinter Gittern

Sven Ziegler

15.10.2024

Der Mann landet nach einem Diebstahl bei Coop in Untersuchungshaft. (Archivbild)
Der Mann landet nach einem Diebstahl bei Coop in Untersuchungshaft. (Archivbild)
KEYSTONE

Ein Ladendieb stiehlt für 8.85 Franken Lebensmittel im Coop. Daraus entwickelt sich ein Handgemenge. Der Mann muss 54 Tage in U-Haft – und erhält nun eine Genugtuung.

Sven Ziegler

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  • Ein Ladendieb stiehlt für 8 Franken Lebensmittel im Coop.
  • Danach kommt es zu einem Handgemenge mit dem Ladendetektiv.
  • Der Mann muss 54 Tage in Untersuchungshaft.
  • Jetzt erhält er eine Genugtuung.

Was mit einem simplen Ladendiebstahl begann, endete für einen 44-jährigen Franzosen mit fast zwei Monaten Untersuchungshaft – und führte nun zu einem Urteil des Zürcher Bezirksgerichts. 

Der Mann hatte im August in einer Coop-Filiale am Bahnhof Enge in Zürich einen Bio-Milchdrink, eine Packung Käse und eine Flasche Rivella im Wert von 8.85 Franken gestohlen, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Doch als er vom Ladendetektiv beim Verlassen des Supermarktes gestellt wurde, eskalierte die Situation: Der Mann soll laut Staatsanwaltschaft den Detektiv mit Faustschlägen und Tritten angegriffen haben. Dabei wurden dessen Kette und Apple Watch beschädigt.

Was als einfacher Diebstahl begann, wurde somit zu einem Fall von Raub mit Sachbeschädigung – zumindest aus Sicht der Staatsanwaltschaft, die acht Monate Gefängnis forderte.

10'800 Franken Genugtuung

Der Verteidiger des Mannes argumentierte dagegen, dass eine Strafe von 100 Franken ausreichend sei, da sein Mandant ausser einem Verkehrsdelikt nie strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Zudem leide der Beschuldigte an einer undifferenzierten Schizophrenie und Verfolgungswahn, was das Handgemenge aus seiner Sicht verständlich mache.

Die Richterin teilte schliesslich teilweise die Ansicht des Verteidigers. Sie befand, dass der Ladendetektiv «übermotiviert» agiert habe und möglicherweise für den Beschuldigten nicht als solcher erkennbar war, da der Franzose nur Französisch und der Detektiv nur Deutsch sprach.

Der Mann wurde daher vom Raubvorwurf freigesprochen und wegen geringfügigen Diebstahls zu einer Strafe von 300 Franken verurteilt, die aufgrund seiner bereits verbüssten Untersuchungshaft als abgegolten gilt.

Darüber hinaus entschied das Gericht, dass der Mann für die 54 Tage, die er zu Unrecht in Untersuchungshaft sass, eine Genugtuung von 10'800 Franken erhält. Der 44-Jährige wurde umgehend aus der Haft entlassen.