Die Zinsen für Festhypotheken erreichen den höchsten Stand seit 2018. Auch Wohneigentum wird immer kostspieliger. Ist der Traum vom Eigenheim nun vorbei? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Von Andreas Fischer
11.02.2022, 17:10
12.02.2022, 11:24
Von Andreas Fischer
Festhypotheken werden wieder teurer. Die Richtzinssätze für fünfjährige Hypotheken sind seit Mitte Dezember um 0,31 Prozentpunkte auf 1,28 Prozent gestiegen, bei zehnjährigen Hypotheken betrug der Anstieg 0,38 Prozentpunkte auf 1,55 Prozent. Dies ergab eine Studie des Vergleichsdienstes Moneyland.
Allerdings gebe es nach dem jüngsten Zinsanstieg erhebliche Unterschiede zwischen den Anbietern, so Moneyland. Die Differenz zwischen dem günstigsten Richtzinssatz für zehnjährige Festhypotheken und dem teuersten betrage aktuell 0,69 Prozentpunkte.
«Insgesamt sind Hauskredite gemäss der Studie nun so teuer wie zuletzt 2018. Kaufinteressenten müssen zudem weiter mit steigenden Immobilienpreisen rechnen, wie eine Auswertung des Hypothekenvermittlers Moneypark und PriceHubble ergab. Im zweiten Halbjahr 2021 sind schweizweit die Preise für Eigentumswohnungen um 1,86 Prozentpunkte und für Einfamilienhäuser um 2,25 Prozentpunkte gestiegen.»
Warum steigen die Zinsen für Festhypotheken jetzt wieder?
«Grund für den Zinsanstieg sind die weltweit hohen Inflationsraten, die sich als hartnäckiger erweisen, als von den meisten prognostiziert», erklärt Francis Schwartz, Immobilienmarktanalyst bei Raiffeisen Schweiz, gegenüber blue News. «Auch in der Schweiz haben die Preise merklich angezogen.»
Notenbanken könnten als Folge ihre Leitzinsen erhöhen. Die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) haben bereits entsprechende Signale gesendet. Auch wenn die Schweizerische Nationalbank (SNB) bislang keine baldigen Zinsanhebungen kommuniziert hat: Die Inflation macht sich auf dem Markt für Hypothekenkredite auch in der Schweiz bemerkbar. Banken sind ingesamt vorsichtiger geworden, und auf dem Kapitalmarkt werden höhere Zinsen verlangt.
Welche Zinsentwicklung ist in den nächsten Monaten zu erwarten?
Marktbeobachter gehen von einem tendenziell steigenden Zinsniveau in diesem Jahr aus, schreibt Analyst Felix Oeschger von Moneyland. Eine langfristige Prognose ist gemäss Fachleuten aber nicht möglich. Insgesamt befindet sich der Markt weiterhin in einer Tiefzinsphase, kleinere Ausschläge sind jederzeit möglich.
Auch Raiffeisen-Experte Schwartz rechnet auf Jahressicht mit «weiter moderat steigenden Langfristzinsen. Damit dürften sich auch die Konditionen für Festhypotheken noch etwas stärker verteuern als jetzt schon. Jedoch wird der Anstieg beispielsweise bei den 10-jährigen Hypotheken begrenzt bleiben. Eine abrupte und heftige Zinswende ist hingegen wenig wahrscheinlich.»
Für die Immobilien-Expertin Ursina Kubli von der Zürcher Kantonalbank wäre «ein Ende der Negativzinsära» sogar begrüssenswert, wie sie dem «Tages-Anzeiger» sagt. «Die Negativzinsen sind hauptverantwortlich für die starke Immobiliennachfrage und sorgen auf der Angebotsseite für eine Verknappung.»
Welche Auswirkungen haben steigende Hypothekarzinsen auf Angebot und Nachfrage?
«Wenn die Hypozinsen steigen, muss man mehr für einen Kredit zahlen», sagt Alexander Heck auf Nachfrage von blue News. Somit könnte die Nachfrage etwas gedrosselt werden, erklärt der volkswirtschaftliche Mitarbeiter beim Hauseigentümerverband Schweiz (HEV).
Francis Schwartz betont hingegen: «Die Finanzierungskonditionen für Immobilien bleiben auch mit etwas höheren Zinsen äusserst attraktiv.» Schwartz geht davon aus, «dass der jüngste Zinsanstieg kaum einen Einfluss auf die Nachfrage nach Immobilien haben dürfte. Und diese Nachfrage wird auch künftig auf ein sehr knappes Angebot treffen. Daher rechnen wir weiterhin mit steigenden Immobilienpreisen. Allenfalls wird sich die Preisdynamik etwas abschwächen.»
Dass sich die Nachfrage nach Wohnimmobilien merklich abschwächt, ist also nicht zu erwarten. Das weiterhin geringe Neuangebot macht die Suche nach einem eigenen Haus oder einer eigenen Wohnung nicht einfacher. «Die Zinsen müssten noch deutlich stärker ansteigen, um einen signifikanten Effekt auf den Immobilienmarkt zu haben. Erst dann würde die Nachfrage nach Immobilien zurückgehen», erläutert Francis Schwartz.
Platzt die Immobilienblase, weil die Hypothekarzinsen teurer werden?
«Die Zinsen sind auch auf den nun erhöhten Niveaus im historischen Kontext nach wie vor tief. Damit drohen am Immobilienmarkt durch den Zinsanstieg noch lange keine Verwerfungen», sagt Francis Schwartz. «Zudem haben in den vergangenen Jahren die Mehrheit der Eigenheimkäufer längerfristige Hypotheken abgeschlossen. Nur ein kleiner Teil der laufenden Hypotheken ist daher kurzfristig durch einen Zinsanstieg betroffen. Dies schützt den Markt zusätzlich vor abrupten Zinsschüben.»
