Besucher-Ansturm auf den Stoos «Es gibt Bedenken», aber Zugang beschränken? «Kein Thema»

Vanessa Büchel

29.8.2024

Die spektakuläre Stoosbahn lockt Unmengen an Tagesgästen an. Sie ist mit einem Gefälle von bis zu 110 Prozent die steilste Standseilbahn der Welt.
Die spektakuläre Stoosbahn lockt Unmengen an Tagesgästen an. Sie ist mit einem Gefälle von bis zu 110 Prozent die steilste Standseilbahn der Welt.
Bild: Keystone/Urs Flüeler

Laut einer blue News Leserin soll es auf dem Stoos in diesem Sommer so voll sein wie nie. Die Verantwortlichen haben eine Besucherlenkung ins Leben gerufen. Ob es gar eine Beschränkung bräuchte? Das sei kein Thema.

Vanessa Büchel

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Eine Leserin von blue News findet, dass der Stoos in diesem Sommer regelrecht überrannt wird. 
  • Laut der Gemeinde Morschach und den Stoosbahnen habe es gesamthaft in dieser Saison nicht mehr Gäste als im Vorjahr gegeben. 
  • Doch: Aufgrund des schlechten Sommerstarts habe eine ungleichmässige Verteilung der Gäste über die Monate stattgefunden. 
  • «Durch die ungleichmässige Verteilung entstand möglicherweise der Eindruck, dass insgesamt mehr Besucher auf den Stoos kamen.»

Stichwort Overtourism. Mit dem Problem haben nicht nur die Bewohner*innen von beliebten Feriendestinationen wie Mallorca oder Rom zu kämpfen, sondern mittlerweile auch viele Orte in der Schweiz.

Wie eine Leserin erzählt, soll es auf dem Stoos in diesem Jahr so voll wie nie zuvor sein. Die Zürcherin, die seit 2007 im Schwyzer Erholungsgebiet ein Ferienhaus besitzt, sagt im Gespräch mit blue News: «In den letzten Jahren ist es zu einem regelrechten Ansturm gekommen, die Menschen reisen aus der ganzen Welt an.» 

Der Ansturm sei noch nicht ganz so schlimm wie beim Aescher, gehe aber in diese Richtung. «Für den Stoos selbst sind die vielen Besucher sicher super, die bringen bestimmt gigantische Einnahmen, aber der Ort selbst verliert dadurch stark an Authentizität», so die Leserin. 

Hauptattraktionen der Region sind die Stoosbahn – die steilste Standseilbahn der Welt – und der Gratwanderweg. Dass diese beiden Highlights so viele Leute anziehen, würde «zu einem Anstieg der Umsätze in verschiedenen Sektoren» führen, wie eine Sprecherin der Gemeinde Morschach auf Anfrage von blue News schreibt.

Doch würde dadurch auch das Dorfleben bereichert und zu einer weltoffeneren Gemeinschaft beitragen. «Auf der anderen Seite gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Belastung der lokalen Infrastruktur», fügt die Sprecherin an.

Nicht mehr Gäste in diesem Sommer als im letzten Sommer

Auch laut dem Geschäftsbericht von Stoos-Muotatal Tourismus reisten 2023 mehr Tagestourist*innen auf den Stoos. Im Vergleich zum Vorjahr waren es 13,4 Prozent mehr. Wurden 2022 noch 566'233 Tagesgäste verzeichnet, waren es im Jahr danach 642'155.

Dass es an gewissen Tagen durchaus viele Gäste auf dem Stoos hat, sei nichts Aussergewöhnliches, wie Sandro Widmer, Leiter Marketing und Verkauf bei der Stoosbahnen AG, befindet. Widmer schreibt auf Anfrage von blue News: «Wir hatten einen grossen Teil dieses Sommers schlechtes Wetter. So ist es normal, dass an den wenigen Tagen, die schön sind, uns viel mehr Gäste besuchen als sonst.»

Gesamthaft würde die Region in diesem Sommer aber weniger Gäste ausweisen als noch im vergangenen Jahr, so der Sprecher der Stoosbahnen AG.

Ungleichmässige Verteilung der Gäste über die Monate

Die Gemeinde Morschach weist ebenfalls auf das schlechte Wetter zu Beginn des Sommers hin. «Aufgrund des schlechten Sommerstarts – Mai und Juni waren sehr regnerisch – wurden im Vergleich zum Vorjahr weniger Gäste auf dem Stoos verzeichnet», erklärt die Sprecherin.

Doch: Der Zeitraum von Juli bis August sei stärker besucht gewesen als noch im Vorjahr, was wohl auf das bessere Wetter zurückzuführen sei. «Durch die ungleichmässige Verteilung der Gäste über die Monate Mai bis August entstand möglicherweise der Eindruck, dass insgesamt mehr Besucher auf den Stoos kamen.»

Ob sich die einheimische Bevölkerung am Besucher-Ansturm stört? «Die Beurteilung des Gästeaufkommens kann je nach Person und Perspektive unterschiedlich ausfallen», meint die Sprecherin der Gemeinde. 

Generell werde der Tourismus von den Anwohner*innen geschätzt, besonders auch aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile, die er mit sich bringt. «Er schafft Arbeitsplätze, unterstützt lokale Geschäfte und Restaurants und trägt zur Erweiterung des Angebots, wie Spielplätze und Grillstellen, bei.»

«Gäste verteilen sich auf den vielen Wanderwegen»

Weil ein erhöhtes Gästeaufkommen jedoch zu überfüllten öffentlichen Bereichen führen kann, hat Stoos-Muotatal Tourismus gemeinsam mit der Gemeinde Morschach und Stoosbahnen AG eine Besucherlenkung ins Leben gerufen, die erstmals im vergangenen Sommer umgesetzt wurde.

«Ziel dieser Massnahme ist es, die Besucherströme gezielt zu lenken und den Gästen aufzuzeigen, dass es in der Region noch weitere schöne Plätze gibt», schreibt die Gemeinde Morschach.

Strengere Massnahmen, wie etwa den täglichen Stoos-Zugang zu beschränken, sind in den Augen von Sandro Widmer von der Stoosbahnen AG aber nicht nötig und «kein Thema». Widmer schätzt die Situation ein: «Die Gäste verteilen sich auf den über 340 Kilometer Wanderwegen auf dem Stoos.»

Social Media macht atemberaubende Orte weltweit zu Hotpots

Die Gemeinde Morschach zählt die zwei beliebtesten Highlights der Region auf: Die steilste Standseilbahn der Welt und der Gratwanderweg mit seinem atemberaubenden Panorama würden besonders viele Besucher anziehen. Unter dem Hashtag #Stoos finden sich auf Instagram mittlerweile rund 60'000 Beiträge.

Dass Social Media Mitschuld am Hype um den Stoos trägt, glaubt Sandro Widmer jedoch nur teilweise. «Weil einige Spots auf dem Stoos so schön sind, dass die Gäste sie ihren Followern zeigen möchten, kommen solch tolle Bilder in die sozialen Medien.» Seiner Ansicht nach würden generell atemberaubende Orte dieser Welt zu Hotspots transformieren – und das betrifft nicht nur den Stoos.


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