Brienz wird evakuiert: «Als ich die Meldung gekriegt habe, hat das schon wehgetan»
Die Bewohner*innen von Brienz müssen wegen Felssturz-Gefahr die Koffer packen, am Dienstagabend wurden sie über die Evakuierung informiert. Wie nehmen sie den Entscheid auf? Ein paar Stimmen von Betroffenen.
09.05.2023
Die Bewohner*innen von Brienz müssen wegen Felssturzgefahr definitiv die Koffer packen, am Dienstagabend wurden sie über die Evakuierung informiert. So nehmen Betroffene diesen Entscheid auf.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Die Evakuierung von Brienz ist definitiv: Die Bewohner*innen müssen das Bündner Bergdof bis spätestens am Freitagabend um 18 Uhr verlassen.
- Die Bevölkerung wurde am Dienstagabend über die weiteren Schritte informiert.
- Grund ist ein Felssturz, der in den nächsten drei Wochen niederzugehen droht.
«Es sind viele Emotionen im Spiel», sagte der Brienzer Gemeindepräsident Daniel Albertin am Dienstagabend an einer kurzfristig einberufenen Info-Veranstaltung für die Bevölkerung des Bündner Bergdorfs. Dennoch stehe aufgrund der Entwicklung der letzten Tage ausser Frage, dass jetzt eine Evakuierung nötig sei. «Das Ziel ist es, bis am Freitag alle heil aus Brienz herauszubekommen und dass alle ein Dach über dem Kopf haben.»
Die Felssturzgefahr in Brienz ist erneut angestiegen, die Bevölkerung muss das Dorf deshalb bis spätestens Freitagabend verlassen haben. Am Dienstagabend wurden die Betroffenen in Tiefencastel über die weiteren Schritte informiert.
Die «Insel» rutscht immer schneller ab
Geologe Stefan Schneider sprach von «keinem leichten Entscheid». Die sogenannte «Insel», ein rund zwei Millionen Kubikmeter grosser Teil der Felswand oberhalb von Brienz, bereitet den Fachleuten Sorgen. Ihre Rutschgeschwindigkeit habe sich seit April verdoppelt, teils verdreifacht. Aufgrund dieser Entwicklung müsse ein baldiger Abbruch befürchtet werden, wahrscheinlich innerhalb der nächsten ein bis drei Wochen.
Dass der 85-Seelen-Gemeinde eine vorläufige Evakuierung droht, ist bereits seit Anfang April bekannt. Am Dienstag haben die Verantwortlichen nun die Stufe «Orange» ausgerufen.
Die Bündner Regierungsrätin Carmelia Maissen sprach den Betroffenen ihr Mitgefühl aus. Die Brienzerinnen und Brienzer müssten noch in dieser Woche ihre Häuser verlassen. «Was das bedeutet, können wir anderen uns gar nicht vorstellen.»
Bewohner*innen, die sich kurz Zeit für blue News nahmen, nahmen die Nachricht ganz unterschiedlich auf. «Als ich um 11 Uhr die SMS erhalten habe, hat das schon wehgetan», sagte ein Einheimischer. Er habe mittlerweile eine neue Unterkunft, müsse aber noch etwas für seine Mutter finden. Eine Dame dagegen meinte, sie bleibe trotz allem optimistisch. Weitere Stimmen gibt es im Video oben.
Der Felssturz kommt – und er kommt mit Ansage. Der «Brienzer Rutsch» bedroht das kleine Bergdorf im Bündner Albulatal.
Weil ein Teil des Hanges zunehmend instabil wird, hat die Gemeinde die Evakuierung angeordnet. Seit 12. Mai ist Brienz offiziell Sperrzone.
Anna Bergamin ist in Brienz aufgewachsen, lebt heute aber im Tal. Mit ihrem Partner Walter Veraguth nimmt sie Abschied vom Dorf und beantwortet Fragen der Journalist*innen.
Roland Bossi und sein Sohn Leandro helfen den im Dorf wohnhaften Eltern beim Abtransport ihres Habseligkeiten.
Seit April hat sich die Geschwindigkeit, mit der ein zwei Millionen Kubikmeter grosser Teil der Felswand abdriftet, massiv beschleunigt.
Geröll und immer wieder auch grosse Brocken lösen sich und gehen nahe dem Siedlungsgebiet.
Sämtliche Zufahrtsstrassen sind gesperrt.
Die 85-Seelen-Gemeinde liegt im Bündner Albulatal.
Auch wenn die Evakuierung nur vorübergehend sein soll: Manchen im Dorf bereitet allein der Gedanke daran Sorgen.
Die Brienzer Bevölkerung wird im benachbarten Tiefencastel über die Evakuierung informiert.
«Es sind viele Emotionen im Spiel», sagt Daniel Albertin, Präsident der Gemeinde Albula/Alvra, zu der Brienz gehört. Dennoch sei der Entscheid zur Evakuierung der einzig richtige.
Weil nicht nur der Berg bröckelt, sondern das gesamte Dorf abrutscht, sind Schäden an Gebäuden und im Asphalt keine Seltenheit. Im Bild: Riss in einer Gebäudemauer.
Beide Zufahrtsstrassen zum Dorf sind seit dem 12. Mai gesperrt.
