Gefallener Comedy-Star Louis C.K. in Basel – «Auf die harte Tour»

Von Philipp Dahm

26.11.2019

Ein US-Comedy-Star wird durch #MeToo 2017 zur Unperson. Mit einer Auslandstournee gibt Louis C.K. nun ein Comeback durch die Hintertür. Darf man heute in Basel über den Entertainer lachen?

Ein Comedy-Star stürzt über die #MeToo-Bewegung: Louis C.K. gibt im November zu, vor mehreren Frauen onaniert zu haben. Die Premiere seines gerade abgedrehten Films wird abgesagt. Seine Serien und Comedy-Specials verschwinden aus dem Programm, Sender und Bühnen-Betreiber distanzieren sich. Louis C.K. hat ausgespielt. So scheint es.

Zwei Jahre nach dem Skandal ist Louis C.K. aber doch auf Welttournee. Am 26. November kommt er nach Basel, weil das Zürcher Volkshaus seinen Auftritt mit Verweis auf den Eklat kurzfristig abgesagt hat. Auch andere Etablissements wie die Zürcher Maag-Halle hätten dem Komiker keine Bühne bieten wollen, heisst es – nicht zuletzt werden sich jene Veranstalter vor massiven Protesten gefürchtet haben.

Die Kardinalfragen in diesem Kontext lauten: Sollte Louis C.K. überhaupt noch auftreten dürfen? Sollte er nach dem, was war, noch ein Podium kriegen, um ein Publikum zu unterhalten? Ist es in Ordnung, Karten für die Show in Basel zu kaufen – und über den Mann sogar zu lachen? Oder macht sich sein Zuschauer zum Mittäter? Wie hat es die Autorin Sybille Berg formuliert: «Holt er IHN raus»?

Wie soll die Gesellschaft jetzt mit so einem Künstler und seiner Arbeit umgehen? Bei Michael Jackson war schon die Frage gestellt worden – und sie wird immer noch gestellt: In welchem Verhältnis steht dessen grosses musikalisches Erbe zu den bitteren Erkenntnissen, die die Pädophilie-Doku «Leaving Neverland» dem Publikum vermittelt hat?

Louis C.K.?  Er hat rote Haare, eine Halbglatze, hat einen gehörigen Bauch, er ist gefühlter Mexikaner, der im Körper eines Gringos gefangen ist. In seinem künstlerischen Programm eckt er lieber an, als Kompromisse zu machen. Sein Programm ist derb, direkt und mitunter politisch inkorrekt.



Wie er denkt, lässt sich aus Äusserungen 2010 schliessen, als er von seiner Scheidung spricht – mit seiner früheren Frau teilt er sich das Sorgerecht für die beiden Töchter. «Ich habe [auf der Bühne] über alles in meinem Leben gesprochen. Meine Kinder und auch über [meine Frau]. Ich hätte vielleicht ausdrücklicher um Erlaubnis bitten sollen», sagte er dem Magazin «Vulture». Und zum Thema Familie: «Es ist schwer, eine zu haben, weil sie wichtig ist. Wenn ich meine Kinder nicht lieben würde, wäre es einfach, sie aufzuziehen. Aber ich liebe sie, also musst du es auf die harte Tour machen.»

Bilanz ein Jahr nach #MeToo

Was für den Komiker spricht: Einen Tag nach der Enthüllung seines schwerwiegenden Verhaltens durch die «New York Times» gab Louis C.K. der «Washington Post» ein Interview, in dem er alle Vorwürfe einräumte. Produzent Harvey Weinstein etwa, der 2017 ebenfalls durch #MeToo zu Fall gebracht wurde, versuchte lange, sich mit Anwälten aus der Affäre zu ziehen. Der Schauspieler Kevin Spacey entschied sich zur Flucht, nachdem Kollege Anthony Rapp ihm missbräuchliches Verhalten vorgeworfen hatte.

Wichtig für ein Comeback ist neben einem vollumfänglichen Geständnis auch eine ehrliche Distanzierung von der eigenen Tat. Und natürlich ist erst recht die Schwere der Tat bedeutsam.

«Ich glaube, dass er Reue empfindet«, attestiert ihm zum Beispiel Comedian Sarah Silverman, sie ist schon lange mit Louis C.K. befreundet. Auch vor ihr hat er onaniert – sie hatte es ihm gemäss eigener Aussage erlaubt. «Nachdem er mächtig geworden ist, dachte er, er sei immer noch derselbe, aber die Dynamik war anders, und es war nicht okay», sagte Silverman letztes Jahr der «Vanity Fair».

Fünf Witze von Louis C.K.

Viele Comedians haben den 52-Jährigen kritisiert, als er still und heimlich in einem New Yorker Club im August 2018 sein Bühnencomeback gegeben hat. Dagegen stellten sich jene Komiker hinter ihn, die mal mit ihm zusammengearbeitet haben: So plädierten Jerry Seinfeld und Chris Rock dafür, ihm eine zweite Chance zu geben.

Auch «Saturday Night Life»-Star Michael Che verteidigt Louis C.K.: «Schande ist über ihn gekommen, er wurde gedemütigt, hat Millionen von Dollar verloren, alle seine Projekte wurden beerdigt, er hat den Respekt vieler Fans und Freunde eingebüsst und was sonst noch so ist, wenn man so etwas tut», sagte Che dem US-Portal «The Daily Beast».

Und weiter: «Aber weil er ein Jahr später immer noch einen Gratis-Comedy-Auftritt in einem Club mit 200 Sitzen machen kann, bedeutet das [für manchen seiner Kritiker], er kommt davon.» Dass er so bekannt sei, könne man Louis C.K. aber nicht vorwerfen. Und von irgendetwas müsse dieser ja leben: «Jeder freie Mensch hat das Recht, zu reden und seinen Lebensunterhalt zu verdienen.»

Für sein Gastspiel bei «Saturday Night Life» 2012 bekam Louis C.K. einen Emmy.

Aus Ches Sicht würde das die Frage klären, ob Louis C.K. wieder auftreten dürfe. Seien wir ehrlich: Auch diesen Fall wird der Markt und der Kunde klären. Michael Jacksons Musik jedenfalls tönt spätestens seit «Leaving Neverland» anders: Im Radio hört man den King of Pop nur noch selten.

Das Publikum kann sehr wohl verzeihen – oder verdrängen: Der Schauspieler Mark Wahlberg hat als 16-Jähriger aus Fremdenhass einem Vietnamesen ein Auge zertrümmert, aber seine Filme sind heute mitunter Kassenschlager.

Fazit: Nötig ist immer das Eingestehen des Fehlers, nötig ist glaubhafte Reue und Läuterung sowie der offenkundige Wille, sich mit dem Fehltritt auseinanderzusetzen. 

Ob das bei Louis C.K. der Fall ist und ob er auf seine Kritiker eingeht, wird sich in Basel vielleicht ja zeigen.

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