«Ich glaube nicht, dass wir in der Schweiz eine Immobilienblase haben», sagt auch Alexander Heck. «Die Preise sind nicht aus spekulativen Gründen gestiegen, sondern aufgrund fundamentaler Faktoren.» Hauptgründe dafür seien das knappe Bauland und der Bevölkerungszuwachs. Zu einer verstärkten Nachfrage von Wohneigentum trage hingegen vorwiegend mit, dass Investoren hauptsächlich Mietwohnungen bauen. Ein weiterer Faktor sei auch die Corona-Pandemie gewesen. Heck glaubt daher nicht, dass es zu grossen Verwerfungen kommen werde, nur weil die Zinsen steigen.
Die Gefahr einer Immobilienblase sieht auch die UBS nicht. Zwar ist UBS-Immobilienblasenindex im vierten Quartal 2021 leicht auf 1,49 Punkte gestiegen, wie die Grossbank Anfang Februar mitteilte. Ein Risiko bestehe erst ab einem Indexwert von über 2, so die UBS-Analysten, die den Markt dennoch für überbewertet halten.
Getrieben wurde der Anstieg des Index’ vor allem durch das anhaltende Auseinanderdriften der Eigenheimpreise von den Mieten, wie auch von den Haushaltseinkommen. Ein Risiko seien weiter steigende Inflationsraten, die den Ausschlag für Zinsanstiege geben könnten.
Der Bundesrat hat bereits im Januar auf Antrag der Schweizerischen Nationalbank (SNB) den sogenannten antizyklischen Kapitalpuffer reaktiviert. Damit müssen die Banken ab Ende September 2022 zusätzliche Eigenmittel für Wohnbauhypotheken halten.
Der antizyklische Kapitalpuffer soll die Widerstandskraft des Bankensektors gegen Korrekturen am Hypothekar- und Immobilienmarkt stärken. Gleichzeitig soll er einer weiteren Verschärfung der Situation auf diesen Märkten entgegenwirken.
«Ausserdem schreibt die Tragbarkeitsregel den Banken vor, Hypotheken nur an Kunden zu vergeben, die auch einen Hypozins von viereinhalb bis fünf Prozent tragen können», ergänzt Heck. «Diese Regel ist geschaffen worden, um sicherzustellen, dass die Hypothekarnehmer auch steigende Zinsen nach einer Tiefzinsphase tragen können.»
Welchen Einfluss haben die steigenden Hypothekarzinsen auf den Mietmarkt?
In der Schweiz sind die Mieten für die am Markt angebotenen Wohnungen zu Beginn des neuen Jahres leicht gestiegen. Der von der Internetplattform Homegate.ch kürzlich publizierte Angebotsmietindex nahm im Januar um 0,26 Prozent zu. Im gesamten letzten Jahr hatte er um 1 Prozent zugelegt.
Der Index, den Homegate zusammen mit der Zürcher Kantonalbank (ZKB) erhebt, misst Monat für Monat in den Kantonen und Städten der Schweiz anhand der Marktangebote qualitätsbereinigte Veränderungen bei den Mietpreisen; dies sowohl für neue als auch für wieder zu vermietende Wohnungen.
Ein Grund für die steigenden Mieten könnte die Immobilienpreis-Entwicklung sein, die sich stark auf die Renditen auswirkt. Je höher die Preise, desto tiefer fallen bei gleichbleibenden Mieten die Renditen aus, die sich mit der Vermietung erzielen lassen.
Alexander Heck beruhigt aber: «Für eine Mietzinserhöhung muss man einen triftigen Grund haben, wie Kostensteigerungen und wertvermehrende Investitionen. Hier ist das Schweizer Mietrecht sehr klar formuliert.» Angebotsmieten und Bestandsmieten hätten sich zuletzt kaum bewegt. Lediglich die Neubaumieten seien im vierten Quartal gestiegen, «wobei sie im Jahresrückblick allerdings leicht gesunken sind.»
Francis Schwartz kommt zu einer ähnlichen Einschätzung: «Die rege Bautätigkeit des letzten Jahrzehnts prägt hier die Entwicklungen am Markt weiter. Auch wenn die Trendwende bei der Leerstandentwicklung mittlerweile eingeleitet ist und die Leerstände aufgrund der mittlerweile deutlich tieferen Bautätigkeit bei gleichzeitig robuster Zuwanderung zurückgehen, bleibt das Leerstandniveau insgesamt immer noch hoch. Damit sinken die Neumieten weiter. Daran wird auch der jüngste Zinsanstieg nichts ändern, da bei Neuvermietungen die teureren Finanzierungskosten kaum direkt weitergegeben werden können.»
Allerdings sei es laut Schwartz möglich, dass Bestandesmieten mittelfristig «tatsächlich stärker steigen, wenn sich die Zinsen weiter erhöhen.» Stiegen der Hypothekarzinsen, führe «dies mittelfristig zu einer Anpassung des hypothekarischen Referenzzinssatzes.» Der allerdings sei eine «sehr träge Grösse» und würde erst nach ein paar Monaten steigenden Hypothekarzinsen beeinflusst «und auch das zunächst auch nur moderat.»
Mit Material der Nachrichtenagentur SDA.
US-Notenbank steuert auf Leitzinserhöhung im März zu
Angesichts der hohen Inflationsrate steuert die US-Notenbank Fed auf eine Erhöhung der Leitzinsen zu. Fed-Chef Jerome Powell deutete an, dass das zuständige Gremium die Leitzinsen beim nächsten Treffen im März thematisieren könnte.