«Modell-Kanton»Spitalengpässe dämpfen die leise Hoffnung im Wallis
tafi
3.11.2020
Der Kanton Wallis hat früher als der Bundesrat strikte Coronamassnahmen verordnet. Die Regeln scheinen erste Wirkung zu zeigen. Grund zur Euphorie besteht aber nicht: Das Spital Wallis muss Patienten verlegen.
Das Wallis schnauft vorsichtig durch. Der Kanton verzeichnet, gerechnet auf die Bevölkerungszahl, schweizweit die meisten Coronainfektionen und hatte deswegen früher als andere strikte Beschränkungen verhängt, die teilweise über die bundesweiten Massnahmen hinausgehen. Nun sinkt die Zahl der Neuinfektionen.
Das Vorgehen der Kantonsregierung scheint Wirkung zu zeigen. «Wir haben am Wochenende festgestellt, dass wir weniger Fälle haben», berichtet die Walliser Gesundheitsdirektorin Esther Waeber-Kalbermatten bei SRF – bremst aber vorsorglich jede Euphorie. «Das ist eine gute Tendenz, aber diese muss sich noch bestätigen.»
Zuletzt sanken die Neuinfektionen merklich
Ob sich die strengen Massnahmen als richtig erweisen, könne man erst sagen, wenn sich die Tendenz sinkender Infektionszahlen fortsetzt. Zuletzt hatten die Zahlen von rund 800 neuen Coronafällen pro Tag auf 630 abgenommen.
Die Entwicklung wird auch von der Taskforce des Bundes genau beobachtet. Für den wissenschaftlichen Beirat ist das Wallis gemäss «Blick» eine Art «Modell-Kanton». Die Wissenschaftler erhoffen sich Erkenntnisse, die sie auf den Bund übertragen können.
Virginie Masserey vom Bundesamt für Gesundheit bestätigte auf einer Medienkonferenz am Dienstag, dass der Bund den Kanton Wallis mit besonderem Interesse beobachtet – schliesslich hatte der Kanton als erster deutlich schärfere Massnahmen erlassen.
Zeige sich dort nun eine Wirkung? Um das zu beurteilen, sei es noch zu früh, sagt Masserey. Es gebe zu wenige Daten – aber es lasse sich eine Tendenz erkennen, dass sich die Zahl der Neuinfektionen durchaus verlangsame. Zuvor hatte Bundesrat Alain Berset in einem Interview mit SRF betont, «dass es etwa zwei bis drei Wochen braucht, bis man etwas von den Massnahmen sieht».
Das Wallis bleibt wachsam – aus gutem Grund
Die Restriktionen im Wallis sind immer noch schärfer als die Bundesratsmassnahmen. Die Sperrstunde gilt bereits ab 22 Uhr und damit eine Stunde früher als vom Bund verordnet. Zudem sind Besuche in Altersheimen und Spitälern verboten, und es gilt bereits in der Sekundarschule eine Maskenpflicht. Unterhaltungs- und Freizeiteinrichtungen sind geschlossen, Kontaktsport ist – mit Ausnahme des Profibereichs – verboten.
Auch wenn die strengen Massnahmen erste Wirkung zu zeigen scheinen und die Entwicklung vorsichtig Hoffnung macht, bleibe man im Wallis wachsam. Gesundheitsdirektorin Waeber-Kalbermatten hatte gerade noch ihrer Befürchtung Ausdruck verliehen, dass sich die Patientenzahlen in den Spitälern noch erhöhen. Dies aufgrund der oftmals verzögerten Einweisungen.
Spitalkapazitäten müssen verstärkt werden
«Wir rechnen damit, dass bis Ende Woche die Situation angespannter wird. Darum wird das Spital die Anzahl Intensivbetten erhöhen», sagte sie am Dienstagmorgen bei SRF. Am Nachmittag hatte sich ihre Prophezeiung schon erfüllt: Früher als gedacht hatte die Verlegung von Patienten des Spital Wallis begonnen, die nicht an Covid-19 erkrankt sind. Das Spital erhöht damit seine Kapazitäten zur Aufnahme von Covid-19-Patienten.
Die Zahl der Spitaleinweisungen habe die Schwelle erreicht, die für die Anforderung von externer Verstärkung vorgesehen worden sei, teilte das Departement für Gesundheit, Soziales und Kultur. Dies sei mit mehr als 240 Patienten im Centre Hospitalier du Valais Romand der Fall.
Letzteres habe nicht dringliche und aufschiebbare Tätigkeiten vollständig einstellen müssen. Patienten aus dem Centre Hospitalier seien in das Spitalzentrum Oberwallis verlegt worden. Dieses Spital wiederum werde die nicht dringlichen und aufschiebbaren Tätigkeiten um 70 Prozent reduzieren, um mehr Patienten aufnehmen zu können.
Die nicht-Covid-19-Patienten, die im Rahmen der Rehabilitation im Spital Wallis hospitalisiert waren, werden in die Berner, Genfer und Luzerner Klinik in Montana sowie in die Leukerbad Clinic und die Clinique romande de réadaptation der Suva verlegt.
Die Clinique de Valère werde demnächst Patienten vom Spital Wallis bei postoperativen Aufenthalten aufnehmen. Die Kliniken CIC in Saxon und MV Santé in Sitten werden einen Teil ihres Personals zur Verfügung stellen. Auch Physiotherapeuten werden als Verstärkung hinzugezogen.