Geologe Stefan Schneider, Geschäftsführer CSD Ingenieuere, links, und Mediensprecher Christian Gartmann, an einer Medienbegehung im Dorf unter dem «Brienzer Rutsch».
Am Dienstag, 6. Juni, dürfen die Landwirte erstmals wieder zum Mähen und Heuen zurück nach Brienz. Bevor er ins Dorf gelassen wird, erhält Bauer Gian Liesch (r.) ein Funkgerät, damit er im Notfall erreichbar ist.
Ein Bauer fährt an einer Panzersperre vorbei auf eine Wiese.
Am Mittwoch, 7. Juni, dürfen auch die übrigen Bewohner*innen erstmals nach Brienz zurückkehren, um wichtige Sachen zu holen. 54 von ihnen nutzen diese Chance.
Am Abend des 7. Juni wird die Bevölkerung an einem öffentlichen Anlass in Tiefencastel über den aktuellen Wissensstand zum Brienzer Rutsch informiert.
Die Fragen, die sich für die Bewohner*innen stellen, sind gross.
Bündner Bergdorf Brienz ist evakuiert
Der Felssturz kommt – und er kommt mit Ansage. Der «Brienzer Rutsch» bedroht das kleine Bergdorf im Bündner Albulatal.
Weil ein Teil des Hanges zunehmend instabil wird, hat die Gemeinde die Evakuierung angeordnet. Seit 12. Mai ist Brienz offiziell Sperrzone.
Anna Bergamin ist in Brienz aufgewachsen, lebt heute aber im Tal. Mit ihrem Partner Walter Veraguth nimmt sie Abschied vom Dorf und beantwortet Fragen der Journalist*innen.
Roland Bossi und sein Sohn Leandro helfen den im Dorf wohnhaften Eltern beim Abtransport ihres Habseligkeiten.
Seit April hat sich die Geschwindigkeit, mit der ein zwei Millionen Kubikmeter grosser Teil der Felswand abdriftet, massiv beschleunigt.
Geröll und immer wieder auch grosse Brocken lösen sich und gehen nahe dem Siedlungsgebiet.
Sämtliche Zufahrtsstrassen sind gesperrt.
Die 85-Seelen-Gemeinde liegt im Bündner Albulatal.
Auch wenn die Evakuierung nur vorübergehend sein soll: Manchen im Dorf bereitet allein der Gedanke daran Sorgen.
Die Brienzer Bevölkerung wird im benachbarten Tiefencastel über die Evakuierung informiert.
«Es sind viele Emotionen im Spiel», sagt Daniel Albertin, Präsident der Gemeinde Albula/Alvra, zu der Brienz gehört. Dennoch sei der Entscheid zur Evakuierung der einzig richtige.
Weil nicht nur der Berg bröckelt, sondern das gesamte Dorf abrutscht, sind Schäden an Gebäuden und im Asphalt keine Seltenheit. Im Bild: Riss in einer Gebäudemauer.
Beide Zufahrtsstrassen zum Dorf sind seit dem 12. Mai gesperrt.
Geologe Stefan Schneider, Geschäftsführer CSD Ingenieuere, links, und Mediensprecher Christian Gartmann, an einer Medienbegehung im Dorf unter dem «Brienzer Rutsch».
Am Dienstag, 6. Juni, dürfen die Landwirte erstmals wieder zum Mähen und Heuen zurück nach Brienz. Bevor er ins Dorf gelassen wird, erhält Bauer Gian Liesch (r.) ein Funkgerät, damit er im Notfall erreichbar ist.
Ein Bauer fährt an einer Panzersperre vorbei auf eine Wiese.
Am Mittwoch, 7. Juni, dürfen auch die übrigen Bewohner*innen erstmals nach Brienz zurückkehren, um wichtige Sachen zu holen. 54 von ihnen nutzen diese Chance.
Am Abend des 7. Juni wird die Bevölkerung an einem öffentlichen Anlass in Tiefencastel über den aktuellen Wissensstand zum Brienzer Rutsch informiert.
Die Fragen, die sich für die Bewohner*innen stellen, sind gross.
700'000 Franken Soforthilfe von Kanton und Gemeinde
Der Kanton tue alles dafür, «dass das Leben nach Brienz zurückkehren kann», sagte Maissen. Sie nannte dabei den Entwässerungsstollen, der unterhalb des Gemeindegebiets gebohrt wird, um dem Boden Wasser zu entziehen und so das Abrutschen des Dorfes zu verlangsamen. Diese Arbeiten würden unabhängig vom Evakuierungsentscheid weiter vorangetrieben, versicherte sie.
Die Kantonsregierung sprach 500'000 Franken Soforthilfe, die Gemeinde Albula/Alvra 200'000 Franken für Überbrückungslösungen.
Ab Freitagabend wird Brienz zum Geisterdorf – voraussichtlich nur vorübergehend. Die Evakuierung solle nur so lange andauern, bis die Felssturzgefahr gebannt ist, wird immer wieder betont. Das Dorf werde mit Kameras überwacht, um Plünderungen und Einbrüchen entgegenzuwirken, wurde erklärt.
Ab Samstag dürfen Einheimische das Dorf tagsüber noch stundenweise betreten, was mit einem Checkpoint überwacht wird. Damit soll sichergestellt werden, dass niemand im Dorf – und damit in der Gefahrenzone – vergessen geht.
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