Bergdorf wird evakuiert «Die Leute sollten Brienz jetzt möglichst rasch verlassen»

Von Gil Bieler

9.5.2023

Jetzt ist es definitiv: Die Bewohner*innen von Brienz müssen das Bündner Bergdorf bis spätestens Freitag um 18 Uhr verlassen haben. Der Gemeindeführungsstab hat die Phase «Orange» ausgerufen.

Von Gil Bieler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Evakuierung von Brienz ist beschlossene Sache: Die Bewohner*innen müssen das Bündner Bergdof bis spätestens am Freitagabend um 18 Uhr verlassen.
  • Der Gemeindeführungsstab hat wegen des erwarteten Felssturzes die «Phase Orange» ausgerufen.
  • Die Bevölkerung wird am Dienstagabend über die weiteren Schritte informiert.

Im Berghang oberhalb von Brienz sind zwei Millionen Kubikmeter Felsmasse so stark ins Rutschen geraten, dass die Gemeindeverantwortlichen die Evakuierung angeordnet haben. In den kommenden ein bis drei Wochen drohe ein Abbruch der Gesteinsmasse, heisst es in einer Mitteilung von Dienstag. Es gilt die Gefahrenstufe «Orange».

Die Bevölkerung müsse das Dorf bis spätestens Freitagabend um 18 Uhr verlassen haben. Ab dann dürfe bis auf Weiteres auch niemand mehr in Brienz übernachten, heisst es weiter. Das Grossvieh zweier Bauernbetriebe könne aber bis auf Weiteres in den Ställen bleiben. Die Bevölkerung soll noch am Dienstagabend über die weiteren Schritte informiert werden.

Jedoch ist auch eine frühere Evakuierung möglich, wird in der Mitteilung festgehalten.  Dies, falls sich die Gefahrenlage «unerwartet rasch verschlechtern» sollte. 

Ausharren bis zum letztmöglichen Zeitpunkt sei definitiv nicht mehr ratsam, sagt Christian Gartmann zu blue News. Er ist Mediensprecher der Gemeinde Albula/Alvra, zu der Brienz gehört. «Die Leute sollten jetzt wirklich möglichst rasch ihre Sachen packen und Brienz verlassen.» 

Die 85-Seelen-Gemeinde Brienz liegt im Bündner Albulatal, zwischen der Lenzerheide und Tiefencastel. 

Zufahrtsstrassen nur noch für die Bewohner*innen offen

Sämtliche Zufahrtsstrassen nach Brienz sind ab sofort nur noch für Einwohner*innen und Liegenschaftsbesitzer*innen passierbar. Auch nach der Evakuierung soll die Bevölkerung das Dorf tagsüber weiterhin betreten dürfen, «solange die Gefährdungslage es zulässt».

Beim abbruchgefährdeten Teil des Hangs handelt es sich um die sogenannte «Insel». Bis zuletzt bleibt unklar, wie viel Gestein in welchem Tempo niedergehen wird. Der Hang wird schon seit einiger Zeit genauestens überwacht. Das wahrscheinlichste Szenario seien «zahlreiche Felsstürze (von einigen Tausend bis mehreren Hunderttausend Kubikmetern)», hält der Gemeindeführungsstab fest. Jedoch lasse sich auch ein einziger, grosser Abbruch nicht ausschliessen.

Auf die «Phase Rot» folgt neu eine «Phase Blau»

Sollte der Abbruch innerhalb von drei bis zehn Tagen bevorstehen, werde der Gemeindeführungsstab die «Phase Rot» ausrufen. Das Betreten von Brienz sei ab dann auch tagsüber nicht mehr möglich und das letzte im Dorf verbliebene Grossvieh werde weggebracht. 

Neu sieht der Evakuierungsplan eine «Phase Blau» vor, die unmittelbar vor dem Abbrechen der Insel ausgerufen werde. Evakuiert würden dann auch die beiden westlichsten Häuser von Surava

Diese neue «Phase Blau» wurde aus Überlegungen zur Verkehrssituation geschaffen, wie Christian Gartmann zu blue News sagt: Ursprünglich war die Sperrung der RhB-Strecke unterhalb des Dorfes sowie der Kantonsstrasse zwischen Tiefencastel und Lenzerheide schon bei Ausrufung von «Phase Rot» vorgesehen. «Doch diese Sperrung hat Folgen nicht nur für die Region, sondern für den ganzen Kanton», erklärt Gartmann. Indem dieser Schritt nun erst zu einem möglichst späten Zeitpunkt erfolge, wolle man die Auswirkungen möglichst gering halten.

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